Essen. . Polizei bestätigt Beschwerden über wild verteilte Werbeaufkleber im Stadtgebiet. Bundesverband Sicherheitstechnik warnt vor unseriösen Firmen.
- In Essen werden zurzeit auffällig viele Werbeaufkleber von Schlüsseldiensten verteilt
- Bundesverband: Wenn darauf Name und Anschrift fehlen, ist dies ein Indiz für mangelnde Seriosität
- Etliche Bürger sehen Abzocker am Werk und haben sich schon bei der Polizei beschwert
Immer mehr Hauseigentümer und Mieter beschweren sich über Schlüsseldienste, die zurzeit Briefkästen, Klingelanlagen und Haustüren im gesamten Stadtgebiet mit Werbeaufklebern zupflastern. Die Angaben darauf sind dürftig, sie beschränken sich auf das banale Wort „Schlüsseldienst“, eine Handynummer, ein Schlüsselsymbol und den Zusatz „24 Std“. Etliche Beschwerden sind schon bei der Polizei aufgelaufen, auch eine Anzeige ist erstattet worden. „Wir prüfen, ob hier eine Straftat vorliegt“, sagt ein Polizeisprecher.
Das Misstrauen vieler Bürger kommt nicht von ungefähr. Denn der Ruf der Schlüsseldienst-Branche leidet unter den Machenschaften unseriöser Anbieter, die ahnungslose Kunden mit Wucherpreisen übers Ohr hauen.
Nur: Woher soll der Kunde wissen, ob sich hinter den im großen Stil verteilten Werbeaufklebern ein Scharlatan verbirgt? Jürgen Spermann, Geschäftsführer des Bundesverbandes Sicherungstechnik Deutschland (bsd-ev.de) in Düsseldorf, mahnt die Verbraucher nicht nur in Essen zu allergrößter Vorsicht: „Normalerweise gibt ein Schlüsseldienst Name, Anschrift und Homepage an; wer dies nicht tut, ist höchstwahrscheinlich hochgradig unseriös.“
Die Kreuder Sicherheitstechnik GmbH (Himmelpforten 2a) ist ein alteingesessener Familienbetrieb in Frintrop. „In Essen gibt es 15 anerkannte Fachbetriebe, somit sind wir in jedem größeren Stadtteil vertreten“, betont Inhaber Dietmar Kreuder. Ein Merkmal für Seriosität sei, dem Kunden im Falle einer Notöffnung schon beim Anruf den Endpreis (inklusive Steuern) zu nennen. Wer in Kreuders Nähe wohne, werde etwa bei einer zugezogenen Tür – dem klassischen Notfall – mit 45 Euro zur Kasse gebeten. „Fürs restliche Stadtgebiet gilt ein Satz von 55 Euro.“
Kreuder berichtet von einer Essener Kundin, die von einem unseriösen Schlüsseldienst abgezockt wurde. „Man hatte sie mit einem angeblichen Preis von 25 Euro angelockt, aber am Ende standen auf der Rechnung 341 Euro.“ Mitunter werde auch das Doppelte oder Dreifache verlangt. Schwindelerregende Summen, die sich aus einem völlig überhöhten Grundpreis, hanebüchenen Anfahrtskosten, Spät- und Wochenendzuschlägen sowie ganz und gar unnötigen Material- kosten zusammensetzten.
Der Inhaber eines weiteren Essener Schlüsseldienstes spricht – allerdings hinter vorgehaltener Hand – ganz offen von einer bundesweit tätigen „Schlüsseldienst-Mafia“. Aus Angst vor Repressalien traut er sich nicht, seinen Namen zu nennen. Bei den wild verteilten Werbeaufklebern im Essener Stadtgebiet handele es sich seiner Meinung nach um Sachbeschädigung. „Ohne die ausdrückliche Erlaubnis des Hauseigentümers darf nicht geklebt werden.“
Dietmar Kreuder weiß von bundesweit tätigen Schlüsseldienst-Zentralen zu berichten, die am Rande der Legalität arbeiteten. Ein offenes Geheimnis: So mancher Monteur bekommt von seiner Zentrale gezielt den Auftrag, bei einer Notöffnung möglichst viel Schaden an einer Tür anzurichten – etwa nach der Devise: Je mehr kaputt ist, desto teurer die Rechnung. Jürgen Spermann vom Bundesverband bestätigt diese Praxis. „In 90 Prozent aller Fälle lässt sich eine zugezogene Tür ohne großen Aufwand und zerstörungsfrei öffnen.“
Der Sicherheits-Experte rät davon ab, im Notfall x-beliebige Nummern aus den Gelben Seiten zu wählen. Sein Tipp: „Entscheiden Sie sich für eine Firma, die vor Ort ein Ladenlokal hat und für ihre Vertrauenswürdigkeit bekannt ist.“ Leise Kritik übt er aber auch an der Sorglosigkeit vieler Kunden: „Wer vorab nicht nach dem Endpreis fragt, der muss sich nicht wundern, wenn ihm später eine Phantasierechnung vorgelegt wird.“