Gladbeck. Die Polizei registriert für Gladbeck zunehmend Unfälle mit E-Scootern. Eine spezialisierte Kommission weist auf Regeln für die Benutzung hin.
Auf vielen Strecken im Kreis Recklinghausen sind sie schon nicht mehr wegzudenken: E-Scooter. Doch wer denkt, das Fahren mit diesen Geräten sei ein Kinderspiel, befindet sich gehörig auf dem Holzweg. Viele Unfälle führten dazu, dass jetzt im Kreis sogar eine überörtliche Unfallkommission eingesetzt wurde. Eine Kernfrage: Welche Regeln gelten eigentlich für die elektrischen Roller?
Auch interessant
Vier Unfälle mit E-Scootern ereigneten sich zwischen dem 1. Januar und dem 13. Juli 2022 in Gladbeck, so Annette Achenbach. Die Sprecherin im Polizeipräsidium Recklinghausen vergleicht: „Im Vorjahreszeitraum war es gerade einmal ein Unfall.“ Achenbach meint: „Wo es mehr Angebote gibt, nimmt auch die Zahl derer zu, die damit unterwegs sind. Immer mehr Privatleute legen sich einen E-Scooter zu.“
Am Aktionstag galt der Kontrolle der E-Scooter-Nutzer besonderes Augenmerk
Allerdings scheinen sich längst nicht alle Menschen, die auf solch ein Gerät steigen, Gedanken über die Frage zu machen: „Wie ist man mit ihnen sicher unterwegs?“ Damit haben sich jetzt das Straßenverkehrsamt des Kreises Recklinghausen, das Polizeipräsidium Recklinghausen und das Ordnungsamt der Stadt Oer-Erkenschwick bei einem Treffen der überörtlichen Unfallkommission auseinandergesetzt. Für einen Aktionstag zum E-Scooter-Fahren gab es einen bedenklichen Anlass.
Lesen Sie auch:
- Freibad.SV 13: So sicher ist der Badespaß in Gladbeck
- Energiekrise. Investor kippt Pläne für innovativen Solarpark in Gladbeck
- Landschaftsverband. Hilfe für Behinderte: LWL unterstützt auch Caritas-Werkstatt
- Sommer. In Gladbeck gibt es jetzt Heidelbeeren zum Selbstpflücken
In Oer-Erkenschwick sind in den vergangenen zwölf Monaten acht Unfälle mit E-Scootern geschehen. Darunter sind auch Vorfälle, die E-Scooter-Nutzer verursachten, weil sie verbotenerweise auf Fußgängerüberwegen fuhren. Damit dies nicht öfter passiert, wollen die Behörden Aufklärungsarbeit leisten. Das Augenmerk am Aktionstag habe also „speziell auf der Kontrolle dieser Verkehrsteilnehmer“ gelegen, so Martin Heitkamp von der Polizei. Der Fachmann betont: „Denn auch wenn für die Fahrt mit dem E-Scooter kein Führerschein benötigt wird, muss der Fahrer dennoch einige Regeln kennen.“
Auch interessant
Annette Achenbach sagt: „Unfälle können geschehen, wenn jemand beispielsweise die Geschwindigkeit des Fahrzeugs unterschätzt oder ein erhöhtes Unfallrisiko nicht bedenkt“ – wie aufgrund der kleinen Räder bei Unebenheiten auf Kopfsteinpflaster oder an Bordsteinkanten. Hinzu kommen Situationen, in denen deutlich wird: Hier ignoriert jemand schlichtweg Vorschriften – die eigentlich bekannt sein müssten. „So ist auch immer wieder zu sehen, dass verbotenerweise zwei Personen auf einem E-Scooter stehen“, berichtet die Polizeisprecherin. Es scheine also einen Nachholbedarf an Informationen zu geben.
