Geiseldrama Gladbeck: Netflix-Doku zeigt drastische Bilder
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Gladbeck. Banküberfall, Geiselnahme, Todesschüsse: Die Gangster Rösner und Degowski sind durch eine Doku erneut im Fokus. Das sagen Gladbecker dazu.
Auf Netflix ist aktuell eine Dokumentation über das Gladbecker Geiseldrama zu sehen – mit Bildern, die unter die Haut gehen. Zeitzeugen des Kriminalfalls, der am 16. August 1988 mit einem Überfall auf die Filiale der Deutschen Bank in Rentfort-Nord begann, werden sich unweigerlich an die schrecklichen Ereignisse erinnern, die letztlich drei Menschen das Leben gekostet haben. Wer nicht dabei war, der erlebt beim Anschauen des Film eine erschütternde Reise zurück in der Zeit.
Ein Blick auf den Online-Dienst Google Trends zeigt, der Film „Gladbeck: Das Geiseldrama“ wird in der Stadt geschaut. Das zeigen die Suchbegriffe, die aktuell besonders oft in Gladbeck Verwendung finden: „Geiseldrama“, „Rösner“, „Marion Löblich“ (Freundin von Rösner und Mittäterin)… Auf einmal sind die Erinnerungen an die schrecklichen Ereignisse von damals wieder präsent, obwohl das Ganze schon 34 Jahre zurückliegt.
Das Gladbecker Geiseldrama hat traurige Kriminalgeschichte geschrieben
Doch das Gladbecker Geiseldrama hat nicht nur über 54 Stunden die ganze Nation in Atem gehalten, es hat auch traurige Kriminalgeschichte geschrieben. Logisch, dass der Fall immer mal wieder für Dokus und Filme aufgegriffen wird. Sehr zum Leidwesen wahrscheinlich vieler Gladbeckerinnen und Gladbecker, die nicht möchten, dass ihre Heimatstadt nach wie vor mit dem Geiseldrama in Verbindung gebracht wird, das sich ja zudem auch nur einige Stunden auf Gladbecker Boden abgespielt hat. Denn dem Banküberfall mit Geiselnahme folgte eine wilde, mehrtägige Flucht durch Deutschland – und eine weitere Geiselnahme in einem Linienbus in Bremen.
Vor vier Jahren gab es auf ARD einen Film über das Geiseldrama. Keine einfache Kost, denn der Zweiteiler rückte die Opfer und ihre Familien in den Mittelpunkt. Was Netflix nun bietet, ist allerdings noch einmal härter zu verdauen. Die Doku besteht nämlich ausschließlich aus teilweise bislang unveröffentlichten Fernsehbildern, Fotos, Zeitungsseiten, Radio- und TV-Nachrichten sowie Funksprüchen der Polizei.
Die Doku zeigt ungefiltert die Geschehnisse in Gladbeck, Bremen und auf der Flucht
Bewusst roh zusammengeschnitten geben die Bilder ungefiltert das Geschehen von damals wieder. Und bei einigen Szenen – zum Beispiel dem verzweifelten Kampf der Rettungssanitäter und Ärzte um das Leben des im Bus angeschossenen Emanuele De Giorgio – fragt man sich unweigerlich, ob das in der Länge sein musste. Der schwer verletzte 15-Jährige starb kurze Zeit später im Krankenhaus.
Die Macher der Netflix-Doku verzichten ganz bewusst auf eine Einordnung des Geschehens, keine Stimme aus dem Off dokumentiert die Bildfetzen und Filmsequenzen. Es gibt keine im Anschluss an das Geiseldrama gedrehten Interviews mit Zeitzeugen, keine Wiedergabe von Experten-Meinungen. So bleibt der Zuschauer ganz allein beim Betrachten der Bilder. Das Verhalten der Polizei, das Agieren der unzähligen Journalisten in dem 54 Stunden währenden Kriminal-Drama – dem Betrachter bleibt es allein überlassen, ein Urteil darüber zu fällen.
Das sagen die Gladbeckerinnen und Gladbecker zu der Netflix-Doku über das Geiseldrama
Einige Gladbecker, die sich die Doku bereits angeschaut haben, tun dies auch in den Kommentaren unter einem Bildpost zum Geiseldrama auf der Facebookseite der WAZ Gladbeck. Max König beispielsweise schreibt: „Super Dokumentation. Alles Original-Aufnahmen. Erschreckend, wie die Polizei versagt hat, leider!“
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Diese Ansicht vertritt auch Marc Gräber (AfD Gladbeck): „An sich ist es eine gut gemachte Dokumentation, die zeigt, wie sowohl Polizei, Politik als auch Journalisten auf ganzer Linie sowohl fachlich als auch menschlich in Gänze versagt haben. (...)“ „Leider gehört das zu Gladbeck. Aber dass Polizei und Politik so versagt haben, macht mich auch nach Jahren noch sprachlos“, meint Ulrike Jägerin. Die Gladbeckerin erinnert sich noch gut an die Vorgänge in Rentfort-Nord: „Mein Garten war taghell von Hubschraubern beleuchtet. Dann hießt es, sie fahren dorthin oder stehen dort – furchtbar!“
Bürgermeisterin Weist: „Wir können dieses tragische Ereignis nicht leugnen“
Auch Bürgermeisterin Bettina Weist äußert sich auf Anfrage der Redaktion. „Ich bedaure es sehr, dass unsere so lebenswerte Stadt nach über 30 Jahren immer noch mit dem Geiseldrama verbunden wird. Die Dokumentation auf Netflix habe ich gesehen. Die schrecklichen Bilder machen mich immer noch sehr betroffen und fassungslos“, sagt die Bürgermeisterin. Und: „Wir Gladbeckerinnen und Gladbecker können dieses tragische Ereignis aber nicht leugnen, müssen eine Berichterstattung darüber akzeptieren und offen damit umgehen – auch wenn sich der Ort des Geschehens durch den Abriss des Hochhauses mittlerweile deutlich gewandelt hat.“
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