Gladbeck. Elterntaxis sind ein Problem vor vielen Schulen der Stadt. Gladbeck will nun zu drastischen Maßnahmen greifen – im Rahmen eines Modellprojekts.

Der Bring- und Hol-Service für Schülerinnen und Schüler zum Schulstart oder Schulende führt tagtäglich an Gladbecker Schulen zu Verkehrsproblemen. Die Situation der auch mal in zweiter Reihe kurz parkenden und anfahrenden Elterntaxissorgt für Unübersichtlichkeit und somit unnötige Gefahr für Schulkinder beim Queren der Straße. Ein gesamtdeutsches Problem, das jetzt Universitätswissenschaftler in Gladbeck in den Blick nehmen, um nach Lösungen zur Entschärfung des Problems zu suchen. Die Stadt hat sich erfolgreich als Modellkommune mit dem Projekt „GlaMobi“ für ein bundesweites Forschungsvorhaben beworben, das mit Praxisbeispielen Wege für eine nachhaltigere Verkehrswende aufzeigen möchte. Auch mit radikalen Ideen wie temporären Straßensperren an Schulen.

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Silke Döding, Chefin des Amtes für Bildung und Erziehung, informierte jetzt den Schulausschuss zum Vorhaben. Die Lokalpolitik habe sich in den vergangenen Jahren ja bereits mehrfach mit dem Thema Elterntaxis und Verkehrssicherheit an Schulen beschäftigt. Als ein Ergebnis bildete sich Ende September 2019 der Runde Tisch „Verkehrssicherheit an Schulen“ mit dem Ziel der Erarbeitung von Vorschlägen und Anregung von Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssituation an den Schulen.

Zwei Pilotschulen in Gladbeck wurden für die Erprobung von Projektideen ausgesucht

Die Lage der Mosaikschule (Bildmitte), mit Zugängen inmitten von Wohngebiet und engen Straßen, kann schnell zu Verkehrschaos durch Elterntaxis führen.
Die Lage der Mosaikschule (Bildmitte), mit Zugängen inmitten von Wohngebiet und engen Straßen, kann schnell zu Verkehrschaos durch Elterntaxis führen. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

In Koordination der Umweltabteilung im Amt für Planung, Bauen und Umwelt habe sich die Stadt Gladbeck dann um das bundesweite Forschungsvorhaben „MobilitätsWerkStadt 2025“ beworben. „Und ist mit dem Forschungsprojekt ,Gladbecker Mobilität für Alle - GlaMobi’ als eine von bundesweit 14 Modell-Kommunen ausgewählt worden“, so Döding. Denn das in Gladbeck speziell in den Fokus genommene schulische Mobilitätsmanagement sei wichtiger Teilaspekt dieses großen Forschungsprojektes.

Die Gladbecker Verwaltung hat für „GlaMobi“ als Pilotschulen die Mosaik-Grundschule mit ihren zwei Standorten im Butendorfer Wohngebiet sowie die Werner-von-Siemens-Realschule in der Stadtmitte ausgewählt, mit assoziierter Beteiligung der Regenbogenschule in Gladbeck-Ost. Denn an diesen Schulstandorten gibt es problematische Situationen mit den Elterntaxis. An der Realschule verstärkt durch die direkte Nachbarschaft der gegenüber liegenden Anne-Frank-Realschule, die die Kortestraße zum Nadelöhr beim beidseitigen Verkehrsaufkommen verengt. Probleme gibt es auch an anderen Gladbecker Schulen, die teils aber schon lokale (Modell)Projekte gestartet haben, wie beispielsweise die Wittringer-Grundschule, („Gemeinsame Wege gehen“).

Die Verkehrswende in Gladbeck und Deutschland soll vorangebracht werden

Durch die direkte Nachbarschaft von Werner-von-Siemens- (rechts) und Anne-Frank-Realschule (gegenüber links) kann die Kortestraße bei hohem Elterntaxi-Aufkommen zum Nadelöhr werden.
Durch die direkte Nachbarschaft von Werner-von-Siemens- (rechts) und Anne-Frank-Realschule (gegenüber links) kann die Kortestraße bei hohem Elterntaxi-Aufkommen zum Nadelöhr werden. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Generelle Absicht des bundesweiten Forschungsprojektes sei es, „die notwendige Verkehrswende in Deutschland voranzubringen“, erklärt Jürgen Harks. Der Leiter der Umweltabteilung der Stadt ging im Ausschuss auf konkretere Inhalte von „GlaMobi“ ein. Das Gladbecker Projekt wolle als Teilaspekt die innerstädtische und interkommunale Neuorientierung urbaner Personenverkehre in den Blick nehmen. Wie der Titel in Langform „Gladbecker Mobilität für Alle“ schon anklingen lässt, sei es Ziel, „Mobilitätsgerechtigkeit herzustellen und benachteiligten Gruppen wie Seniorinnen und Senioren, Kindern und Jugendlichen sowie Geflüchteten und Migranten mit Hilfe von intensiver, individualisierter Betreuung einen verbesserten Zugang zu gesundheitsfördernden und nachhaltigen Mobilitätsformen zu verschaffen“.

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Die Förderung kindlicher Mobilität sei dabei „ein ganz wichtiger Baustein des Projektes GlaMobi“, so Harks. Denn der eigenständig bewältigte Weg zur Schule, mit dem Rad oder zu Fuß, stärke nachgewiesen auch das Selbstbewusstsein der Kinder. Wissenschaftler der Universität Essen-Duisburg begleiten und werten das Gladbecker Projekt aus, das nach den Sommerferien gestartet ist. Studierende hätten an der Mosaik-Grundschule sowie an der Werner-von Siemens-Realschule schon eine detaillierte Bestandsaufnahme des Schulumfelds vorgenommen und die Ist-Situation zum Verkehrsaufkommen, den Elterntaxis und Gefahrensituationen analysiert. Zudem wurden Indikatoren erfasst, um die Fußgängerfreundlichkeit der Schulwege zu bestimmen. Die Studenten analysierten dafür 200 Straßenraumsegmente im Einzugsgebiet der Schulen, sie erfassten dabei u.a. 74 Bushaltestellen oder 116 Querungsanlagen (Fußgängerampeln, Zebrastreifen, Verkehrsinseln).

Für Elterntaxis gesperrte Schulstraßen sollen das Verkehrschaos vor den Schulen stoppen

Außerdem seien an den betrachteten Bildungseinrichtungen Schulteams unter Beteiligung von Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrenden eingerichtet worden, „um zu erfahren, wo der Schuh vor Ort drückt“, so Harks. Um mehr Beteiligte einzubeziehen, wird gemeinsam ein Fragebogen entwickelt, jeweils für Schüler und für Eltern. Die Befragung soll im März erfolgen. Anschließend werden mit den Schulteams Lösungen erarbeitet, die in sogenannten Reallaboren ab dem zweiten Halbjahr 2023 erprobt und anschließend evaluiert werden sollen. Ein Praxistest steht dabei schon fest, bei dem quasi Bannmeilen auf Probe eingerichtet werden. Konkret sollen temporäre Schulstraßen ausgewiesen werden, um Elterntaxis zu bestimmten Zeiten (Schulstart und Schulende) durch Sperrungen von den Schuleingängen fernzuhalten - und so dort gefährliches Verkehrschaos zu vermeiden.