Gladbeck. Das erste Schützenfest nach dem Corona-Lockdown in Gladbeck erlebt ein kurioses Duell. Der Rentforter Schützenkönig siegt am Ende mit Fotobeweis.
Nicht nur als erstes nach dem Lockdown, sondern auch als längstes mit kuriosem Ausgang wird das Königsschießen 2021 des Schützenvereins Rentfort 1898 e.V. in die Annalen der Gladbecker Schützenvereine eingehen. Denn erst nach einer spontanen Regeländerung, quasi angelehnt an den Videobeweis beim Fußball, konnte in einem spannenden und fairen Schießwettbewerb als neuer König Christoph Schwan ermittelt werden. Zur Königin wählte der Sieger seine Ehefrau, Bärbel I. Schwan.
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Eigentlich waren die Schützen von der Königs-Proklamation gegen 21.45 Uhr ausgegangen. Der letzte Span, das Herz des Schützenvogels, wollte und wollte trotz mehr als 120 Schüssen mit Königsmunition, die nach dem Zapfenstreich geladen wurde, nicht fallen. Der entscheidende Schuss fiel am Freitag erst um 22.55 Uhr, mit Entscheidung des Schießmeisters, der zum Videoschiedsrichter wurde. Bis es so weit war, wurden in einem mehr als vierstündigen Wettkampf insgesamt 325 Schuss auf den sich sträubenden Vogel abgegeben. Beim Ehrenschießen zum Festbeginn konnte auch Bürgermeisterin Bettina Weist als Ehrengast ihre Treffsicherheit beweisen.
Fotobeweis ähnlich der Torkamera beim Fußball
Die nach dem Zapfenstreich vier verbliebenen Königsanwärtern, der amtierende Regent Martin Schmidt, der auf Kaiserwürden hoffte, Christoph Schwan, Max Hagemann und Basti Jäger schenkten sich nichts. Georg Niewerth und David Garbe hatten schon vorher auf die Anwartschaft verzichtet. Allerdings wurden die Lichtverhältnisse mit voranschreitender Zeit am Schießstand immer schlechter. Zudem erschwerte immer wieder einsetzender Regen die Sicht. Obwohl die Feuerwehr das Ziel gut ausleuchtete, machten die Schatten, die die Holzreste des Vogels warfen, den Schützen Schwierigkeiten. Zwar war fast jeder Schuss ein Treffer, doch ein letztes Stück Holz des geradezu pulverisierten Vogels weigerte sich beharrlich zu fallen. Um zum Ende zukommen, wurde vom Schießmeister Christian Langhorst mit Einverständnis der Königsanwärter beschlossen, dass in einem letzten Durchgang derjenige König würde, der noch ein sichtbares Stück des verbliebenen Holzspans herunterschoss. Den Beweis lieferte je Schuss ein Vorher-Nachher-Foto des WAZ-Fotografen Frank Oppitz, ähnlich dem Videobeweis oder der Torkamera beim Profifußball.
Christoph Schwan hatte letztlich die glücklichste Schusshand. Riesenfreude und auch Erleichterung waren dem Vereinsvorsitzenden, der beim vorherigen Schützenfest bekanntlich mit großer Enttäuschung das Nachsehen hatte, anzusehen. Jetzt hat der verdiente Schützenbruder und bisherige Regiments-Oberst endlich auch die Königswürde sicher. Die Inthronisierung des glücklich strahlenden Königspaares wurde durch Protektor Ex-Bürgermeister Uli Roland nach 23 Uhr vorgenommen. Die Festbesucher, darunter Vertreter weiterer Gladbecker Schützenvereinen, versammelten sich vor der Bühne, um dem neuen Regentenpaar der Rentforter Schützen zuzujubeln.
Umfangreiches Hygiene- und Sicherheitskonzept auf dem Festplatz
Schützenparty und Königsparade
Am Samstagabend geht die Schützenparty auf der Bühne an der Festwiese um 19.30 Uhr weiter. Zunächst spielt die Band Lipstick auf. Gegen 23 Uhr soll dann Schlagerstar Anna-Maria Zimmermann die Bühne entern, die im Vorfeld per Instagram schone eine Videobotschaft gesandt hatte, wie sehr sie sich auf ihren ersten Schützenfest-Auftritt nach dem Lockdown freut.
