Gladbeck. Gladbeck hat kreisweit die höchste Inzidenz. Oft infizieren sich junge Menschen in der Schule. Doch es gibt weitere Ursachen für hohe Werte.
Die Stadt Gladbeck rangiert weiter auf einem Spitzenplatz, um den sie wohl anderenorts niemand beneidet: eine Sieben-Tage-Inzidenz von 146,8, der höchste Wert im gesamten Kreis Recklinghausen. Der Ort, an dem aktuell vermehrt Infektionen auftreten: die Schule. Aber das ist nur ein Aspekt zur Erklärung der steigenden Fallzahlen.
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5142 Menschen in Gladbeck haben sich seit Ausbruch der Pandemie mit dem Coronavirus angesteckt, 141 aktuelle Infektionen bestätigt das Gesundheitsamt am Dienstag. Im St.-Barbara-Hospital werden derzeit nach Angaben des Ärztlichen Direktors Prof. Dr. Christian Wedemeyer drei Patienten betreut. Einer davon, ein 50-Jähriger, befinde sich auf der Intensivstation. Wedemeyer: „Er muss nicht beatmet werden.“ Die beiden anderen Betroffenen seien Anfang 30 und 70 Jahre. „Der jüngere ist nicht geimpft“, so der Mediziner.
Kreissprecherin: „Der Schwerpunkt der Infektionen liegt bei Menschen von null bis 40 Jahren“
Wie viele Menschen sich ohne Impfschutz mit dem Coronavirus angesteckt haben, vermag Lena Heimers, Sprecherin in der Kreisverwaltung Recklinghausen, nicht zu sagen. Denn: „Wenn jemand positiv getestet wurde, ist er nicht verpflichtet, über seinen Impfstatus Auskunft zu geben.“ Aber ein Blick in die Statistik erhellt die Lage etwas. Heimers stellt fest: „Der Schwerpunkt der Infektionen liegt bei Menschen von null bis 40 Jahren.“ Innerhalb dieser Kategorie, so ihre Kollegin Svenja Küchmeister, sind mehr als 40 Prozent jünger als 20 Jahre. Das sei ein Phänomen, das sich auf den gesamten Kreis übertragen lasse, vergleicht Heimers. Sie sagt: „Die Betroffenen über 60 machen weit weniger als zehn Prozent aus.“
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Ist von jungen Infizierten die Rede, kommt unweigerlich die Situation in den Schulen zur Sprache. An sechs Einrichtungen in Gladbeck gibt es aktuell Corona-Fälle: „An einigen Standorten in mehreren Klassen gleichzeitig.“ Folglich lasse sich ein Hotspot nicht benennen, sagt Rathaussprecher David Hennig. Betroffen sind nach Aussage Heimers’ die Erich-Kästner- und Werner-von-Siemens-Realschule, die Südpark- und Pestalozzi-Grundschule, die Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule sowie das Heisenberg-Gymnasium. Die Sprecherin stellt diese Zahlen in Relation zur kreisweiten Situation: „Da haben wir 60 betroffene Klassen an 38 Schulen. „Das ist schon sehr viel, dabei haben wir erst seit noch nicht einmal einer Woche wieder Schule“, meint Lena Heimers.
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Sie gibt zu bedenken: „Grundschulkinder haben bisher keine Chance, sich gegen Corona durch eine Impfung zu schützen, da für diese Altersgruppe kein Wirkstoff zugelassen ist – im Gegensatz zu Jugendlichen ab 16.“ Doch auch für diese gebe es die Möglichkeit zur Immunisierung erst seit wenigen Wochen. Die Konsequenz: „Die wenigsten dürften jetzt schon über einen vollständigen Impfschutz verfügen.“
Sonderimpfaktion auf dem Rosenhügel
Die Stadtverwaltung Gladbeck startet am Freitag, 27. August, eine weitere Sonderimpfaktion. Diesmal können sich Menschen ab zwölf Jahren zwischen 8 und 12 Uhr auf dem Marktplatz Rosenhügel gegen eine Ansteckung mit dem Coronavirus immunisieren lassen.
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Gespritzt wird Comirnaty, das Vakzin von Biontech/Pfizer.
„Dankenswerterweise leiht uns die Stadt Bottrop ihren Impfbus und stellt uns auch medizinisches Personal zur Verfügung“, sagt David Hennig. Der Sprecher der Gladbecker Verwaltung erklärt: „Mitzubringen sind, falls vorhanden, der Impfpass, Personalausweis oder ein anderes amtliches Dokument und Versichertenkarte.“
Sollte es sich am Freitag um eine Zweitimpfung handeln, sind die Unterlagen zur Erstimpfung vorzulegen. Das gilt ebenfalls für einen Nachweis, der eine überstandene Coronavirus-Erkrankung belegt.
Stadtsprecher Hennig weist darauf hin: „Vor Ort gelten die üblichen Hygiene-Regeln.“ Das bedeutet: Maskenpflicht und die Einhaltung von Abständen.
Gerade junge Menschen sollen gegenwärtig in den Fokus rücken, wenn es ums Impfen geht. Der Kreis Recklinghausen hat den weiterführenden Schulen Impfangebote gemacht, die Stadt Gladbeck nimmt die Chance wahr. Sprecher David Hennig: „Wir fragen im Moment die Zahl der Impfwilligen ab.“ Bereits am 30. August werde eine schulinterne Aktion am Heisenberg-Gymnasium starten, um Zwölf- bis 16-Jährigen innerhalb der Unterrichtszeit Biontech zu verabreichen. Tags darauf soll das Riesener-Gymnasium folgen. Hennig berichtet: „Es gibt zurzeit Ortsbegehungen, wo Impfstraßen angelegt werden können.“ Diese Sonderaktionen, betont der Stadtsprecher, sollen später auch an anderen weiterführenden Schulen angeboten werden.
Stadtsprecher: „Wir haben ein diffuses Ausbruchsgeschehen, aber der Stadtsüden ist generell stärker betroffen als der Norden“
Mit Blick auf die gesamte Infektionslage in Gladbeck spricht Hennig von einem „diffusen Ausbruchsgeschehen“, allerdings sei der „Stadtsüden generell stärker betroffen als der Norden“. Daher sei die nächste Sonderimpfaktion (siehe Kasten) in Rosenhügel angesiedelt.
Wahrscheinlich, so vermutet Hennig, befinden sich unter den Infizierten auch einige Reiserückkehrer. Lena Heimers kann zwar keine konkreten Zahlen für Gladbeck liefern, weiß jedoch: „Im Kreisgebiet geht ein Viertel aller Infektionen auf Reiserückkehrer zurück, die meisten kommen aus der Türkei und vom Balkan.“ Vielfach werde das Virus – laut Robert-Koch-Institut zu mehr als 80 Prozent die längst dominante Delta-Variante – unter engen Angehörigen weitergegeben: „In einer Großfamilie kann es dann zu acht bis zehn Fällen oder mehr kommen.“
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Nach Aussage der Kreisverwaltung, die Informationsbögen zur Verfügung stellt, benötigen Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren zur Impfung die Einverständniserklärung eines Sorgeberechtigten. Dessen Anwesenheit sei bei der Impfung nicht erforderlich.