Gladbeck. Vier Existenzgründer erhalten in Gladbeck die Möglichkeit, ohne finanzielle Sorgen ihr Unternehmen aufzubauen. So läuft der Wettbewerb.

Mit einem Wettbewerb, der ein bisschen an die TV-Existenzgründer-Show „Die Höhle der Löwen“ erinnern mag, soll das Gladbecker Innovationszentrum Wiesenbusch (IWG) stärker zu seinen Wurzeln zurückkehren. Eine Fachjury kürt aus einem Bewerberfeld vier Start-ups, die als Gewinn für zwei Jahre ein quasi Rundum-Sorglos-Paket in Form von kostenloser Unterkunft im Innovationszentrum plus Finanzspritze erwartet, um ihre Geschäftsidee auf dem Markt zu etablieren. Damit wollen die Initiatoren Mut machen, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Außerdem soll das etwas eingestaubte Juwel am Rande der Stadt, der architektonisch einzigartige Gebäudekomplex mit seinen Büros und angeschlossenen Werkhallen, auch wieder stärker in der NRW-weiten Gründerszene rund um potenzielle Bewerberinnen und Bewerber zum Leuchten gebracht werden.

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Bürgermeistern Bettina Weist hatte bereits im Sommer angekündigt, wieder stärker den Fokus auf die Ursprungsidee des Wiesenbusch-Areals legen zu wollen, dort Innovationen und junge Unternehmen zu fördern und nicht hauptsächlich Vermieter von Büroräumen und Produktionsflächen zu sein. Mit dem seit September neuen Geschäftsführer des IWG, Stefan Hackmann, und den Eignern der IWG-Betriebsgesellschaft, der Stadt Gladbeck (88 Prozent) und des Vereins zur Förderung der Gladbecker Wirtschaft (VGW hält 12 Prozent), wurde dann das Konzept konkretisiert. „Wir haben im Aufsichtsrat darüber diskutiert und dann die Weichen gestellt, mit dem Ziel, dass der IWG-Start-up-Wettbewerb „zum Alleinstellungsmerkmal in der Region wird“, so Bürgermeisterin Bettina Weist, Vorsitzende des Gremiums.

In der Konjunkturkrise Existenzgründern mit Wettbewerb Mut machen

Vier Büros und eine gemeinsam zu nutzende Galerie (Makerspace) können die Gewinner des Start-up-Wettbewerbs über zwei Jahre im Obergeschoss der Halle Fünf im Gladbecker Innovationszentrum mietfrei beziehen.
Vier Büros und eine gemeinsam zu nutzende Galerie (Makerspace) können die Gewinner des Start-up-Wettbewerbs über zwei Jahre im Obergeschoss der Halle Fünf im Gladbecker Innovationszentrum mietfrei beziehen. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Man wolle mit der Ausschreibung die besondere Form der Gladbecker Wirtschaftsförderung nachhaltig in die Aufmerksamkeit der Zielgruppe in NRW rücken, wie Studierenden und Professoren der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen, den Unis Essen-Duisburg und Bochum der TU Dortmund oder auch IHK und Handwerkskammern, ergänzt VGW-Vorstand Ludger Kreyerhoff (Ex-Sparkassendirektor). Um auch in der Konjunkturkrise Mut zu machen, den Weg in die Selbstständigkeit zu wagen. Mit der Botschaft, „dass hier junge Start-ups eine Chance und starke Hilfe erhalten, um sich auf dem Markt zu etablieren, zu wachsen, und in Gladbeck niederzulassen“.

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Ein architektonisch einzigartiger Gebäudekomplex im Grünen: Das Innovationszentrum Wiesenbusch Gladbeck aus der Vogelperspektive.
Ein architektonisch einzigartiger Gebäudekomplex im Grünen: Das Innovationszentrum Wiesenbusch Gladbeck aus der Vogelperspektive. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Denn jungen Unternehmenden fehle doch eines im Besonderen, „nämlich Geld“, unterstreicht IWG-Geschäftsführer Hackmann. Diesen wirtschaftlichen Druck wolle man mit dem Wettbewerb nehmen, „damit ein Geschäftsfeld aufgebaut werden kann“. Der Wettbewerb sehe als konkrete Starthilfe vor, dass vier Start-ups die Möglichkeit erhalten, zwei Jahre mietfrei in das IWG einzuziehen und auch alle Kosten wie Heizung, Strom und Wasser getragen werden. Dafür stehen vier Büroräume in der oberen Etage der Halle Fünf mit insgesamt 110 Quadratmetern Fläche und eine offene 60-Quadratmeter-Galerie als gemeinsam nutzbarer „Makerspace“ zur Verfügung. Die gesamten Mietkosten über zwei Jahre würden sich auf rund 50.000 Euro belaufen, die mit dem Wettbewerb getragen werden und so die Gewinner entlasten.

