Gladbeck. Zur Ausstellung von Candida Höfer in Gladbeck gibt es einen Katalog. In dem spielt auch der Lesesaal der alten Gladbecker Bücherei eine Rolle.
Dank Candida Höfer wird Gladbeck in letzter Zeit häufig in einem Atemzug mit Paris, Neapel, Rio de Janeiro und Sevilla genannt. Bewirkt hat das ein ganz besonderes Bild der renommierten Fotokünstlerin, deren riesige Arbeiten – imposante Fotografien von altehrwürdigen Bibliotheken in den großen Städten dieser Welt – noch bis Ende Oktober in der Neuen Galerie Gladbeck zu sehen sind.
Heute ist der Lesesaal ein Raum der Neuen Galerie Gladbeck
Tief beeindruckt vom großen Buntglasfenster im früheren Lesesaal der alten Stadtbibliothek, heute ein Raum der Neuen Galerie, hat Candida Höfer nämlich das Fenster fotografiert und zum Teil der Gladbecker Ausstellung „Libraries: The Return“ gemacht. Es hängt im Lesesaal, der abgebildeten Fensterfront gegenüber – und wird so zum Entree für den „Besuch“ der berühmten Bibliotheken, deren großformatige Bilder die Besucher im Ausstellungsraum der Galerie erwarten.
Zur Ausstellung ist auch ein Katalog erschienen, in dem die in Gladbeck gezeigten Werke aus drei unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden. Dem Gladbeck-Bezug von „Libraries: The Return“ wird dabei viel Raum gewidmet. Der Erste Beigeordnete Rainer Weichelt, der lange Jahre das Stadtarchiv geleitet hat, nimmt den Leser mit auf eine Zeitreise: Er beschreibt in seinem Beitrag zum Ausstellungskatalog Entstehung und Bedeutung des ehemaligen Lesesaals der alten Stadtbücherei Gladbeck.
Am 25. Februar 1954 feierte die neue Stadtbücherei im Rathauspark Eröffnung
Am 25. Februar 1954 feierte die neue Stadtbücherei im Rathauspark Eröffnung. Dem Bau der Bücherei kam gleich in doppelter Hinsicht enorme Bedeutung zu. Einmal war eine solche Institution damals für eine reine Bergarbeiterstadt keine Selbstverständlichkeit. Zum anderen wurde kurz nach dem Ende der NS-Zeit mit der Einrichtung der Freihandbibliothek ein deutliches Zeichen gesetzt – für den uneingeschränkten Zugang zu Bildung und Literatur. Im Lesesaal sollten „dem Publikum die Werke und Zeitschriften zugänglich gemacht werden, die man nicht ausleihen kann“, so Weichelt.
Eine öffentliche Bücherei hatte es zwar in Gladbeck bereits während der NS-Zeit gegeben. Sie befand sich im Gymnasium für Jungen, dem heutigen Ratsgymnasium. Allerdings wurde der Lesestoff den Besuchern hier über eine Theke angereicht. Erst in der neuen Freihandbibliothek im Rathauspark konnten die Nutzer zwischen den Regalen umherwandern und sich ihre Literatur ungehindert selbst aussuchen.
Die Fenster des Lesesaals haben Candida Höfer sehr beeindruckt
Der alte Lesesaal, der Jahrzehnte später und schon in seiner neuen Funktion als Teil der Kunstgalerie Candida Höfer so schwer beeindruckt hat, dass sie ihn zum Teil ihrer Präsentation machte, hat bereits bei der Eröffnung 1954 bewundernde Blicke auf sich gezogen.
Auch interessant
Rainer Weichelt zitiert aus einem in der WAZ zur Eröffnung der Bücherei erschienenen Artikel: „Es ging ihnen (den ersten fünf offiziellen Gästen, Anmerkung der Redaktion), wie es allen ergangen war, die den Saal zum ersten mal betraten: Man schließt im ersten Augenblick unwillkürlich die Augen, weiß nicht, was man mehr bewundern soll – die zwei Seiten des Raumes ausfüllenden Fenster, die geschmackvolle Einrichtung – grün, beige und hellgrau gepolsterte Sessel, hellholzfarbene Nierentische, Schutenlampen und Messingleuchter, die mit ihren dünnen, ausladenden Armen wie Spinnen im Raum schweben – oder den neuartigen Fußbodenbelag, der in seiner Farbtönung und Zeichnung fast an Marmor erinnert. Alles das verleiht dem Raum eine eigenartig anheimelnde Atmosphäre, strömt Ruhe und Geborgenheit aus. Eine Oase der Besinnung...“
Bei den älteren Gladbeckern wird diese Beschreibung garantiert viele Erinnerungen wecken.