Gladbeck. Krise auf Krise - das Jahr 2022 geht in die Gladbecker Geschichte als ein nicht gutes ein. Ein Kommentar.
Das Jahr 2022 war wieder kein einfaches für Gladbeck, zu sehr war die Stadt durch die Krisen gefesselt, die sich verschärften, statt sich abzuschwächen. Das Leben in der Stadt war geprägt von Problemmanagement unter engsten finanziellen Rahmenbedingungen. Auch in der Wirtschaft, wo es nicht wenige Unternehmen derzeit knüppeldick trifft, sie aber mit viel Geschick und noch mehr Mut, auch mit hohen finanziellen Einsätzen, in den meisten Fällen (noch) einen Weg durch die Misere finden.
Die Stadt wäre finanziell inzwischen komplett handlungsunfähig, dürfte sie nicht millionenschwere Belastungen durch Corona, Ukrainehilfe und Energiepreisexplosionen einfach ausgliedern. Was nichts anderes ist, als Schuldenberge, die nicht so heißen, außerhalb des Etats aufzutürmen, Rückzahlung irgendwann. Man reibt sich die Augen, dass die Verantwortlichen in Verwaltung und Politik dennoch das Ausgeben nicht verlernt haben. Etwa: Mehr als 60 zusätzliche Stellen in der Verwaltung soll es geben, rund die Hälfte ohne zwingenden Grund – letztlich auf Pump finanziert.
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Politik ohne klare Mehrheiten im Gladbecker Rat bleibt stumpf
Oder: Die CDU, die noch vor einem Jahr das Spardiktat vor sich hertrug, fordert zusätzliche Ausgaben von mehr als einer Million Euro. Ist das die angriffslustigere Politik der neuen Fraktionsführung, die sie vor Jahresfrist angekündigt hatte? Die SPD, einst die dominierende Kraft im Rat, ist zwar deutlich zurückhaltender, aber als stärkste Fraktion viel zu moderierend, zu wenig wegweisend. Den Grünen fehlt offenbar nach ihren letzten Wahlerfolgen zunehmend (personell) die Kraft, sich entscheidend einzumischen. Politik ohne klare Mehrheiten bleibt stumpf, was gerade in Krisenzeiten fatal ist.
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Auch anderen Ärger gab es genug in diesem Jahr, sei es das Desaster mit der Windrad-Klage, die am Ende kleinlaut zurückgenommen wurde, das Hickhack um die verkaufsoffenen Sonntage oder das Trauerspiel um das Terror-Haus an der Steinstraße, wo die Nachbarn angesichts des Herum-Lamentierens aller Verantwortlichen nicht falsch lägen, würden sie die Nicht-Problembewältigung als das bezeichnen, was sie offensichtlich ist: Staatsversagen. Neuen Unmut holt sich die Verwaltung ins Haus mit ihrer hanebüchenen Idee, für die Erweiterung des Riesener-Gymnasiums einen Teil des Jovyplatzes zu bebauen. Es wäre eine Sünde, dieses stadthistorische und stadtplanerische Juwel, auch unter Aspekten des Stadtklimas, baulich zu vergewaltigen.
Ein gutes Zeichen: Die große Solidarität mit den Geflüchteten
Immerhin: Es gab auch gute Zeichen in diesen Zeiten der Herausforderungen: Sei es die große Solidarität mit den Geflüchteten, vor allem aus der Ukraine, das neue Konzept der Gladbecker Tafel oder die Aktivitäten der privaten Fluthilfe, die längst viel mehr tut, als „nur“ den Menschen im Ahrtal zu helfen. Überhaupt, so scheint es, sind es die Vereine und private Initiativen, die den Motor der Stadtgesellschaft zunehmend am Laufen halten.
Das macht Mut für 2023: Trotz aller Herausforderungen werden sich auch im neuen Jahr Perspektiven auftun. Man muss sie in diesen irren Zeiten und unter den nicht enden wollenden, fast demütigenden Rahmenbedingungen nur finden. Es muss sie geben.