Ein finanzielles Stipendium soll die Gewinner weiter entlasten

Freuen sich auf viele Bewerber: Günter Danko (Technischer Leiter IWG), Prokurist Sebastian Mai, VGW Vorstand Ludger Kreyerhoff, Bürgermeisterin Bettina Weist und Geschäftsführer Stefan Hackmann,.
Freuen sich auf viele Bewerber: Günter Danko (Technischer Leiter IWG), Prokurist Sebastian Mai, VGW Vorstand Ludger Kreyerhoff, Bürgermeisterin Bettina Weist und Geschäftsführer Stefan Hackmann,. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Denn zwei Jahre brauche man üblicherweise, um das Geschäftsfeld zu etablieren „und nach fünf Jahren läuft das Unternehmen, wenn es marktfähig ist“, so Hackmann. In diesem Sinne werde die Jury, besetzt u.a. mit erfahrenen Fachleuten aus Wirtschaft, Politik, Hochschulen und Verbänden, die die eingereichten Gründungsideen auch sorgfältig prüfen, „und letztlich nur Bewerber mit potenzieller Marktfähigkeit den Zuschlag erhalten“. Darüber hinaus sei auch beabsichtigt, die Gewinner weiter finanziell zu entlasten, „indem wir auch Stipendien von 25.000 Euro pro Start-up und Jahr vergeben“. Die ersten Sponsoren dafür seien gefunden, die Entscheidung darüber wie hoch der Zuschuss ausfällt, solle bis zum Einzug stehen.

50 Firmen arbeiten im Innovationszentrum

Das Innovationszentrum Wiesenbusch Gladbeck ist ein gemeinsames Unternehmen der Stadt Gladbeck und der heimischen Wirtschaft. Mit finanzieller Unterstützung des Landes NRW wurde es 1995 mit 10.500 Quadratmeter Nutzfläche errichtet, um dort jungen Unternehmern einen attraktiven Firmensitz zu bieten.

Im IWG sind aktuell rund 50 Firmen mit über 250 Mitarbeitern ansässig und rund 60 Prozent der Mieter im engeren Kontext der gebäudenahen Technologien und Dienstleistungen tätig. Das Gebäudeareal ist am Rande der Stadt im Grünen gelegen und bietet rund 230 Parkplätze. Die zwei Hauptgebäudeteile sind mit dem Konferenztrakt miteinander verbunden. Neben den Büroräumen befinden sich Industrieappartements. Die vier Produktionshallen liegen im hinteren Teil des Gesamtkomplexes.

Im April des kommenden Jahres startet der Start-up-Wettbewerb. Die Teilnahme ist allerdings an Bedingungen geknüpft: Bewerben können sich nur Existenzgründer mit Ideen für Unternehmen aus dem Sektor gebäudenahe Technologien und technikorientierte Dienstleistungen. Für diesen Schwerpunkt stehe das IWG, „rund 60 Prozent der hier bereits beheimateten Unternehmen haben dieses Profil“, begründet Bettina Weist. Das sind zum Beispiel Profis für Videobeobachtungssysteme, Brandschutztechnik oder Dienstleister im Bereich Lagerlogistik.

Nach den Sommerferien sollen die Gewinner im Innovationszentrum einziehen

Der Wettbewerb und die Voraussetzungen werden in Kürze auf der überarbeiteten IWG-Homepage veröffentlicht. Klar ist, dass mit dem Startschuss Anfang April eine sechswöchige Bewerbungsphase bis Mitte Mai läuft, dann die Jury tagt, „um im Juni die vier ausgewählten erfolgreichen Start-ups zu präsentieren“, so Stefan Hackmann. Der Einzug in die Halle Fünf könne dann nach den Sommerferien Ende August Anfang September 2023 erfolgen. Die Start-ups würden Unterstützung in allen Fragen der Gründung und des Aufbaus eines Unternehmens erhalten. Zudem hätten sie die Möglichkeit, am Standort in engen Austausch mit bereits erfolgreichen Unternehmen zu treten, „die ihr Best-Practice-Wissen an die jungen Gründer weitergeben können“. Sollte der Wettbewerb erfolgreich anlaufen, ist für 2024 bereits eine Ausschreibung für vier weitere Start-ups geplant.