„Für die Fahrt mit dem E-Scooter gelten die meisten Regeln, die auch Radfahrer einhalten müssen“, erklärt Andrea Hake vom Fachdienst Straßenverkehr beim Kreis Recklinghausen. So dürfen innerhalb geschlossener Ortschaften sogenannte „Elektrokleinstfahrzeuge“ wie E-Scooter nur baulich angelegte Radwege, gemeinsame Geh- und Radwege sowie Radfahrstreifen und Fahrradstraßen befahren. Sollte nichts dergleichen vorhanden sein, ist die Straße zu benutzen. „Was viele außerdem nicht wissen: Die Fahrt mit dem E-Scooter ist erst ab 14 Jahren erlaubt.“
E-Scooter brauchen eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung
Diese Fahrzeuge müssen eine Allgemeine Betriebserlaubnis vom Kraftfahrt-Bundesamt haben, um am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen. Ansonsten dürfen sie nur auf Privatgelände gefahren werden. Eine gültige Versicherungsplakette für Elektro-Kleinstfahrzeuge, dauerhaft am E-Scooter angebracht, ist Pflicht – es braucht also eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung.
Auf Gehwegen und in Fußgängerzonen darf man nicht mit E-Scootern fahren. Sie genießen außerdem keine Vorrechte auf dem Fußgängerüberweg und sollten daher – wie auch Fahrräder – über den Zebrastreifen geschoben werden. Außerhalb geschlossener Ortschaften darf der Seitenstreifen oder, wenn keiner vorhanden ist, die Fahrbahn genutzt werden. An Ampeln zählt, falls existent, das Signal für Radler oder ansonsten das für den fließenden Verkehr.
+++ Folgen Sie der WAZ Gladbeck auch auf Facebook+++
Die Fachleute verweisen auf eine Faustregel im Straßenverkehr: Gegenseitiger Respekt ist das A und O. „Wer mit dem E-Scooter auf Radverkehrsflächen unterwegs ist, muss auf die Radfahrer Rücksicht nehmen und erforderlichenfalls die Geschwindigkeit an den Radverkehr anpassen. Schnelleren Radlern muss das Überholen ohne Behinderung ermöglicht werden.“ Auf gemeinsamen Geh- und Radwegen haben Fußgänger Vorrang und dürfen weder behindert noch gefährdet werden. Wenn nötig, muss auch hier die Geschwindigkeit angepasst werden.
Betrunken unterwegs
Ein aktueller Unfall mit einem E-Scooter im Kreis Recklinghausen mag exemplarisch für weitere stehen. Ein 41-Jähriger ist am Mittwoch verunglückt und hat sich dabei schwere Verletzungen zugezogen.
Weil der Mann aus Recklinghausen betrunken wirkte, wurde noch vor Ort ein Atemalkoholtest durchgeführt. Das Gerät bestätigte die Vermutung. Außerdem besteht der Verdacht, dass der 41-Jährige „berauscht“ unterwegs war – also zuvor Drogen genommen hat. Deshalb nahm ihm ein Arzt Blut ab. Der Verletzte wurde mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht.
Der Sachschaden wird auf etwa 200 Euro geschätzt. Die Polizei weist ausdrücklich darauf hin: „Für E-Scooter-Nutzer gelten die selben Alkoholgrenzwerte wie für Autofahrer.“
Ein Tabu ist, sich an fahrende Fahrzeuge anzuhängen oder freihändig zu fahren. Ebenfalls verboten: unterwegs die Benutzung eines Handys. Bei Alkohol und Drogen gelten die gleichen strengen Bestimmungen wie für Autofahrer. „Fahrer unter 21 Jahren und Führerscheinneulinge in der Probezeit dürfen also gar keinen Alkohol trinken, wenn sie mit dem E-Scooter unterwegs sind“, erläutert Polizeihauptkommissar Heitkamp.
Auch interessant
Bei Verbotszeichen für Kraftfahrzeuge darf dort mit einem E-Scooter nur gefahren werden, wenn dies durch ein Zusatzzeichen – rechteckiges Schild mit Piktogramm eines Rollers mit Stromkabel und dem Wort „frei“ – ausdrücklich erlaubt wird. Besteht ein Verbot für Radfahrer oder für alle Fahrzeuge, gilt dies auch für E-Scooter. Diese müssen dann geschoben werden.
Annette Achenbach: „Je nach Bedarf ist eine Wiederholung dieses Aktionstags denkbar. Er könnte auch in einer anderen Stadt durchgeführt werden.“