Gladbeck. Das Bistum kürzt 330.000 Euro für die Finanzierung des Berufskollegs. Der Kreis Recklinghausen will einspringen. Die Politik muss noch zustimmen.

Keine gute Nachricht für die renommierte Johannes-Kessels-Akademie (JKA) in Gladbeck, an der dringend benötigter Nachwuchs für Kindergärten oder Heime ausgebildet wird. Das Bistum Essen sieht sich nicht mehr in der Lage, die Schule wie bisher zu finanzieren. Das gefährdet den Fortbestand des katholischen Berufskollegs in Gladbeck. Die Kreisverwaltung in Recklinghausen hat Bereitschaft signalisiert, helfen zu wollen. Dafür fehlt aber noch die Zustimmung der kommunalen Politik.

Zur JKA gehören zwei Standorte: die Berufskollegs in Essen-Werden mit knapp 400 Auszubildenden und 26 Lehrenden sowie in Gladbeck-Mitte mit rund 400 Auszubildenden und 29 Lehrenden. Die katholische Akademie in Gladbeck liegt an der Allensteiner Straße 22 und gehört architektonisch zum Gebäudekomplex des Alten und Pflege-Heimes Eduard-Michelis-Haus am Rande des Wittringer Waldes. Der Großteil der Schülerinnen und Schüler der privaten katholischen Ersatzschule kommt aus Gladbeck, Bottrop, Gelsenkirchen und Essen, zudem aber auch aus Dorsten bis hinauf ins Münsterland.

Lesen Sie auch

Gladbecker Politiker zeigen sich erschüttert und bestürzt von der Nachricht

Norbert Dyhringer (SPD), stellvertretender Bürgermeister der Stadt Gladbeck, zeigt sich erschüttert über die finanziellen Schwierigkeiten, die den Fortbestand der Johannes-Kessels-Akademie gefährden.
Norbert Dyhringer (SPD), stellvertretender Bürgermeister der Stadt Gladbeck, zeigt sich erschüttert über die finanziellen Schwierigkeiten, die den Fortbestand der Johannes-Kessels-Akademie gefährden. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Der Schulleiter des Gladbecker Standortes, Matthias Schwark, stellte dem Schulausschuss in jüngster Sitzung das Schulprofil vor. Das Berufskolleg bildet Sozialassistentinnen (für Familien- und Heilerziehungspflege), Kinderpflegerinnen, Erzieherinnen (auch plus Abitur), praxisintegrierte Erzieherinnen (PiA) aus, und es ermöglicht das Fachabitur mit Berufspraktikum für die Fachhochschulreife. Die Auskunft zur existenzbedrohenden Lage schockte die Gladbecker Schulpolitik.

+++ Folgen Sie der WAZ Gladbeck auch auf Facebook+++

„Wir sind erschüttert, dass es so eine Situation gibt“, sagte Norbert Dyhringer (SPD, Sozialverbände). „Wir brauchen Erzieher und suchen dringend qualifizierte Kräfte für die Einrichtungen. Der Schulstandort hat einen guten Ruf und ist für Gladbeck ein Pfund, das wir gerne halten wollen.“ Jörg Baumeister (CDU) sprach sich auch für die Akademie aus: „Wir nehmen mit großer Bestürzung die Fakten zur Kenntnis, dass die Schule perspektivisch finanziell gefährdet ist, und hoffen, dass sich ein anderer Träger findet.“ Es sei „absolut notwendig den Schulstandort aufrecht zu halten“, da es auch nicht machbar sei, „dass das Gladbecker Berufskolleg eine Einrichtung in dieser Größe übernehmen und integrieren kann“.

