Gladbeck. Die Telekom hat das Aus für die letzten öffentlichen Fernsprecher beschlossen. In Gladbeck gibt es noch einige Anlagen. Dies sind die Standorte.

Einst als gelbes, wetterfestes Refugium viel genutzte Möglichkeit zum Plaudern, fristen sie in Zeiten des Smartphones nur noch ein Schattendasein: die öffentlichen Telefonzellen. Als geschlossene Häuschen gibt es sie eh schon länger kaum mehr. Aber auch die vandalismusresistenteren offenen Telefonstelen der Telekom haben bald in Gladbeck ausgedient. Wer noch einmal die Gelegenheit ergreifen möchte, quasi nostalgisch mit einem öffentlichen „Fernsprecher“ telefoniert zu haben, muss sich sputen. Der Zeitplan steht, bis auch die letzten Telefonzellen in Gladbeck abgebaut sind.

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Wie viele Telefonzellen es in Gladbeck gibt, „kann ich Ihnen leider nicht nennen“, sagt Unternehmenssprecher Maik Exner. Es gebe derzeit viele Medienanfragen zum Thema, „der individuelle Rechercheaufwand für unsere Fachkollegen wäre in Summe nicht zu leisten“. Wer im Internet sucht, wird aber über Umwege fündig. Denn Fans der Telekommunikation tauschen sich zum Thema auf einer Plattform im Internet (telefon-treff.de) aus und Teilnehmer „Lukas458“ hat offensichtlich mit örtlicher Unterstützung durch Mitstreiter „GeoGladbecker“ auch für Gladbeck Telefonstandorte ermittelt und auf einem Stadtplan eingezeichnet.

Stadtweit gibt es nur noch drei Telefonhäuschen

Dieser Telefonzellen-Plan ist online abrufbar, viele Aktualisierungen sind aus diesem Jahr, so dass die meisten Standorte aktuell sein dürften. Stadtweit sind 24 Telefonzellen verzeichnet, der Großteil befindet sich in der Stadtmitte. Allein drei Stelen-Anlagen stehen in der Fußgängerzone auf der Hochstraße, an denen die Menschen mehr oder weniger achtlos vorbeilaufen (vor Haus Nr. 25 Nanu-Nana, Nr. 35 Tabak-Lotto Holze und Nr. 51-53 City Center). Einige Freisprecher in Gladbeck haben zum Schutz vor der Witterung noch ein Dach oder Seitenscheiben. Telefonkabinen gibt es kaum noch, nur drei zeigt der Plan: eine ist noch am Zweckeler Markt verzeichnet, eine andere am Parkplatz Landstraße/Gartenstraße in Butendorf, eine weitere in Brauck an der Boystraße (Höhe Haus Nr. 38). Eines der letzten gelben Telefonhäuschen an der Sparkasse in Rentfort Ecke Marcq-en-Baroeul-/ Sandstraße verschwand Anfang 2014 nachdem sie durch eine Autounfall schwer beschädigt wurde.

Eines der letzten gelben Telefonhäuschen stand in der Nähe der Sparkasse in Rentfort. Sie wurde bei einem Unfall Anfang 2014 schwer beschädigt und dann abgebaut (Archivbild).
Eines der letzten gelben Telefonhäuschen stand in der Nähe der Sparkasse in Rentfort. Sie wurde bei einem Unfall Anfang 2014 schwer beschädigt und dann abgebaut (Archivbild). © WAZ | André Elschenbroich

Mit dem Mobilfunk habe heute jeder die Möglichkeit, seine „persönliche Telefonzelle“ dabei zu haben, sagt Maik Exner: „Die Nutzung der öffentlichen Telefonie geht somit gegen Null.“ Der Hauptgrund für die Einstellung des Services sei daher die Unwirtschaftlichkeit. Im Schnitt macht ein öffentliches Telefon bei der Telekom nur noch wenige Euro Umsatz pro Monat. Das stehe in keinem Verhältnis zu den Unterhaltskosten, die den Umsatz um ein Vielfaches übersteigen, und den Beseitigungen von Schäden, zum Beispiel durch Vandalismus und Diebstahl. Darüber hinaus gestalte sich die Beschaffung von Ersatzteilen immer schwieriger. Exner: „Neuere Entwicklungen bei externen Zulieferern erschweren zunehmend die Instandhaltung. Ersatzteile für öffentliche Telefone werden kaum noch produziert und sind teilweise gar nicht mehr erhältlich.“

