Gladbeck. Als falsche Polizisten getarnt haben Trickdiebe in Gladbeck mehrfach zugeschlagen. Ein Senior verlor seine gesamten Ersparnisse – 29.000 Euro.
Gerhard E.* kann es noch immer nicht fassen, dass er auf die Trickdiebe hereingefallen ist. Der Gladbecker (93) gab angeblichen Kriminalbeamten sein gesamtes Erspartes: 29.000 Euro. Er warnt davor, sich auf die gewieften Diebe am Telefon oder in der Wohnung einzulassen. Die Polizei teilt mit, dass die Tat kein Einzelfall war. Am selben Tag schlugen Ganoven mit ähnlich miesen Maschen bei einem weiteren Senior (82) in Gladbeck zu, zudem in Oer-Erkenschwick und Marl.
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Bei Gerhard E. (*Name geändert) klingelte am Freitagabend, kurz nach 20 Uhr, das Telefon. Der 93-Jährige erzählt von einem Mann, „der sich als Kriminalbeamter Peter Berger vorgestellt hat, und sehr freundlich war“, so dass er nicht sofort aufgelegt habe. Denn der hochbetagte Gladbecker ist eigentlich sehr aufmerksam, weiß von Trickbetrügern und hat vor wenigen Jahren noch einen Ganoven abgewehrt, der als angeblicher Doktor von der Pflegeversicherung bei ihm klingelte und Bares wollte. Im selben Jahr wurde er auf der Friedrichstraße angesprochen, ein Betrüger bot ihm einen angeblich gefundenen wertvollen 585er-Goldring für einen Schnäppchenpreis an, auch darauf fiel der misstrauische Rentner nicht herein.
Senior hat sich fatalerweise auf das Telefonat mit den Betrügern eingelassen
Dieses Mal habe er sich fatalerweise auf das Gespräch eingelassen, das sich für ihn „wie eine Gehirnwäsche“ intensiviert habe, wobei zunehmend Druck aufgebaut worden sei, er sich immer hilfloser und wehrloser gefühlt habe. Denn der „Kripomann“ drohte mit einer ungeheuerlichen Geschichte. Man habe eine Einbrecherbande festgenommen, Verhöre geführt und er sei namentlich als Mitglied der Bande genannt worden, die in seiner Wohnung das erbeutete Geld verstecke. Er müsse sofort aussagen, werde von einem Beamten zur Vernehmung in der Polizeiwache abgeholt. Gerhard E. sagt, er habe versucht, die Anschuldigung abzuwehren, dem „Polizisten“ berichtet, „dass ich schwer gehbehindert bin, einen Rollstuhl habe und kein Dieb bin“.
Weitere Taten am selben Tag
In Oer-Erkenschwick erklärte ebenfalls am Freitag ein unbekannter Mann am Telefon einer 77-Jährigen, ihr Sohn sei in einen Verkehrsunfall mit einem Kind verwickelt gewesen. Zur Abwendung der Untersuchungshaft müsse jetzt eine Kaution hinterlegt werden. Die Seniorin übergab einen vierstelligen Geldbetrag einem ihr unbekannten Mann an der Haustür. Personenbeschreibung: männlich, ca. 1,85 Meter groß, schwarze Haare, dunkler Teint, sprach Deutsch ohne Akzent, er trug Jeans und ein blaues Hemd.
Mit einer besonders dreisten Forderung meldete sich ein Unbekannter telefonisch bei einer Marlerin am Freitagnachmittag. Um die Haftstrafe für die Tochter der 86-Jährigen nach einem tödlichen Verkehrsunfall abzuwenden, sollten 400.000 Euro als Kaution hinterlegt werden. Die Marlerin erklärte am Telefon, dass sie kein Bargeld im Haus habe. Anschließend wurde sie an einen angeblichen Staatsanwalt weitergeleitet. Nachdem sie auch hier angab, kein Geld zu haben, wurde das Gespräch beendet.
Ein angeblicher Staatsanwalt wurde hinzugeschaltet, der die Vorwürfe bestätigte. Man habe auch die Nummern der gestohlenen Banknoten. Vielleicht sah der überforderte kinderlose Senior, dessen Frau vor mehr als 15 Jahren starb, dadurch eine Gelegenheit, den Verdacht und die drohende Verhaftung abzuwenden. Nach stundenlanger telefonischer Manipulation öffnete der erschöpfte 93-Jährige gegen 23.30 Uhr einem angeblichen weiteren Kripobeamten, „Markus Schneider“, die Wohnungstür, der eine große Atemschutzmaske trug. Die Namen der Polizisten sowie das vom Beamten vorgetragene Kriminalkommissariat 21 und die in seinem Telefondisplay angezeigte Nummer notierte der Senior sicherheitshalber auf einem Notizzettel. Und Gerhard E. ging zu seinem bislang vermeintlich diebstahlsicheren Versteck, wo er seit dem Tod seiner Frau Erspartes deponiert. „Bares für den Fall, dass ich doch ins Seniorenheim muss und so noch einen Notgroschen habe, um mir etwas leisten zu können.“ Er öffnete ein herausschiebbares Seitenbrett des Regals in seiner Abstellkammer, an dem mehrere Kuverts mit Bargeld klebten.
Der falsche Polizist verschwand mit 29.000 Euro Bargeld in die Nacht
Der falsche Kripobeamte nahm das Geld, insgesamt 29.000 Euro, an sich und verschwand in die Nacht, „um die Seriennummern schnell in der Wache abzugleichen“. Das Geld sollte ich sofort zurück bekommen, „wenn sich alles als in Ordnung herausstellen würde“, so der Senior weiter. Er wartete vergeblich auf eine Rückmeldung, versuchte dann die aus dem Telefondisplay notierte Polizei-Nummer anzurufen, die sich als technische Manipulation erwies, da die automatische Ansage erfolgte, „dass diese Nummer nicht bekannt sei“. Gerhard E. wählte daraufhin den Notruf der Polizei – der gesamte Schwindel flog auf.
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Polizei oder Staatsanwaltschaft würden niemals in einem solchen Verdachtsfall den Telefonkontakt suchen. Beschuldigte würden in der Regel „schriftlich zu einem Gespräch auf die Wache geladen“, so Andreas Lesch von der Pressestelle der Polizei Recklinghausen. Er berichtet weiter, dass die Tat am Freitag leider kein Einzelfall war. „Ebenfalls im Stadtteil Mitte wurde ein 82-Jähriger von einem falschen Polizeibeamten angerufen.“ Dem Senior wurde erzählt, dass seine Wohnanschrift auf einer Opfer-Liste von Einbrechern gestanden habe. Vor Ort erschien ein angeblicher Polizist (1,90 Meter groß, dunkel gekleidet) während des Telefonats, um sein Geld zu sichern. Der 82-Jährige übergab einen vierstelligen Betrag aus seinem Tresor, mit dem der Trickdieb verschwand.
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Andreas Lesch empfiehlt, bei dubiosen Anrufen von angeblichen Polizisten sofort aufzulegen: „Rufen Sie im Zweifel sofort selbst in der Polizeiwache in Gladbeck oder über den Notruf 110 an. Die Polizeibeamten helfen dann weiter.“