Gladbeck. Die Grünen ziehen ihren Antrag auf Klagerücknahme gegen die Baugenehmigung des Kreises zurück. Die Stadt stellt nun Eilantrag gegen den Baustart.

Die Stadtverwaltung wird am kommenden Montag den von ihr bereits angekündigten Eilantrag gegen den Baubeginn des Windrads durch die Steag AG auf der Mottbruchhalde in Gladbeck stellen. Der neue Rat der Stadt hat am Donnerstagabend in einer mehr als einstündigen, sachlichen Diskussion bekräftigt, bei der Entscheidung des alten Rates zu bleiben, „mit allen Mitteln“ gegen die Genehmigung der Windkraftanlage in Brauck durch die Kreisverwaltung vorzugehen.

Zwar gab es keine förmliche Entscheidung darüber, allerdings hatte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen , die das Thema per Dringlichkeit auf die Tagesordnung gehoben hatte, ihren Antrag auf Rücknahme der Klage am Ende der Debatte zurückgezogen. Nach den Redebeiträgen – vor allem aus den beiden großen Fraktionen SPD und CDU – war klar geworden, dass ein solcher Beschluss keine Mehrheit finden würde. So hat die Entscheidung des Rates vom Februar 2019 weiter Bestand. Gleichwohl bleibe seine Fraktion, so Grünen-Ratsherr Bernd Lehmann am Rande der Ratssitzung zur WAZ, bei der Forderung, die Klage zurückzunehmen.

Stadtbaurat: Notfalls bis zum Bundesverwaltungsgericht

Der Rat der Stadt Gladbeck diskutierte rund eine Stunde über die von der Steag geplante Windkraftanlage auf der Mottbruchhalde. Ratssitzung Stadthalle 19. Dezember 2020
Der Rat der Stadt Gladbeck diskutierte rund eine Stunde über die von der Steag geplante Windkraftanlage auf der Mottbruchhalde. Ratssitzung Stadthalle 19. Dezember 2020 © Stadt Gladbeck

Die Verwaltung hatte das Einreichen des bereits vorbereiteten Eilantrags beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zunächst zurückgestellt, um die Meinung des neuen Rates mit den neuen Fraktionen abzuwarten. Stadtbaurat Dr. Volker Kreuzer machte für die Verwaltung zu Beginn der Debatte deutlich, dass man keinen Grund sehe, auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Kreisentscheidung und damit der Windradgenehmigung zu verzichten. Dazu gehöre der Eilantrag, der sich gegen die zusätzliche Anordnung in der Baugenehmigung über den „sofortigen Vollzug“ des Baus und damit gegen den Start der Bauarbeiten richtet. „Lassen Sie uns juristisch Klarheit schaffen, lassen Sie die Gerichte entscheiden.“ Notfalls bis zum Bundesverwaltungsgericht.

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Für die CDU betonte Jurist und Ratsherr Jörg Baumeister, dass es um nichts weniger als um die Planungshoheit der Stadt und die eigenverantwortliche Arbeit des Rates gehe, die durch eine „Überrumpelungsaktion bei Nacht und Nebel“ durch den Kreis angegriffen wurden. Hier bestehe juristischer Handlungsbedarf. Der Eilantrag sei die logische Konsequenz der anhängigen Klage vor dem Verwaltungsgericht. Dieser Schritt sei nötig, damit es überhaupt noch zu der juristischen Überprüfung komme.

SPD: Ein Klageverzicht entwaffnet die Stadt

SPD-Fraktionschef Wolfgang Wedekind sagte, auf die Klage zu verzichten, entwaffne die Stadt: „Einem Verzicht auf die Klage können wir nicht zustimmen.“ Letztlich wolle man das Beste für die Menschen in Brauck herausholen. Linke-Fraktionschef Olaf Jung sagte, das riesige Windrad sei eine „Industrieanlage“ und eine Belastung für die Braucker. „Die kann man nicht mit Schmankerln versüßen.“

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Jung sprach den Vorschlag der Grünen an, mit der Steag über eine freiwillige „Zuwendung“ des Windradbetreiber von 0,2 Cent pro Kilowattstunde zu reden, die in einen Bürgerfonds für Brauck fließen soll. Bernd Lehmann hatte zuvor das Ja der Grünen zum Windrad bekräftigt, angesichts von Klimawandel und Energiewende sei es sinnvoll. Es spare pro Jahr 4700 Tonnen CO2 ein und versorge 3700 Haushalte mit Strom. Die Bürger könnten vom Windrad profitieren, wenn sie die Vorteile spürten – auch über den Fond, der 20.000 Euro jährlich für den Stadtteil Brauck bereit stellen könnte. Darüber soll nun noch einmal im Planungsausschuss geredet werden.

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Super-Windrad 288 Meter hoch

Die Grünen wiesen auch auf rund 35.000 Euro Gewerbesteuer pro Jahr durchs Windrad für den städtischen Haushalt hin. CDU-Ratsherr Baumeister widersprach: Betreiber von Windrädern zahlten oft auf Jahre keine Gewerbesteuer, da die hohen Anfangskosten gegengerechnet würden. Zur Fondabgabe antwortete Baumeister mit einer Frage: Warum sollte Steag etwas freiwillig zahlen, was das Unternehmen nicht zahlen müsse?

Stadtbaurat Kreuzer machte noch einmal die Dimension des „Super-Windrades“ klar: Das Windrad samt Rotorblätter würde rund 200 Meter hoch auf einer Haldenhöhe von etwa 88 Meter gebaut, als 288 Meter über Brauck hinausragen. Zum Vergleich: Der Kölner Dom misst 157 Meter. Ein Rotorblatt des Windrades würde 140 lang sein – das Windrad in Rentfort ist vom Fuß bis zur Rotorspitze insgesamt „nur“ 149 Meter groß.