Gladbeck. Der Chef der Lamberti-Pfarrei in Gladbeck hält den Thesenanschlag der Aktivistinnen von Maria 2.0 für wichtig. „Die Kirche muss sich wandeln.“

Erstmals seit über einem Jahr machte am Wochenende die Reformbewegung Maria 2.0 mit einem Thesenanschlag mit Reformforderungen an die katholische Kirche auf sich aufmerksam. Neben der St.-Lamberti-Kirche in Gladbeck-Mitte wurden die Thesen auch an die Türen der Herz-Jesu-Kirche in Zweckel und an die St.-Marien-Kirche in Brauck „geschlagen“. Die WAZ sprach mit Propst André Müller über die Aktion.

Propst Müller, hängen die Thesen noch an der Kirchentüren, oder haben Sie sie abnehmen lassen?

Propst Müller: Ich weiß nicht, ob sie dort noch hängen, aber ich habe nichts dagegen, dass sie dort hängen, von mir aus können sie dort bleiben. Ich habe eine große Wertschätzung für die Aktion, es war und ist ein Zeichen mit großer Wucht, das dort gesetzt wurde. Ich finde den Diskurs, den die Frauen anstoßen, wichtig. Er kommt aus der Mitte der Kirche und macht zu Recht auf einen Reformstau in der Kirche aufmerksam.

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Propst Müller: Die katholische Kirche braucht einen Wandel

Wie bewerten Sie die Reformforderungen der Aktivistinnen?

Die Kirche braucht einen Wandel, da bin ich ganz bei den Frauen. Und zwar einen Wandel nicht nur in Diskussionen, sondern sichtbare, spürbare Konsequenzen. Der Riesentanker Kirche muss sich bewegen, da ist eine Menge Druck im Kessel. Die Kirche kennt keine Gewaltenteilung, aber Bischöfe und Pfarrer müssen Macht teilen, wir sind ein Teil der Gesellschaft und können es nur bleiben, wenn nicht nur Amtsträger das Sagen haben, sondern Frauen und Männer der Gemeinden. Sie sollten und müssten auch bei allem, was wichtig ist, mitdiskutieren und mitabstimmen. Ein Zeichen muss auch beim Zugang von Frauen in kirchliche Ämter gesetzt werden. Und Kirche muss transparenter werden, vor allem auf den Problemfeldern wie sexualisierte Gewalt. Was in Köln passiert, ist schwer zu ertragen.

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Welche Reformansätze verfolgen Sie vor Ort in der Propstei St. Lamberti?

Wir lösen in St. Lamberti schon weitgehend das Thema Mitbestimmung ein. In Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat bestimmen alle Mitglieder mit, nicht der Propst bestimmt. Ich bin entschieden für ein partizipatives Arbeiten, für demokratische Elemente, auch wenn es nach wie vor Gruppen der alten Schule gibt, die – auch in Gladbeck – mehr Leitung und mehr Ansage des Pfarrers fordern. Aber so kann man in Zukunft nicht mehr existieren als Volkskirche. Und was Frauen in der Kirche anbelangt, setzen wir hier in Gladbeck Zeichen, indem Frauen als nächsten Schritt predigen und die Liturgie leiten sollen.