Gladbeck. Die Bereitschaft, Kriegsflüchtlinge aufzunehmen, ist auch in Gladbeck groß. Doch dabei ist einiges zu beachten, wie ein Psychologe erklärt.

„Es ist super, wenn sich Menschen engagieren und bereit sind, Geflüchtete bei sich aufzunehmen. Man sollte sich jedoch im Klaren sein, dass es um mehr geht, als nur ein Zimmer oder eine Wohnung zur Verfügung zu stellen“, sagt Eike Leidgens. Der Psychologe ist für die Medizinische Flüchtlingshilfe (MFH) in Bochum tätig, mit der die Gladbecker Flüchtlingshilfe seit Jahren zusammenarbeitet.

Wenn Menschen Kriegserlebnisse haben, bedeute das auch psychische Folgen. Ob es direkt eine schwere Traumatisierung, wie eine Posttraumatische Belastungsstörung, ist, wenn Kriegsfolgen oder eine strapazenreiche Flucht erlebt wurden, ergebe die Betrachtung des Einzelfalls. Seit zehn Jahren unterhält die MFH ein Trauma-Therapiezentrum in Bochum und ist seit ihrer Akkreditierung 2008 als eines von drei deutschen Zentren beim Internationalen Dachverband der Therapiezentren für Folterüberlebende (IRCT) international als Therapiezentrum anerkannt.

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Die Menschen brauchen Zeit, um das Erlebte zu verarbeiten

Im Krieg Angehörige zu verlieren, oder in ständiger Sorge zu sein, weil sie im Kriegsgebiet zurückgeblieben sind, bedeute in jedem Fall eine schwere Belastung. Die MFH habe einen integrierten psychosozialen Ansatz, um ihre Klientinnen und Klienten ganzheitlich zu betreuen. Dazu stellt die MFH spezielle Angebote zur Versorgung von Frauen, Männern, Kindern, Familien und unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen bereit.

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Wenn Gesprächsbedarf da ist, „sollte man als Gastgeber offen zuhören“. Die traumatischen Kriegsfolgen in einer Therapie zu bearbeiten, das sollte man Profis überlassen, rät Leidgens. Bedeute: „Wenn die Geflüchteten nicht selbst das Thema ansprechen, sollte dieses nicht aktiv vom Gastgeber forciert werden.“ Denn alle Menschen, die aus so einer Krisensituation kommen, bräuchten Zeit, das Erlebte zu verarbeiten. Anzeichen für ein belastendes Trauma, das wiederum professionelle Hilfe nötig machen könnte, seien „andauernde Angstzustände, Schlafprobleme und Alpträume, die nicht bewältigt werden können. Wir helfen dann gerne vermittelnd weiter“, so der Psychologe.

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Einen Praxisleitfaden zum traumasensiblen Umgang mit Geflüchteten habe der Dachverband, die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF) erstellt. Dieser könne über die Homepage (baff-zentren.org, unter „Themen“ dann „Flucht & Trauma“) als PDF abgerufen werden.