Gladbeck. Das Gladbecker Barbara-Hospital setzt auf eine Langzeit-Berufsorientierung. Das steckt dahinter und so funktioniert das Modellprojekt.

Die Katholischen Kliniken Emscher-Lippe starten in Kooperation mit der Stadt Gladbeck am St. Barbara-Hospital ein Langzeit-Modellprojekt zur Berufsfindung für Schülerinnen und Schüler. Die Jugendlichen erhalten bei enger Betreuung und Laufzeit von zwölf Monaten die Möglichkeit zu intensiven Einblicken in Gesundheitsberufe, die im Gladbecker Krankenhaus praktiziert werden. Erste Zielgruppe sind Kandidaten aus elften Klassen an Gladbecker Gymnasien und Gesamtschule, die sich bewerben können.

Lesen Sie auch

Das Projekt trägt den englischen Namen „Barbara Decision Hub“ (BDH), da über gebündelte Information (Hub) und Praktika den Teilnehmenden die Entscheidung (Decision) ermöglicht werden soll, ob ein Gesundheitsberuf im Krankenhaus eine mögliche Perspektive nach dem Schulabschluss ist – oder gegebenenfalls auch nicht. Im Bereich des Klinikverbundes sei man „ein ganz junges Direktorenteam, alle Anfang 40, die etwas bewegen und voranbringen wollen“, so der Ärztliche Direktor Christian Wedemeyer. Daher habe man neben der üblichen Berufsinformation und Nachwuchsgewinnung jungen Gladbeckern etwas „on top“ ermöglichen wollen. Nämlich, nicht nur die Bandbreite der Gesundheitsberufe, sondern auch die eigenen Fähigkeiten intensiver kennen zu lernen, Kompetenzen zu entdecken und zu fördern, damit die Teilnehmenden sich mit dem Projekt „auch persönlich weiterentwickeln können“.

Das Langzeit-Projekt zur Berufsorientierung hat eine Laufzeit von zwölf Monaten

Bürgermeisterin Bettina Weist und Prof. Dr. Christian Wedemeyer, Ärztlicher Direktor, unterzeichneten die Kooperationsvereinbarung für das Berufsfindungsprojekt „Barbara Decision Hub“.
Bürgermeisterin Bettina Weist und Prof. Dr. Christian Wedemeyer, Ärztlicher Direktor, unterzeichneten die Kooperationsvereinbarung für das Berufsfindungsprojekt „Barbara Decision Hub“. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Die Bewerbungsphase umfasse so auch ein Assessment Center, erklärt Ausbildungsleiter Sebastian Finke, bei dem es um das Bewältigen bestimmter Aufgabenstellungen gehe, die neben manuellen Fertigkeiten „auch den Umgang mit Stresssituationen, die Fähigkeit, Problemsituationen zu lösen, und die Teamfähigkeit betreffen“. Wie die Kandidatinnen und Kandidaten hier überzeugen, sei für die Auswahl letztlich ausschlaggebender als nur der Blick auf die Schulnoten.

So geht es weiter

In der Schulleiterkonferenz sind die weiterführenden Schulen bereits über das Langzeit-Berufsfindungsprojekt „Barbara Decision Hub“ informiert worden. In der Bewerbungsphase (Februar - April) kommen Vertreter der Katholischen Kliniken in die drei Gladbecker Gymnasien und die Gesamtschule, um das Projekt und Bewerbungsverfahren konkreter vorzustellen.

In der anschließenden Auswahlphase (Mai - Juni) werden Kandidatinnen und Kandidaten zu Vorstellungsgesprächen und anschließendem Assessment-Center im Krankenhaus eingeladen. Die einjährige Projektphase (August 2023 - August 2024), mit mindestens monatlichen Treffen und Ferienpraktikum, startet nach den Sommerferien.

Bis zu zehn Schülerinnen und Schüler werden ausgewählt. Sie erwarte „ein Projekt über zwölf Monate Laufzeit mit umfassender Betreuung und engmaschiger Begleitung von qualifiziertem Fachpersonal“. An Nachmittagen und auch mal am Wochenende erfolgten zum Beispiel Vorträge, Exkursionen, Erste-Hilfe-Schulung, Live-OP oder Einblicke in den Rettungsdienst.

Neben der Bereitschaft, Freizeit nach dem Schulunterricht oder am Samstag einzubringen, beinhaltet das Projekt auch die Absolvierung eines sechswöchigen Praktikums im St. Barbara Hospital in den Schulferien, „um die Vielfalt der dortigen Berufe und die Berufspraxis intensiver kennen zu lernen“. Die Klinik ist auch Akademisches Lehrkrankenhaus der Unis Duisburg-Essen und Bochum (RUB). Im Verlaufe des Projektzeitraums sollen zudem individuelle Entwicklungsgespräche geführt und Bewerbertrainings angeboten werden. Bei erfolgreicher Teilnahme erhalten die BDH-Absolventen ein Abschlusszertifikat und ein Taschengeld von 200 Euro. Im Optimalfall trägt die über das Modell geknüpfte enge Bindung Früchte, so dass Berufsnachwuchs für das Gladbecker Krankenhaus gefunden wird.

Projekt ist auch ein Bekenntnis und Zeichen der Zukunft für das Gladbecker Krankenhaus

Blick auf das St. Barbara-Hospital in der Gladbecker Innenstadt. Das Kooperationsprojekt soll auch ein Bekenntnis zur Zukunft des Krankenhausstandortes sein.
Blick auf das St. Barbara-Hospital in der Gladbecker Innenstadt. Das Kooperationsprojekt soll auch ein Bekenntnis zur Zukunft des Krankenhausstandortes sein. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Schirmherrin des Projektes ist Bürgermeisterin Bettina Weist, die für die Stadt Gladbeck am Dienstagnachmittag die Kooperationsvereinbarung mit dem Chefarzt und Ärztlichen Direktor der Katholischen Kliniken, Prof. Dr. Christian Wedemeyer, im Rathaus unterzeichnete. Neben einer guten Berufsorientierung habe die Stadtspitze in Zeiten allgemeinen Personalnotstandes auch großes Interesse, „dass das Krankenhaus vor Ort eine gute Personalsituation hat“, so Weist. Kurz darauf wurde die Ratspolitik im Schulausschuss informiert. Wolfgang Heinberg, Leiter der Krankenhaus-Kommunikation, machte dort deutlich, dass es seines Wissens „bislang weder in der Region noch in ganz NRW ein vergleichbares Modell“ gebe.

+++ Folgen Sie der WAZ Gladbeck auch auf Facebook+++

Die Lokalpolitik lobte das Projekt, dessen Kosten allein der Klinikverbund trägt. Im Anschluss soll eine Evaluation folgen, eine Fortsetzung mit Haupt- und Realschülern sei bereits im Fokus. Die Erfahrungen in Gladbeck können dann auch für eine Ausweitung auf Kliniken des Krankenhauskonzerns in Gelsenkirchen dienen oder Blaupause für andere Krankenhäuser als Best Practice-Modell sein. Konzernsprecher Wolfgang Heinberg unterstrich, dass das gemeinsam mit der Stadt erarbeitete Projekt „auch ein deutliches Bekenntnis und Zeichen der Zukunft zum Krankenhausstandort Gladbeck ist“.