Recklinghausen/Gladbeck. Die alte AfD-Fraktion im Kreistag Recklinghausen ist zerbrochen – und heillos zerstritten. Das werfen sich beide Seiten jetzt gegenseitig vor.
Das ist schon eine ungewöhnliche Konstellation: Im Recklinghäuser Kreistag ist die Alternative für Deutschland (AfD) jetzt offiziell zwei Mal vertreten. Ob die Gründe, die zur Spaltung der fünfköpfigen Fraktion führten, rechtliche Relevanz besitzen, wird nach wie vor von Juristen der Kreisverwaltung geprüft. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen Verträge, die Dietmar Weinhardt in seiner Zeit als Fraktionsvorsitzender mit seiner eigenen Firma, einer Unternehmens- und IT-Beratung, abgeschlossen hat.
Weinhardt und der ehemalige Landratskandidat Steffen Christ bilden eine AfD-Gruppe im Kreistag. Auf Abstand gegangen sind Marco Gräber, auf Kreisebene und in der Gladbecker AfD aktiv, Lutz Wagner und Heribert Leineweber, die sich mit den beiden Vertretern der Unabhängigen Bürgerpartei (UBP), Tobias Köller und Borsu Alinaghi, zu einer gemeinsamen Fraktion zusammengeschlossen haben. Diese firmiert unter dem Namen „AfD-Fraktion im Kreistag Recklinghausen“.
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Im Gespräch mit der Redaktion erklärte Marco Gräber, der Vorsitzende der neuen Fraktion, dass die Trennung unausweichlich gewesen sei, nachdem die Aufforderung an Weinhardt, aus der Fraktion auszutreten, ungehört verhallt sei.
Auslöser für den Streit in der Kreis-AfD war eine Rechnungsprüfung
Auslöser für den Bruch war nach Schilderung der Beteiligten eine Rechnungsprüfung, die, so der Gladbecker Gräber, „Mängel aufgedeckt hat, die strafrechtliche Relevanz haben könnten“. Der Bericht sei deshalb der Kreisverwaltung zur Prüfung übergeben worden. Zu weiteren Details wolle er sich im laufenden Verfahren nicht äußern, so der 34-jährige Gladbecker AfD-Politiker, der beruflich das Wahlkreisbüro des Gelsenkirchener AfD-Bundestagsabgeordneten Jörg Schneider leitet. Ein „Richtungsstreit“, wie von den ehemaligen Fraktionskollegen ins Feld geführt, sei jedenfalls nicht die Ursache für die Trennung.
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Dietmar Weinhardt hat auf Anfrage der Redaktion konkret Stellung genommen zu den Vorwürfen gegen ihn. Sein Fazit: „Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen.“ Er bestätigt, dass seine Firma Dienstleistungen für die AfD-Fraktion übernommen habe in einem Finanzvolumen von „unter 1000 Euro“. Dies sei jedoch in Abstimmung mit den Fraktionskollegen geschehen. „Mein Fehler war, dass ich darüber keinen offiziellen Fraktionsbeschluss herbeigeführt habe.“ Dieser Umstand werde jetzt ausgenutzt, „um mich böswillig zu beschädigen“. Das wiederum weist Marco Gräber zurück: „Wir wurden über diese Vorgänge nicht in Kenntnis gesetzt.“ Damit steht zunächst einmal Aussage gegen Aussage.
Neue Fraktion schlägt überraschend moderate Töne an
Was ist nun von der neuen Fraktion im Kreistag zu erwarten? Im Gespräch mit der Redaktion äußern sich Marco Gräber und sein Stellvertreter Tobias Köller (47) überraschend moderat. Mit Landrat Bodo Klimpel (CDU) gebe es – anders als mit seinem Vorgänger Cay Süberkrüb (SPD) – „wenig Konfliktpotenzial“, die Arbeit der Kreisverwaltung sei „sehr bürgerorientiert“, sagt Köller. Trotzdem werde man sich nicht scheuen, den Finger in die Wunde zu legen, insbesondere dann, wenn es um den Umgang mit Steuergeldern gehe. Dass der Kreis 270.000 Euro ausgegeben hat für eine „Puffer-Unterkunft“ für Ukraine-Flüchtlinge, die nie in Betrieb gegangen ist, ist ein solcher Kritikpunkt. „Das Geld ist verpufft“, betont Köller.