Gladbeck. Wie behindertengerecht ist die Gladbecker Innenstadt? Menschen mit Handicap unternahmen mit der WAZ einen Rundgang – und stießen auf Probleme.

Ist die Innenstadt von Gladbeck behindertengerecht? Wo gibt es neuralgische Punkte? Diese Fragen will die WAZ-Lokalredaktion vor Ort mit Betroffenen und Fachleuten des Behindertenbeirates klären. Daher unternimmt die Gruppe einen Rundgang. Und stößt auf Probleme.

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Vom Treffpunkt Europaplatz aus geht es los. Mit dabei sind Angelika Albrecht-Masur, die seit 15 Jahren unter einer erblich bedingten Sehbehinderung leidet, und Hannelore Eisenberg, die aufgrund einer rheumatischen Erkrankung seit einigen Jahren auf den Rollstuhl angewiesen ist. In ihrer Begleitung: die Beiratsvorsitzende Josi Marten, ihr Stellvertreter Siegfried Schmitz sowie mit Stefan Walter vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) Gladbeck, ein weiteres Vorstandsmitglied, verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit.

Das taktile Blindenleitsystem ist für die einen eine große Hilfe, für andere ein Hindernis

Unter kundiger Führung von Angelika Albrecht-Masur starten alle in Richtung Goetheplatz. Sie orientiert sich dabei mit ihrem Blindenstock am taktilen Blindenleitsystem, das die Stadt bei der Umgestaltung der Fußgängerzone eingefügt hat. Was für die einen eine große Hilfe, ist für die anderen ein Hindernis. Denn Hannelore Eisenbergs Rollstuhl kommt durch die Querrillen des Blindenleitpfades ins Stocken. Sie könnte ausweichen, aber da stehen die Werbeaufsteller der verschiedenen Geschäfte im Wege. Stefan Walter wendet sich direkt an einen der Einzelhändler und bittet ihn, sein Schild etwas beiseite zu rücken, was dieser zusagt.

„Wir weisen schon seit Jahren darauf hin, doch es ändert sich nichts“, beklagt die Rollstuhlfahrerin. Auf dem Rückweg wird sich zeigen, dass sich bis dahin auch der Ladeninhaber noch nicht weiter bewegt hat. So legt Stefan Walter selbst Hand an und schiebt das Schild ein Stück aus dem Weg. Der Blindenleitpfad werde häufig auch von Lieferwagen zugeparkt, lautet ein weiterer Kritikpunkt. „Erst auf dem Weg hierher zum Treffpunkt wäre ich fast auf ein parkendes Auto aufgelaufen“, erzählt Angelika Albrecht-Masur.

Unebenes Pflaster stellt für Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, ein großes Unfallrisiko dar.
Unebenes Pflaster stellt für Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, ein großes Unfallrisiko dar. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die nächste Station ist der Goetheplatz. Anfang der 1980er Jahre gebaut, ist er für jeden Menschen mit Handicap der Horror schlechthin, glaubt man den beiden Gewährsfrauen. Und in der Tat, die unregelmäßigen Pflastersteine des Platzes, von denen einige immer wieder herausragen, bedeuten für die stark sehbehinderte Angelika Albrecht-Masur eine riesige Stolperfalle, und der Rollstuhl von Hannelore Eisenberg kann sie nur schwer bewältigen: „Ich komme nicht auf den Platz, es sei denn, ich könnte den Rollstuhl anheben.“ Also müsse sie richtig Schwung nehmen, „aber manchmal falle ich dabei fast auf die Nase“, sagt sie. Es sei wohl seitens der Stadt seit längerem in der Planung, hier Schadensbegrenzung zu betreiben, heißt es vom Behindertenbeirat, wobei es den drei Vorständlern auch wichtig ist, darauf hinzuweisen: „Die Stadtverwaltung hat uns bei der Umgestaltung angehört und viele Verbesserungsvorschläge aufgenommen“, wie Josi Marten ausdrücklich betont.

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Problem Goetheplatz

Auf Nachfrage bestätigte Christiane Schmidt vom Presseamt der Stadt Gladbeck: „Den Goetheplatz gehen wir an.“ Allerdings sei das Vorhaben eher in der mittelfristigen Planung: „Dann wollen wir vor allem die Bodenbeläge und Laufwege zu den Zugängen und zur Hochstraße anders, also barrierefrei, gestalten.“

Dies sei aber keine Sache, die im kommenden Jahr passieren werde. Die Parksituation trotz der Halteverbote in der Innenstadt, insbesondere am Goetheplatz und an der Schillerstraße, werde vom Ordnungsdienst „relativ häufig“ kontrolliert.

Das Grüppchen kehrt um und geht die Schillerstraße hoch bis an die Kreuzung Buersche Straße. Hier gibt es kaum abgesenkte Bordsteine, was es für beide Frauen mit ihren individuellen Beeinträchtigungen sehr schwierig macht, die Straße zu überqueren. Am Behindertenparkplatz wurde ein Bordstein extra abgesenkt: „Ich hatte die Stadt darum gebeten“, erzählt Hannelore Eisenberg. Dies sei auch erfolgt, „aber auf der verkehrten Seite. Damit kann man nichts anfangen“, erläutert sie. Der Praxistest bringt es an den Tag: Im fußläufigen Stadtverkehr liegt in Gladbeck, mit Blick auf die Bewegungsfreiheit von Menschen mit Beeinträchtigungen, noch so manches im Argen.

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