Gladbeck. Im Stadtrat wurde intensiv über den juristischen Kampf gegen das Windrad auf dem Mottbruch diskutiert. Und der Streit soll fortgesetzt werden.
Der Rat der Stadt Gladbeck stellt seinen Kampf gegen das Windrad auf der Mottbruchhalde doch nicht ein – zumindest vorläufig noch nicht. Man will mit einer endgültigen Entscheidung bis zur nächsten Ratssitzung im September abwarten: Ob das Oberverwaltungsgericht (OVG) die Berufungsklage überhaupt annehmen wird, und ob sich die Steag-Tochter „Gladbeck-Wind GmbH“, die das Windrad betreibt, an der Umgestaltung der Mottbruchhalde und seiner benachbarten Halden zur angestrebten Haldenwelt (finanziell) beteiligt.
Für dieses Vorgehen sprachen sich alle Fraktionen aus, auch, weil tags zuvor vom Betreiber Steag ein Angebot an Verwaltung und Politik mit dem Bekenntnis zur Haldenwelt und dem Angebot zu Gesprächen gerichtet worden war. Dem wollen sich auch die Grünen nicht verschließen, forderten dennoch als einzige Fraktion vergeblich einen sofortigen Ausstieg aus dem juristischen Streit. Alle anderen Fraktionen waren anderer Meinung, obwohl auch die Verwaltung „durch die Blume“ (so Grünen-Ratsfrau Ninja Lenz) zu erkennen gegeben hatte, dass ein juristischer Erfolg vage ist – und Stadtbaurat Dr. Volker Kreuzer sogar schon erste Skizzierungen einer Haldenwelt-Planung bei Integration des Windrads vorstellte.
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Erfolgsaussichten vor dem OVG sind nach Einschätzung der Stadt „offen“
Selbst bei einem Erfolg vor dem Oberverwaltungsgericht, der offen sei, so Rechtsdezernentin Linda Wagner, sei ungewiss, ob am Ende das Windrad abgebaut werden müsste. Auch eine von der Stadt beauftragte Rechtsanwaltskanzlei war zu der Ergebnis gekommen, dass eine dauerhafte Stilllegung „nicht sehr wahrscheinlich“ sei. Bürgermeisterin Bettina Weist hatte angemerkt, das Windrad könne ein „integraler Bestandteil“ der Haldenwelt werden, wies aber auch darauf hin, dass die Verwaltung die Entscheidung des Rates vom Februar 2019 (Ausschöpfung aller juristischen Möglichkeiten) umzusetzen habe, solange es keine neue Entscheidung gebe.
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Die SPD betonte, vor einer Entscheidung zunächst die Meinung der betroffenen Bürger (vor allem in Brauck) einholen zu wollen und die Chance zu nutzen, mit der „Gladbeck Wind“ zu sprechen, so Fraktionschef Wolfgang Wedekind, der allerdings auch zugab, dass bei einer Berufung vor dem OVG „ein zentraler Angriffspunkt wohl nicht mehr besteht“. CDU-Fraktionsvorsitzender Dieter Rymann sagte, „an der Situation habe sich nichts geändert, die Chancen vor Gericht stehen 50:50.“
SPD und CDU wollen die Frage der Planungshoheit der Stadt geprüft wissen
Er machte klar, dass es seiner Fraktion vor allem um die Frage der Planungshoheit der Stadt gehe, die im Windrad-Fall vom Kreis missachtet worden sei. „Gehen wir den juristischen Weg nicht weiter, wäre das ein Präzedenzfall, und der Kreis könnte auch bei anderen Themen die Entscheidung an sich reißen.“ Rymann weiter: „Wir wollen wissen, ist die Planungshoheit der Stadt verletzt worden oder nicht.“ Die AfD meinte ebenso, ein weiterer Rechtsstreit sei „nicht komplett aussichtslos“. Auch Linke, ABD und FDP sprachen sich dafür aus, die Entscheidung über einen Rückzug vom Klageweg zu vertagen. Michael Tack (FDP): „Wir sollten erst mit der Wind-GmbH verhandeln und dann entscheiden.“
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Die hatte Verwaltung und Politik mit ihrer Kontakt-Offensive vor der Sitzung überrascht. Das Unternehmen, das zum Steag-Konzern gehört, wolle „das Bekenntnis unterstreichen“, dass die Stadt rings um die Mottbruchhalde die Haldenwelt „realisieren kann und soll“. Windrad und Haldenwelt müssten sich nicht ausschließen. Das Projekt sei der „Gladbeck Wind“ willkommen, und man wolle sich mit der Stadt über konkrete Realisierungsmöglichkeiten austauschen, heißt es in dem Brief.
Die Grünen wollen sofortiges Aus des juristischen Streits
Für die Grünen ist das Windrad bereits jetzt ein Bestandteil der Haldenwelt, wie Fraktionschefin Ninja Lenz im Rat betonte. Sie forderte für ihre Fraktion den sofortigen Ausstieg aus dem juristischen Verfahren – vergeblich, der Antrag wurde abgelehnt. „Es wirkt trotzig, weiter zu klagen“, so Lenz, die der Verwaltung Geldverschwendung vorwarf. „Die Klage ist absolut aussichtslos“, rief Lenz in den Ratssaal, fand damit aber bei den anderen Fraktionen kein Gehör.
Schon fast 160.000 Euro ausgegeben
Die Stadt Gladbeck hat bislang für den Rechtsstreit um das Windrad auf dem Mottbruch mehr als 85.000 Euro an Rechtsanwaltskosten und Gerichtskosten gezahlt. Durch Bauleitplanverfahren und sogenannte Veränderungssperren, mit denen das Windrad planrechtlich verhindert werden sollte, wand die Stadt zusätzlich mehr als 68.000 Euro auf, für weitere Gutachten noch einmal fast 4300 Euro. Diese Zahlen nannte die Verwaltung auf Anfrage der Grünen.
Der alte Rat hatte im Februar 2019 beschlossen, mit allen juristischen Mitteln Klage gegen den Kreis Recklinghausen zu führen, der das Windrad genehmigt und damit nach Auffassung der Stadt die Planungshoheit des Gladbecker Rates missachtete. Die Klage wurde im März 2022 vom Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen abgewiesen, zuvor war die Stadt bereits in einem Eilverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster gescheitert. Um die Frist zu wahren, legte die Bürgermeisterin gegen das Urteil des VG Berufung ein. Bis zum 7. Juni muss die Begründung beim OVG vorliegen.