Gladbeck / Bottrop / Gelsenkirchen. Beim DGB-Neujahrsempfang Emscher-Lippe fordert Karl-Josef-Laumann einen höhren Mindestlohn. Auch zum Ende von Coronamaßnahmen äußert er sich.
NRW-Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) ist für einen höheren Mindestlohn. Beim Neujahrsempfang der DGB-Region Emscher-Lippe am Freitagabend in der Gladbecker Stadthalle sagte er mit Blick auf die Inflation, dass es einen existenzsichernden Mindestlohn brauche. Das sei aktuell bei zwölf Euro nämlich nicht mehr der Fall, so der Minister.
Wie hoch der Mindestlohn stattdessen sein sollte, dazu äußerte sich Laumann vor den Gästen aus Gladbeck, Bottrop, Gelsenkirchen und dem Kreis Recklinghausen nicht. Nur: „Ich hoffe, die Mindestlohnkommission ist klug genug, zu wissen, was zu tun ist.“ Das zuletzt der Mindestlohn im Bundestag erhöht wurde, war in Laumanns Augen notwendig und eine Reaktion auf das „Versagen“ der Kommission.
Laumann ist überzeugt, dass starke Gewerkschaften zum Aufschwung beitragen
Bei der Festsetzung des Mindestlohns dürfe nicht nur die lineare Lohnsteigerung aus den Tarifverträgen berücksichtigt werden, so Laumanns Empfehlung. Vielmehr müssten in die Berechnung auch andere Faktoren aus dem Tarif wie beispielsweise Einmalzahlungen einfließen. Es sei inzwischen schwieriger, weil große Teile der Gesellschaft von den Institutionen wie Gewerkschaft, Kirche aber auch demokratischen Parteien nicht mehr erreicht würden. Wäre es anders, so Laumanns Hoffnung, so könnten die Betroffenen für sich selbst sprechen und so ihre Situation verbessern.
Im kommenden Jahr sei er seit 50 Jahren Mitglied der IG Metall, so Laumann. Er ist sich sicher, dass starke Gewerkschaften den wirtschaftlichen Aufschwung nicht verhindern. Im Gegenteil, der Blick auf die deutsche Industrie zeige, dass eine starke Stellung der Gewerkschaften den Aufschwung sogar befruchten.
Jeder junge Mensch in NRW soll 2023 eine Ausbildungsperspektive erhalten
Angesichts des sich immer stärker abzeichnenden Fachkräftemangels müsse es in diesem Jahr in NRW das Ziel sein, jedem jungen Menschen, der von der Schule abgeht, eine vernünftige Anschlussperspektive in der dualen Ausbildung zu bieten. „Ich halte das für einen machbaren Schritt“, so Laumann. Auch wenn es Jugendliche gebe, die vielleicht noch nicht ausbildungsfähig sind. Hier kündigte er Unterstützungsprogramme an. Denn ihnen sei nicht geholfen, setze man sie einfach in eine Berufsschulklasse.
Erstmals nach zwei Jahren Corona-Pause fand der Neujahrsempfang wieder statt. Und selbstverständlich nutzte Laumann seine Rede auch, um über die großen Krisen, die seither das Leben vieler Menschen und auch die Politik bestimmen, zu sprechen.
„Jeder Mensch, der aus der Ukraine vor Putins Terror flüchtet, ist in NRW willkommen.“
Er selbst und auch die Landesregierung wisse um die Probleme, die die Städte hätten, die Flüchtlinge unterzubringen. Das gehe dem Land nicht anders, auch das finde keine Wohnungen, bedauerte er. Gleichzeitig stellte er klar: „Jeder Mensch, der aus der Ukraine vor Putins Terror flüchtet, ist in NRW willkommen.“ Das sei nicht nur die Meinung des Kabinetts, sondern die aller demokratischen Parteien im Landtag. Von den geschätzt 400 Besuchern gab es dafür Zwischenapplaus.
Die steigenden Energiepreise, die steigenden Lebensmittelpreise – das seien Folgen, die alle spüren. Der Staat bemühe sich, einzugreifen und zu helfen – und gehe „in besonderem Maße in Verschuldung“. Mit dem jetzt verabschiedeten Haushalt werde auch das Land helfen, so Laumann. Er versprach Unterstützung für die Kommunen, für die soziale Infrastruktur, etwa für Einrichtungen der Behindertenhilfe, für Altenheime und Krankenhäuser.
Im Frühjahr könnten auch in NRW die Corona-Regeln fallen
Dabei machte Laumann auch keinen Hehl daraus, dass er sich manches auch anders vorgestellt hätte. Etwa die Auszahlung finanzieller Hilfen an alle. Hier hätte er sich ein gezielteres Vorgehen gewünscht. Ziel müsse es sein, dass die, die es besonders schwer haben, profitieren. „Wir müssen die im Auge haben, die unter den hohen Preisen besonders leiden.“ Das bedeute jedoch auch: „Wer sich selber helfen kann, der muss sich selber helfen.“
Mit Blick auf Corona stellte er für das Frühjahr die Aufgabe der Corona-Regeln für NRW in Aussicht. Er erinnerte an den Beginn der Pandemie, an die Knappheit bei Schutzkleidung und Desinfektionsmittel. Er wünscht sich, dass man daraus für Europa Lehren zieht. „Wir können uns nicht abschotten, aber wir müssen wissen, dass die Stabilität der Lieferketten auch ein Wert ist, der ein paar Cent kosten darf.“
Gladbecks Bürgermeistern fordert auskömmliche Finanzierung der Kommunen
Er machte keinen Hehl daraus, als Gesundheitsminister manche Nacht wach gelegen zu haben und sich gefragt zu haben, ob die Krankenhausbetten ausreichen. Doch man habe in NRW zu jeder Zeit noch Patienten aus den Niederlanden helfen können. Für Laumann ein Zeichen, Krankenhauskapazitäten nie „auf Kante zu nähen“. Er kommt zum Schluss, dass Deutschland, speziell NRW, vielleicht nicht der schlechteste Ort war, die Pandemie zu durchleben.
Gladbecks Bürgermeisterin Bettina Weist nutzte ihr Grußwort für einen Appell an die Landesregierung, Kindern aus armen Haushalten die Chance zu geben, durch Bildung aufzusteigen. „Die Städte brauchen dafür aber auch endlich eine auskömmliche Finanzierung der Aufgaben, die wir für Land und Bund schultern und die immer mehr werden“, so ihre Mahnung. Dabei müsse dringend auch die Altschuldenfrage geklärt werden.
Bettina Weist betonte den starken Zusammenhalt in der Region als den wichtigsten Punkt, um die vielen Herausforderungen zu meistern. Wichtig seien gerade in Krisenzeiten die Solidarität, der Respekt und das Füreinander-Einstehen.
Unfall vor Beginn des Empfangs
Überschattet wurde der Neujahrsempfang von einem Unfall. DGB-Geschäftsführer Mark Rosendahl war vor Beginn der Veranstaltung in der Stadthalle schwer gestürzt. Er musste mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden.
Vom Podium aus wünschten ihm alle Redner eine schnelle Genesung.
An seiner Stelle übernahm dann Thomans Steinberg, Leiter der IG BCE-Region Gelsenkirchen, die Moderation.