Gladbeck. Ein Kind konnte zunächst unbemerkt das Gelände einer Gladbecker Kita verlassen. Der Vierjährige wurde weit entfernt von einer Passantin entdeckt.
Es ist wohl die Horrorvorstellung aller Eltern und auch der Kita-Teams: dass ein betreutes Kind aus der Einrichtung ausbüxt und sich dadurch in Gefahr begibt. So geschehen im städtischen Naturkindergarten am Frochtwinkel 11. Ein Vierjähriger mit Heimweh überwand das Gartentor und marschierte davon. Erst mehr als einen Kilometer von der Kita entfernt fiel einer Passantin der unbegleitete Knirps vor einem Discounter am Scheideweg auf. Sie informierte die Polizei, die das Kind zurückbrachte. Der Vorfall wirft die generelle Frage auf, welche Sicherheitsmaßnahmen an Gladbecker Kitas ergriffen werden, um solche Vorfälle zu verhindern.
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„Das Tor im Eingangsbereich des Naturkindergartens war mit der üblichen Sicherung, einem Umlegeriegel, verschlossen“, sagt Christiane Schmidt, Leiterin der Kommunikation der Stadt Gladbeck. Zu dem pädagogischen Konzept gehöre es, „dass die Kinder in Kleingruppen zeitlich begrenzt auch unbegleitet im Außenbereich spielen dürfen“. Drei Kinder hätten am Tag des Vorfalls im Außengelände gespielt, zwei Kinder seien nach 20 Minuten in die Einrichtung zurückgekommen. Daraufhin suchten die Kolleginnen nach dem dritten Kind, zunächst auf dem Außengelände. Nach Aussage eines weiteren Kindes sei das später verschwundene Kind auf das Tor geklettert, habe den Riegel umgelegt und dann die Klinke gedrückt. So seien umgehend auch die Polizei und die Eltern des Kindes informiert und die Suche ins weitere Umfeld der Kita ausgedehnt worden. Der Vorfall ereignete sich bereits am 8. Dezember.
Ein solcher Vorfall hat sich an der Einrichtung zuvor nicht ereignet
Es gebe keine Sicherheitsvorkehrungen, „die an allen 15 städtischen Kitas völlig gleich sind“, sagt Christiane Schmidt. Das habe mit den unterschiedlichen Situationen vor Ort, etwa den verschiedenen Bauformen der Einrichtungen und deren eingefassten Außengeländen, zu tun. Der Naturkindergarten liege ja beispielsweise sehr weit vom Zugangstor entfernt, „deshalb kann dort von den Eltern selbstständig das Tor zu den Bring- und Holzeiten geöffnet werden“. Sie unterstreicht, dass sich ein solcher Vorfall „dort zuvor noch nie ereignet hat“. Die Stadt werde jetzt die Sicherheit erhöhen, „indem die Torklinke durch einen für Kinderhände schwer zu bedienenden Torknauf ersetzt wird“. Zudem werde ein Stoppschild an dem Tor angebracht, „um die Grenze des Kita-Geländes besser für die Kinder zu verdeutlichen“.
In den zehn Tageseinrichtungen für Kinder der evangelischen Kirche in Gladbeck seien alle Außentüren und -tore verschlossen und so baulich gestaltet, „dass sie nur von Erwachsenen geöffnet werden können“, sagt Geschäftsführerin Tanja Krakau. Kein Kind gehe unbegleitet nach draußen zum Freispiel. „Es sind immer mindestens zwei Personen aus dem Betreuerteam, die dann mitgehen.“ Freilich gebe es in den Außengeländen auch Bereiche, wo die Kinder mal unbeobachtet spielen könnten. Daher sei es wichtig, dass die Kinder die Regeln lernen, „wo sie sich aufhalten dürfen und wo nicht“.
Der Schutz der Kita-Kinder ist ein hohes Gut
Man bewege sich in den Einrichtungen oft „in einer Art Spagat“, sagt Barbara Wagner vom Kita Zweckverband, die als Gebietsleiterin für die acht katholischen Kitas in Gladbeck zuständig ist. Denn einerseits sei es wichtig, „die Kinder zur Selbst- und Eigenständigkeit zu ermutigen, damit sie sich weiterentwickeln. So können die Kinder auch in unseren Einrichtungen mal unbegleitet im Außengelände spielen“. Auf der anderen Seite sei der Schutz ein hohes Gut, „und es ist uns ganz wichtig, dass die Kinder in der Einrichtung sicher aufgehoben sind, und wir tun alles dafür, damit nichts passiert“, unterstreicht Wagner. Sie nennt als Beispiel die Umfriedung der Einrichtungen: „Stahlmattenzäune, die so engmaschig sind, dass etwa ein Sechsjähriger keine Steighilfe zum Überklettern hat, und die so hoch sind, dass von einer unbefugten Person kein Kind von außen gepackt und herübergehoben werden kann.“
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Es gebe eine ganze Reihe von Sicherheitsmaßnahmen, „die baulich für Kindertageseinrichtungen vorgeschrieben sind“, sagt Sophia Schalthoff vom Awo-Unterbezirk Münsterland-Recklinghausen, dem Träger von drei Kitas in Gladbeck. „Bei unseren Einrichtungen sind die Zäune zum Beispiel 1,60 Meter hoch.“ Zudem beauftrage der Unterbezirk für seine mehr als 80 Kitas einen externen Prüfer, der jede Einrichtung einmal jährlich aufsucht, „um die Sicherheit zu überprüfen“. Einen guten Überblick zu den allgemeinen Sicherheitsanforderungen gebe die Homepage der Unfallkasse NRW (www.sichere-kita.de). Dort steht zum Beispiel: „Türen und Tore, durch die das eingefriedete Außengelände verlassen werden kann, sind so zu gestalten, dass ein unerlaubtes Verlassen oder Betreten des Geländes verhindert ist. Geeignete Vorkehrungen sind z.B. für Kinder nicht erreichbare Türdrücker oder stets verriegelte im Außenbereich vorhandene Türen und Tore.“
Eltern haben dem Kita-Team ihr Vertrauen ausgesprochen
Am Frochtwinkel selbst ist der Vorfall transparent aufgearbeitet worden. Es seien intensive Gespräche mit der betroffenen Familie erfolgt, „und die Situation konnte vollständig geklärt werden“. Die Eltern der übrigen Kinder „wurden am Folgetag mit einem Schreiben informiert“, berichtet Christiane Schmidt. Das Landesjugendamt sei ebenfalls in Kenntnis gesetzt worden, „und am Montag hat bereits ein Treffen mit dem Elternbeirat stattgefunden“. Das bestätigen Katharina Becker und Lea Völker, Mitglieder dieses Gremiums. An den Elternrat seien zuvor keine Sicherheitsbedenken oder Kritik an der Kita-Leitung herangetragen worden. Vielmehr wurde „auf der Elternversammlung dem Kita-Team mehrheitlich das Vertrauen ausgesprochen“. Und auch der ausgebüxte Junge habe am Tag nach seinem Verschwinden schon wieder die Kita besucht.