Gladbeck. Lena Kawohl und Nils Krajuschek engagieren sich in der Kath. jungen Gemeinde Gladbeck. Sie sprechen über Respekt, Frauen in der Kirche, Ziele.

Lena Kawohl (22) und Nils Krajuschek (24) engagieren sich ehrenamtlich in der Katholischen jungen Gemeinde (KjG) Gladbeck. Die WAZ sprach mit ihnen über ihre Motivation, Demokratie, Frauen in der Kirche und Ziele.

WAZ: Wie sieht Eure Arbeit in der KjG aus?

Kawohl: Ich bin seit 2015 aktiv in der KjG aktiv. Ich bin Gruppenleiterin und plane die Sommerfahrten und die Aktionen mit, die wir etwa einmal im Monat machen. Das sind zum Beispiel Ausflüge, für jede Altersstufe ist was dabei.

Krajuschek: Ich bin Teil der Ortsleitung. Im Moment plane ich die Sommerfahrt für 2022.

Wohin soll’s gehen?

Krajuschek: Nach Dänemark. Das war schon 2020 unser Ziel, da mussten wir die Fahrt leider absagen. In diesem Jahr haben wir nach Kindern und Jugendlichen aufgeteilt und zwei kleinere Fahrten daraus gemacht.

Demokratie ist bei uns ein großer Anker im Verband

Welche Altersgruppe ist die Zielgruppe? Sind das Kommunionskinder?

Krajuschek: Auch, die Kinderstufe ist etwa ab sechs, die für Jugendliche ab 13 Jahren. Die meisten Angebote sind eher für Kinder ab zwölf. Für die jüngeren haben wir im Advent zum Beispiel das Weihnachtsfilm-Kino in der Johanneskirche.

Welcher Film ist es denn diesmal?

Krajuschek: Das wird spontan entschieden, je nach dem, worauf die Kinder Lust haben. Bei uns läuft fast alles über Kindermitbestimmung. Demokratie ist bei uns ein großer Anker im Verband, als Teil unserer politischen Bildung. Wir sagen nicht: Nur weil ihr Kinder seid, bestimmen wir alles. Auch wenn es etwas Banales, wie die Filmauswahl, ist.

Die Aktionen hören sich weniger nach Kirche als nach Freizeit an...

Kawohl: Da unterscheiden wir uns von den Messdienern, weil wir wirklich mehr die Freizeit gestalten wollen. Klar, wir versuchen auch, teilweise Bezüge zum Glauben herzustellen, aber nicht so viel. Auf den Fahrten feiern wir meist einen Gottesdienst und beten vor dem Essen.

Krajuschek: So was wie: „Heute freuen wir uns, dass wir was zu essen haben und sind dankbar.“ Es ist mehr ein Impuls als die allgemeine Vorstellung von streng katholisch. Das ist immer ein schwieriges Bild.

Damit könnt Ihr Euch nicht identifizieren?

Krajuschek: Das muss jeder für sich entscheiden, aber der Verband KjG steht nicht hinter streng katholischen Dogmen.

„Altbackene Traditionen oder typische Geschlechterhierarchien finden bei uns nicht statt“

Sondern?

Krajuschek: Wir leben Offenheit und Toleranz. Vor allem auch Demokratie, was in der Kirche ja nicht unbedingt großgeschrieben wird.

Kawohl: Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern, egal, welche Religion man hat oder welche Vorlieben.

Habt Ihr das Gefühl, damit in der Gemeinde auf Widerstand zu stoßen?

Krajuschek: Selten, zumindest auf Ortsebene nicht. Es gibt auf Bundesebene, wo es sehr kirchenpolitisch wird, Themen, bei denen die Meinungen weit auseinander gehen. Auf Ortsebene ist das jüngste Thema, das mir einfallen würde, dass unsere Regenbogen-Fahnen aus Sicherheitsgründen wieder vom Kirchturm genommen wurden (siehe Info-Box), aber dann doch gehisst wurden.

Könnt Ihr beschreiben, wo Ihr abweicht von Dingen, die man vielleicht mit Katholizismus in Verbindung bringen würde?

Krajuschek: Sachen wie altbackene Traditionen oder typische Geschlechterhierarchien finden bei uns nicht statt, ganz im Gegenteil. Wir haben paritätisch besetzte Ämter.

Kawohl: Es ist ausgeglichen, wir achten darauf bei der Besetzung der Ämter und gendern zum Beispiel, damit alle Geschlechter angesprochen sind. Das wird bei uns gelebt.

Sollten Frauen auch Priesterin werden können?

Kawohl: Ich persönlich finde das. Wir spüren hier auch schon den Priestermangel, weil weniger Messen stattfinden und die Priester von einer Messe zur nächsten in verschiedene Kirchen müssen.

Krajuschek: Ich persönliche meine, es ist einfach eine Schande, dass wir immer noch keine weiblichen Priester haben und es immer noch das Zölibat gibt.

Protest gegen Papst-Dekret

Die KjG in Gladbeck hatte auf ein Dekret des Papstes, das Priester anweist, homosexuellen Paaren eine Segnung zu verweigern, reagiert. Die Aktiven ließen über Nacht Regenbogen-Flaggen vom Kirchturm der Herz-Jesu-Kirche flattern.Die Fahnen drücken Solidarität mit der queeren Community aus. Sie wurden am gleichen Tag wieder abgenommen, jedoch nach einer Abstimmung im Gemeinderat erneut gehisst.

Seht Ihr da einen Konsens in der Gemeinde?

Krajuschek: Es wird bestimmt den einen oder anderen geben, der der Meinung ist, dass das alles seine Richtigkeit hat und von Gott gegeben ist. Aber es heißt auch nicht dauernd aus der Gemeinde: „Die Jugendlichen haben immer nur komische Ideen.“ Man fühlt sich willkommen mit seinen Ideen. Eigentlich freuen sich alle, wenn man Sachen einbringt.

Kawohl: Man bekommt eher Motivation, Zuspruch und Unterstützung, wenn man was machen möchte. Die meisten finden es auch gut, wenn die jüngere Generation sich einbringt. Es ist eines unserer Ziele, mehr junge Leute zu aktivieren.

Was ist denn das Ziel der KjG?

Krajuschek: Wir versuchen, politische Bildung, Nachhaltigkeit und respektvolles Miteinander zu vermitteln.

Kawohl: Dass man aufeinander aufpasst und respektvoll miteinander umgeht, sich unterstützt.

Eure persönliche Motivation ist?

Krajuschek: Ich mache das, wie einige andere auch, weil ich schon als Kind auf Fahrten und Aktionen dabei war, ein Gefühl von Gemeinschaft erlebt habe. Ich möchte gerne etwas zurückgeben. Dafür sorgen, dass die Gemeinschaft für nachfolgende Generationen erhalten bleibt, damit andere ebenfalls im Sommer auf Freizeiten fahren können. Auch Kinder aus Familien, die sich das mit anderen Anbietern vielleicht gar nicht leisten könnten. Bei uns bleibt kein Kind zu Hause. Das ist mein Ziel.

Kawohl: Ich möchte das auch gerne weiterbewahren und etwas zurückgeben. Aber es macht auch viel Spaß: Man hat seinen Freundeskreis hier und hat selbst eine schöne Zeit.

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