Gladbeck. 1095 Euro verlangt ein angeblicher Elektriker nach einem Stromausfall von einer Mieterin in Gladbeck. Unter Druck gibt sie ihm das Geld sofort.
Eine 77 Jahre alte Frau aus Gladbeck ist offenbar Opfer von Betrügern geworden. Sie möchte namentlich nicht genannt werden, aber andere Menschen warnen. Es ist freitags gegen 16.30 Uhr, als es in ihrer Wohnung plötzlich dunkel wird. Auch das Telefon und sämtliche elektrischen Geräte funktionieren nicht mehr. Bei ihren Nachbarn im Mehrfamilienhaus ist alles in Ordnung, nur ihre Wohnung ist vom Stromausfall betroffen.
Die Gladbeckerin versucht, die Elektrofirma Schwalvenberg zu erreichen, doch da meldet sich niemand. Die pensionierte Schulleiterin und noch immer aktive Diplom-Psychologin hat keinen Internetanschluss, bittet deshalb eine Nachbarin zur Hilfe. Die schreibt ihr nach kurzer, nicht mehr nachvollziehbarer Recherche eine Handynummer auf, im Glauben, es handele sich um die Notfallnummer der Firma Schwalvenberg.
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Die 77-Jährige ist sehr erleichtert, als ihr der Gesprächspartner versichert, er werde ihr gleich einen Mitarbeiter schicken. „Um 17.30 Uhr hat mich dann ein angeblicher Elektriker auf dem Handy angerufen und gesagt, er komme gleich, sei aber als freiwilliger Feuerwehrmann noch bei einem Schwelbrand im Einsatz“, erzählt die Frau im Gespräch mit der WAZ.
Der „Elektriker“ verlangt einen Aufschlag von 50 Prozent
Etwa eine Stunde später kommt der „Elektriker“ – und kündigt ihr sofort an, sein Einsatz werde teuer, weil nach 18 Uhr ein 50-prozentiger Aufschlag fällig werde. Auf ihre wiederholte Nachfrage versichert er ihr, er kooperiere mit der Firma Schwalvenberg.
Die 77-Jährige zeigt ihm den Zählerkasten im Keller, er erklärt ihr, drei Sicherungen müssten ausgetauscht werden, er geht zum Auto, sie zurück in ihre Wohnung. Wenig später ist auch er wieder da, verunsichert die Frau weiter, indem er sagt, sie solle alle Stecker ziehen und vom Sicherungskasten fernbleiben, die Situation sei gefährlich. Reparieren könne er den Schaden nicht, er werde die „Stadtwerke Gladbeck“ anrufen.
Die Mieterin geriet in Panik und gab dem Mann den geforderten Betrag
„Sie kommen in 60 bis 90 Minuten“, sagt er nach einem kurzen Telefonat (mit wem auch immer) – und dann präsentiert er der Frau die Rechnung: 1095 Euro! Das Geld verlangt er in bar. „Ich habe zuerst behauptet, ich hätte so viel Geld nicht im Hause, aber er hat immer wieder gefordert: Holen Sie mir das Geld! Ich bin in Panik geraten. Ich war ja ganz allein mit dem Mann in der Wohnung, wo nur ein paar Kerzen für etwas Licht sorgten, und mein Handy-Akku war fast leer.“
Die Polizei ermittelt
Jetzt ermittelt die Polizei, denn sowohl die Geschädigte als auch die ELE haben Anzeige gegen Unbekannt erstattet. ELE-Pressesprecher Peter Efing: „Wir mussten am nächsten Tag den Zähler auswechseln, weil er beschädigt worden war.“
Efing rät, in vergleichbaren Fällen an Wochenenden, Feiertagen und werktags nach 16 Uhr den für Bottrop und Gladbeck zuständigen Elektro-Notdienst unter 02041/1879-20 anzurufen. Auch die Notfallnummer der ELE Verteilnetzt GmbH 0209/16530 sei rund um die Uhr erreichbar.
In ihrer Verzweiflung holt sie eine Nachbarin zur „Verstärkung“, und die rät ihr, lieber zu bezahlen, damit nicht Schlimmeres passiere. „Ich konnte überhaupt nicht mehr klar denken, habe ihm das Geld gegeben, und er verließ die Wohnung.“ Zurück bleiben die dunkle Wohnung und die Rechnung der Firma „Haustechnik M. Oltenau“ aus Essen: 188 Euro Einsatz- und Betriebskostenpauschale, 69 Euro pro angefangene 15 Minuten, also 276 Euro pro Stunde plus 50-prozentiger Aufschlag, 88 Euro für drei Sicherungen. Gesamt: 920 Euro plus Mehrwertsteuer.
Die Firma ist auch bei der Kreishandwerkerschaft in Essen nicht bekannt
„Völlig unrealistisch, Wahnsinn“, urteilt Jörg Schwalvenberg im Gespräch mit der WAZ. Normal seien 55 Euro netto pro Stunde, und eine Sicherung koste etwa acht Euro. Der Inhaber der Gladbecker Elektrofirma kennt keine Firma Oltenau, kann sich auch den Zusammenhang zwischen seinem Unternehmen und der ominösen Handynummer nicht erklären. Auch bei der Kreishandwerkerschaft in Essen ist eine Firma Oltenau nicht bekannt, erfuhr die WAZ auf Anfrage. Man werde der Sache, in Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt und der Handwerkskammer, nachgehen.
Nachdem sich die 77-Jährige etwas von ihrem Schock erholt hatte, rief sie übrigens die Emscher Lippe GmbH (ELE) an. Kurze Zeit später kam ein Elektriker – und nach wenigen Minuten war der Stromausfall behobenen.
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