Am Sonntag stellen sich die Rentforter Schützen und Abordnungen der Gastvereine auf der Haldenstraße auf, um dann gegen 15 Uhr im Festumzug durch Rentfort zu marschieren. Die musikalische Begleitung erfolgt mit der Kirchhellener Blasmusik und dem Spielmannszug Holsterhausen-Dorf. Mit anschließender Königsparade gegen 16 Uhr vor der St. Josef Kirche.
Auch wenn hierbei etwas mehr zusammengerückt wurde, hatte das Festkomitee zur Risikominimierung einer Coronainfektion insgesamt für ein umfangreiches Hygiene- und Sicherheitskonzept gesorgt, das von Gesundheitsamt und Stadt Gladbeck genehmigt worden war. Einlass auf den Festplatz erhielt auch angesichts steigender Inzidenz per se nur, wer gesundet, genesen oder geimpft war. Extra engagierte Wachmänner kontrollierten den Zugang. Sicherheitsleute überwachten auch das Festgeschehen und sie wiesen freundlich darauf hin, wenn jemand seine Maske am Bierstand oder beim Überqueren des Platzes vergessen hatte. Auch die Musiker hielten sogar beim Zapfenstreich einen gegenseitigen Sicherheitsabstand ein. Für die Schützen und Besucher waren 30 große offene und somit durchlüftete Pagodenzelte aufgebaut worden, in denen je 20 Besucher an Biertischen saßen. Trotz des kühlen Wetters und einiger Regenschauer herrschte eine grandiose Atmosphäre. „Die Entscheidung, das Königsschießen durchzuführen, ist auch bei anderen Schützenvereinen und den Besuchern auf große Zustimmung gestoßen“, erklärte der alte und neue Adjutant sowie zweite Vereinsvorsitzende David Strahl. Alle Plätze seien ausverkauft.
„Festivalstimmung,“ schwärmte eine Besucherin zum ersten Schützenfest nach dem erneuten Corona-Lockdown 2019. Glücklich waren auch die Gewinner des Insignienschießens: Krone - Heiner Siewerth, Apfel - Benjamin Siewers, Zepter – Georg Niewerth, Linker Flügel - Georg Müller, Rechter Flügel Daniel Garbe. Für die traditionellen musikalischen Töne sorgten die Kirchhellener Blasmusik und der Spielmannszug aus Dorsten-Holsterhausen. Nach der Inthronisierung konnte dann ausgelassen mit dem neuen Königspaar gefeiert werden. Für grandiose Partystimmung sorgte DJ Olli (Oliver Martin) bis tief in die Nacht.
Sympathischer Schlagerstar nimmt sich Zeit für die Fans
Die große Partysause folgte dann am Samstagabend mit 550 Festbesuchern und Stargast Anna-Maria Zimmermann. Die Schlagersängerin begeisterte das Publikum und nahm sich für jeden Fan Zeit, der eine Foto mit ihr schießen wollte. Erst um zwei Uhr in der Frühe war Schluss. Für einige ungebeten Besucher schon früher, die ohne Eintrittskarte über den Zaun geklettert waren. Der Wachdienst schritt ein und verwies sie vom Festplatz.
Das große Finale des Schützenfestes folgte am Sonntag mit Festumzug durch Rentfort und anschließender Königsparade vor der St. Josef Kirche mit dem neuen und dem scheidenden Königspaar. Selbst die Sonne ließ sich nach einigen Regenschauern am Festwochenende nun blicken. Regent und Vereinsvorsitzender Christoph Schwan zog beim anschließenden Ausklang im Pfarrhof eine zufriedene Bilanz. „Wir haben ein Signal gesetzt, das die Schützen sich auch in Coronazeiten bemühen, die Tradition aufrecht zu halten. Aus unserer Sicht hat das Hygiene- und Sicherheitskonzept mit Hilfe der Besucher gut funktioniert und es kann auch anderen Vereinen als Blaupause dienen, ein Fest auch in der noch laufenden Pandemie mit Einschränkungen feiern zu können.“