330.000 Euro Zuschuss des Bistums Essen fehlen für die Johannes-Kessel-Akademie

Caritasdirektor Björn Enno Hermans (Essen), zudem Vorstandsvorsitzender des Johannes-Kessels-Akademie e.V., hofft auf politische Unterstützung aus Gladbeck und finanzielle Hilfe des Kreises Recklinghausen.
Caritasdirektor Björn Enno Hermans (Essen), zudem Vorstandsvorsitzender des Johannes-Kessels-Akademie e.V., hofft auf politische Unterstützung aus Gladbeck und finanzielle Hilfe des Kreises Recklinghausen. © FUNKE Foto Services | Carsten Klein

Für 2022 ist die Finanzierung des Gladbecker Standortes gesichert. Die Gladbecker Politik ist nun gehalten, über ihre Kreistagsmitglieder die Zukunft der Johannes-Kessels-Akademie durch finanzielle Beteiligung des Kreises Recklinghausen zu stützen.

Stadt kann die Trägerschaft nicht übernehmen

Die Johannes-Kessels-Akademie ist ein katholisches Berufskolleg und eine staatlich genehmigte Ersatzschule der Sekundarstufe II im Berufsfeld Sozial-und Gesundheitswesen.

Träger der Einrichtung ist der Johannes-Kessels-Akademie e.V., der dem Diözesan Caritasverband des Bistums Essen angeschlossen ist. Mitglieder sind die örtlichen Caritasverbände im Bistum Essen und der Kita Zweckverband.

Träger eines Berufskollegs können laut Schulgesetz nur kreisfreie Städte und Kreise sein. Die Stadt Gladbeck kann auch nicht als öffentlicher Schulträger für die Johannes-Kessels-Akademie einspringen, da sie keine Ersatzschulen errichten oder betreiben darf.

Der Rat der Stadt Essen hat bereits beschlossen, die JKA am Standort Essen-Werden mit einer jährlichen Zuwendung von 350.000 Euro bis 2026 zu unterstützen und so den Schulbetrieb zu sichern.

Auf Anfrage der WAZ bestätigte der Vorstandsvorsitzende des Trägervereins Johannes-Kessels-Akademie, Prof. Björn Enno Hermans, dass Anfang Januar bei einer Gesprächsrunde im Kreishaus „grundsätzlich Einigkeit über den Bedarf und die Notwendigkeit eines Fortbestandes des katholischen Berufskollegs in Gladbeck bestanden hat“. Teilnehmer waren neben dem JKA e.V. Vertreter der Bezirksregierung Münster, der Stadt Gladbeck und des Kreises Recklinghausen. Der Kreis habe die Absicht erklärt, die notwendige Beteiligung an der Finanzierung für die Jahre 2023 bis 2026 sicherstellen zu wollen, so der Direktor des Caritasverbandes der Stadt Essen. Voraussichtlich wird das Thema in die Fachausschüsse des Kreistages nach den Sommerferien eingebracht.

Hermans stellte der WAZ dar, um welche Beträge es geht. Das Bistum Essen habe aufgrund von Einnahmenrückgängen angekündigt, die Bezuschussung über den Diözesanverband ab 2023 von der bislang gewährten Summe von 660.000 Euro für beide Standorte bis 2027 um die Hälfte auf den Sockelbetrag von 330.000 Euro abzuschmelzen (davon 165.000 Euro für Gladbeck). Hermans: „Daraus ergibt sich ein jährlich größeres Delta des Eigenanteils, der nicht gedeckt ist.“ Finanzielle Unterstützung des Kreises sei somit auch über 2026 hinaus nötig. „Ohne kommunale Zuschüsse ist die Existenz der Schule, oder ihre bisherige Größe gefährdet.“ Das nächste Treffen der Teilnehmer der Januarrunde sei unmittelbar nach den Osterferien am 26. April vorgesehen. Dann werden die konkreten Inhalte zur Vorbereitung der Beschlussunterlagen für die Kreistagspolitik besprochen.

Im Jahr 2016 wurde das 50-jährige Bestehen der Johannes-Kessels-Akademie mit Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck groß in St. Lamberti gefeiert. Allgemeine Einnahmerückgänge des Bistums belasten jetzt auch die Finanzierung des katholischen Berufskollegs.
Im Jahr 2016 wurde das 50-jährige Bestehen der Johannes-Kessels-Akademie mit Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck groß in St. Lamberti gefeiert. Allgemeine Einnahmerückgänge des Bistums belasten jetzt auch die Finanzierung des katholischen Berufskollegs. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann