Gladbeck. . Der Pfadfinder-Stamm Gladbeck-Mitte feiert am 23. April seinen 70. Geburtstag. Siegmund Andres undWilli Pröse haben eine aufwendige Chronik erstellt.
Eine schickes Outfit mit vielen bunten Abzeichen? Gab’s nicht! Geschweige denn üppige Waschbärmützen und feuerrote Halstücher, wie sie ihre amerikanischen „Pfadfinder-Kollegen“ Tick, Trick und Track, die Neffen Donald Ducks, als „Fieselschweiflinge“ in den Disney-Comics tragen. Doch eines hatten einige junge Männer nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Gladbeck: Zuversicht und den Mumm, etwas zu bewegen, sich für die Natur und ihre Mitmenschen im Sinne der christlichen Nächstenliebe einzusetzen.
Das wollten sie in einer Gemeinschaft tun. So wurde im Januar 1946 der Stamm der St.-Georgs-Pfadfinder in Gladbeck-Mitte neu aus der Taufe gehoben – nachdem die Alliierten die katholische Jugendarbeit zugelassen hatten. Zu den Pionieren jener Tage gehören Willi Pröse (86) und Siegmund Andres (82). Sie sagen heute: „Einmal Pfadfinder, immer Pfadfinder!“ So sehr habe sie das Leben in dieser Gemeinschaft geprägt.
Sinnvolles tun in der Gemeinschaft
Zur Feier des 70-jährigen Stammes-Bestehens haben sie in dreijähriger Arbeit eine umfangreiche Chronik erstellt. Maschinenbau-Ingenieur Andres und Elektromeister Pröse recherchierten, sprachen Weggefährten an, kramten in eigenen Erinnerungen. Das Resultat ist eine reich bebildertes Buch, das ebenso informativ wie spannend ist.
Wer die Nase in die aufwendig gestaltete Chronik steckt, blättert auf 250 Seiten die Historie der (internationalen) Pfadfinder und der Stadt auf – angefangen bei der Geburtsstunde, die im Jahre 1907 auf der englischen Insel Brownsea schlug, bis in die heutige Zeit. Dem Leser begegnen Persönlichkeiten wie dem „Vater“ der Bewegung, General Baden Powell, und Ehrenpfadfinder Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer ebenso wie Menschen, die Gladbeck prägten und Geschichte schrieben.
Arbeit im Untergrund
Wie auch die beiden Katholiken Andres und Pröse als Männer der „ersten Pfadfinder-Stunden“ nach dem Zweiten Weltkrieg. Wobei nicht verschwiegen werden soll: Bereits vorher gab’s eine solche Gruppe, vermutlich bereits um 1925/26. Es existiert ein Foto, das Pfadfinder in kompletter Kluft in einem Lager an der Stadtgrenze zu Kirchhellen zeigt (siehe Bild 2 auf dieser Seite). Anno 1938 erfolgte allerdings die Zwangsauflösung der DPSG (Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg) durch die Gestapo, in den Folgejahren war ein Pfadfindertrupp auf Gladbecker Boden im Untergrund aktiv. Bis schließlich zum Jahr 1946.
Hemden selbst gefärbt
„Wir hatten anfangs keine richtigen Hemden; wir haben sie selbst gefärbt: Hauptsache, sie waren grün“, erinnert sich Pröse. Und Andres sagt mit einem Augenzwinkern: „Ich bin bei Willi angefangen, er war mein Vorbild.“ Ob Erkundungen, Ausflüge, Treffen hierzulande und im Ausland, Musik, Gruppenstunden oder handfeste (Hilfs-) Einsätze in der Natur oder bei Mitmenschen – als Pfadfinder (in leitenden Position) hatten sie stets etwas zu tun. Getreu nach ihrer alten Gesetzen Nummer 3 („Der Pfadfinder ist hilfsbereich), 4 („Der Pfadfinder ist Freund aller Menschen . . .) und 6 („Der Pfadfinder schützt Pflanzen und Tiere“).
Einsatz auf vielen Feldern
Viele, darunter mittlerweile auch weibliche Mitglieder, engagier(t)en sich außerdem in Kirchengemeinden, Vereinen und anderen Gruppen. Eine Herzensangelegenheit sei es gewesen, bei jedem einzelnen das individuelle Talent herauszufinden: „Einer kann gut kochen; der andere gut Zelte aufbauen . . .“ Lange, bevor Umweltschutz überhaupt ein Thema war, bauten Gladbecker Pfadfinder im Jahre 1968 eine eigene „Lichtmaschine“. Was am schönsten war und ist? Die Antwort kommt unisono von den Ehrenpfadfindern: „Die Gemeinschaft! Und dass man sinnvoll seine Freizeit gestaltet!“
Ab 23. April erhältlich
Die Chronik „Stamm Gladbeck-Mitte 1926-1946-2016“ ist ab 23. April für 16 Euro erhältlich bei den Pfadfindern oder über die WAZ-Redaktion an der Horster Straße 10. Vorbestellung: 6 79 93 oder 6 26 66. Der Überschuss aus dem Verkauf geht an die Aktiven des Stammes Gladbeck-Mitte.
Einmal Pfadfinder, immer Pfadfinder - aus der Geschichte
Gottesdienst unter freiem Himmel
Zur Gründungsfeier am Georgstag, dem 23. April, sind alle aktiven und ehemaligen Pfadfinder aus Gladbeck-Mitte eingeladen, ebenso Eltern der Aktiven, Freunde und Ehemalige aus anderen Gemeinden.
Zu Beginn wird ab 17 Uhr eine Feldmesse hinter dem Pfarrheim St. Johannes (Bülser Straße) gefeiert – wenn das Wetter mitspielt, ansonsten wird der Gottesdienst in die Räume verlegt. Um besser planen zu können, bitten die Gastgeber um Anmeldung: Marion Müller-Honerbom, Tel. 02043/93 63 59.