Mit Münzen kann schon seit gut drei Wochen nicht mehr telefoniert werden

Auch in Gladbeck sind die Münzschlitze an den öffentlichen Fernsprechern schon verschlossen worden. Der Info-Text zeigt an, dass nur noch mit Telefonkarte telefoniert werden kann.
Auch in Gladbeck sind die Münzschlitze an den öffentlichen Fernsprechern schon verschlossen worden. Der Info-Text zeigt an, dass nur noch mit Telefonkarte telefoniert werden kann. © WAZ | Esser

Zudem würden die geplanten Rückbaumaßnahmen erheblich Energie einsparen. Im Schnitt verbraucht ein öffentliches Telefon zwischen 500 und 1.250 Kilowattstunden im Jahr – je nach Ausstattung. „Mit der Abschaltung der ungenutzten Technik lassen sich so zwischen sechs und 15 Millionen Kilowattstunden jährlich einsparen. Das entspricht dem Stromverbrauch von mehreren Tausend Wohnungen“, so der Unternehmenssprecher.

Alte Telefonzelle für den Vorgarten?

Eine schlechte Nachricht für Telefonzellen-Nostalgiker: Der Kauf einer alten Telefonzelle ist nicht mehr möglich. In der Vergangenheit hat die Deutsche Telekom alte Telefonzellen (Gewicht 300 Kg) aufgearbeitet und an interessierte Selbstabholer verkauft. Ausrangierte Telefonzellen gibt es jedoch kaum noch. „Die gelben Zellen sind längst ausverkauft, und für die Rest-Exemplare der grau-magenta-farbenen Variante gab es lange Wartelisten“, so Unternehmenssprecher Maik Exner.Das Interesse am Zellenkauf sei bereits in der Vergangenheit größer als die Anzahl der potenziell verfügbaren Zellen gewesen. „Daher können wir leider keine neuen Interessenten berücksichtigen“, so Exner. Bei den heute noch vorhandenen Geräten handele es sich in der Regel um Stelen aus Edelstahl, die nach deren Abbau fachgerecht recycelt werden.Kleines Trostpflaster für enttäuschte Telefonzellen-Fans: Nostalgiker können sich in Frankfurt am Main im „Museum für Kommunikation Frankfurt“ weit über 50 Objekte rund um die öffentliche Telefonie ansehen. Gemeinsam mit den Museen für Kommunikation Berlin und Nürnberg gehört diese Ausstellung zur Museumsstiftung für Post und Telekommunikation .

Eine Verpflichtung zum Betrieb öffentlicher Telefone bestehe seit der Änderung des Telekommunikationsgesetzes Ende 2021 nicht mehr. Der Gesetzgeber habe erkannt, dass aufgrund der geringen Nutzung die öffentlichen Telefone nicht mehr zu einer Grundversorgung der Bevölkerung beitragen würden.

„Die Außerbetriebnahme der Apparate erfolgt nun schrittweise“, sagt Exner. Im ersten Schritt wurde am 21. November 2022 zunächst die Münzzahlung an den Fernsprechern bundesweit deaktiviert. Auch auf der Hochstraße sind die Münzschlitze verschlossen, und auf dem Display wird angezeigt, dass nur noch mit Telefonkarten gezahlt werden kann. „Ab Ende Januar wird dann auch diese Zahlungsfunktion und somit der gesamte Telekommunikationsdienst eingestellt“, so der Unternehmenssprecher weiter.

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Von den ehemals über 160.000 öffentlichen Telefonen in Deutschland seien in den letzten Jahren bereits mehr als 90 Prozent abgebaut worden, „weil sie niemand mehr nutzte“. Verblieben seien bis heute noch rund 12.000 öffentliche Telefone, „welche nun sukzessive abgeschaltet werden“, informiert Exner. Wann welcher Standort in Gladbeck abgebaut wird, teile die Telekom der Kommune vier Woche vorab mit. Der gesamte Rückbau, und damit das endgültige Aus der öffentlichen Fernsprecher, werde „voraussichtlich Anfang 2025 abgeschlossen sein“.