Gladbeck. In der Neuen Galerie Gladbeck eröffnet Freitag eine neue Ausstellung. „Mit Schall und Rauch“ – so der Titel. Warum das durchaus doppeldeutig ist.
Donnernde Pferdehufe wirbeln Präriestaub auf, Lassoschwingen sirren durch die Luft, Cowboys treiben ihre Pferde zum noch wilderen Galopp an. Rauchende Colts? Nein, die fehlen auf diesem Bild der Künstlerin Justine Otto. Dafür trägt die Ausstellung mit ihren Bildern und Skulpturen in der Neuen Galerie Gladbeck den Titel „Mit Schall und Rauch“. Wie doppeldeutig der zu interpretieren ist, davon können sich die Besucherinnen und Besucher schon bei der Eröffnung am Freitagabend selbst ein Bild machen.
„Mit Schall und Rauch“ – der Titel der Ausstellung in der Neuen Galerie Gladbeck steht nicht nur für das Western-Thema
Cornelius Völker hat die Galerie-Besucher zuvor zwei Monate lang mitgenommen auf einen nächtlichen Garten-Rundgang. Der Szenenwechsel nun ist fast so brutal, wie mancher amerikanische Kuhtreiber vermeintlich im Umgang mit dem zu treibenden Rind erscheint. Künstlerin Justine Otto hat den Ausstellungsraum der Galerie nämlich zur Kulisse für ihren Blick auf den wilden Westen werden lassen. „Mit Schall und Rauch“ – ja, der Titel greift das Thema auf. Gleichzeitig steht „Schall und Rauch“ aber auch für Auflösung und Errichtung, für Demontage und Entstehung.
Justine Otto rüttelt nämlich kräftig am Bild des harten Cowboys, der doch eigentlich lässig mit Zigarettenstummel im Mundwinkel kalten Prärienächten und wütenden Indianerhorden trotzt. Ein absoluter Held eben. Doch der harte Mann erlebt in ihren Werken manchmal eben auch eine ordentliche Demontage. Fans des Marlboro-Manns müssen jetzt aber nicht empört ihr Whiskeyglas auf den Tresen donnern. Dem „Zerlegen“ des klassischen Westernhelden wohnt nämlich nichts Böses inne. Justine Otto demontiert nur, um dann Neues, Ungeahntes entstehen zu lassen. Das geschieht bei ihr wohl immer mit einem Augenzwinkern. „Außerdem“, sagt sie, „ist die Western-Romantik ja wohl auch unumstritten. Und wer sehnt sich nicht, nachdem was hinter uns liegt, nach diesem Freiheitsgefühl, nach einem Abend am Lagerfeuer.“
Künstlerisch geht es um die Demontage männlicher Archetypen
Das Schicksal, das dem klassischen Westernhelden künstlerisch bei Justine Otto widerfährt, teilt er übrigens mit weiteren männlichen Archetypen. Staatsoberhäupter, Generäle – auch sie „verschont“ die Künstlerin nicht. Das Saloonfeeling, das Bilder und Skulpturen im großen Ausstellungsraum schaffen, wird im ehemaligen Lesesaal durchbrochen. Hier fallen beim Betreten erst einmal die kleinen Porzellanfiguren ins Auge, die mittig im Raum stehen – und die beim genaueren Hinschauen irgendwie merkwürdig aussehen.
Für diese Reihe hat Justine Otto bei Ebay Porzellan-Sammelfiguren aus den 50er-Jahren ersteigert. Schonend ist sie dann mit den kleinen Grenadieren nicht gerade umgegangen. Die Soldaten-Figuren wurden nämlich von ihr gnadenlos zertrümmert, um dann mit Epoxidharz und neuer Glasur in ungewohnter Form wieder aus dem Zerstörungsprozess aufzutauchen.
Ausstellungseröffnung und Öffnungszeiten
„Mit Schall und Rauch“ – Die Ausstellung mit Bildern und Skulpturen von Justine Otto wird am Freitag, 5. November, um 19.30 Uhr eröffnet. Zur Ausstellung gibt es eine „Gladbeck Edition“ (860 Euro). Am Abend gilt die 3G-Regel. Bis zu 100 Gäste können teilnehmen. Es wird Wein und Bier gereicht. Einführende Worte spricht Reinhard Lättgen, Vorsitzender des Kunstvereins für den Rhein-Sieg-Kreis. Begrüßung: Sabine Kinner (Vorstandsmitglied der Neuen Galerie) und Bürgermeisterin Bettina Weist.
Die Ausstellung ist dann bis zum 7. Januar 2022 in der Neuen Galerie Gladbeck, Bottroper Straße 17, zu sehen. Öffnungszeiten: mittwochs bis sonntags, 15 bis 20 Uhr. Weitere Informationen auf www.galeriegladbeck.de.
Zum Beispiel mit einem langen Stabauge, das aus einem Soldatenkörper wächst, oder fest umschlossen von schwarzen, morchelartigen Blätterschichten. Die Reihe der Generäle, deren Porträts die lange Wand des Lesesaals dominieren, sind als menschliche Gesichter auf dem schwarzen Hintergrund kaum noch zu erkennen. Dass diese Black-Painting-Serie im von den großen Buntglasfenstern geprägten ehemaligen Lesesaal so gut zu Geltung kommt, das begeistert Justine Otto ganz besonders an der Gladbecker Location.
Justine Otto hat an der Städelschule in Frankfurt am Main studiert
Justine Otto wurde 1974 im polnischen Zabrze geboren. Von 1996 bis 2003 studierte sie an der Staatlichen Hochschule für bildende Künste (Städelschule) in Frankfurt am Main bei Peter Angermann und Michael Krebber und wurde Meisterschülerin im Fach Freie Malerei. Es folgte ein Studienaufenthalt in Italien, der ihre Liebe zur Skulptur weckte. Ihre Werke werden im In- und Ausland ausgestellt. Justine Otto lebt und arbeitet in Hamburg und Berlin.
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