Recklinghausen/Gladbeck. Neue Schnellbuslinien sind geplant und der Umstieg auf die Wassertechnologie. Das steht bei der Vestischen auch für Gladbeck noch auf dem Plan.

Bei der Vestischen Straßenbahnen GmbH ist trotz Corona die Verkehrswende eingeläutet worden. „Wir hatten einen richtig guten Lauf“, sagt Martin Schmidt. Der Geschäftsführer der Vestischen in Herten spielt mit dieser Einschätzung auf das Jahr 2019 an, als noch niemand ahnte, dass Corona alles verändern würde. Die Pandemie wird das heimische Nahverkehrsunternehmen vermutlich um Jahre zurückwerfen.

Die Vestische will ihr Angebot deutlich ausweiten

Die Geschäftsführung erwartet, dass das Niveau von 2019 erst 2024 wieder erreicht wird. Die im letzten Jahr vom Aufsichtsrat beschlossene „Verkehrswende“ mit einer deutlichen Ausweitung des Angebots und dem Umstieg auf Wasserstofftechnologie wird durch Corona allerdings nicht aufgehalten. Die ersten Maßnahmen sind in der konkreten Planung. Im ersten Halbjahr 2022 sollen zum Beispiel zwei regionale Schnellbuslinien (X-Busse) aus dem Kreis Recklinghausen heraus an den Start gehen: die X-Bus-Linie 13 (Datteln – Waltrop – DO-Mengede – Dortmund-Universität) und die X-Buslinie 42 (Dorsten – Movie Park – Bottrop-Kirchhellen – Oberhausen).

Das sind zwei von insgesamt sieben Linien, die im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) in einem ersten Schritt umgesetzt werden. Trotz Landesförderung kommen auf den Kreis Recklinghausen als Gesellschafter der Vestischen Kosten von 410.000 Euro im Jahr zu. Weitere regionale Schnellbuslinien sind VRR-weit in der Warteschleife. Darunter die Verbindung Marl – Herten – Herne (mit Anschluss an die U 35, Richtung Ruhr-Uni Bochum).

Der Busverkehr soll beschleunigt werden

Der Busverkehr soll beschleunigt werden. Dazu liegen jetzt Ergebnisse von zwei Machbarkeitsstudien vor. Durch spezielle Busspuren, Ampelvorrangschaltungen und neue Streckenführungen könnte beim SB 24 (Recklinghausen – Dortmund-Mengede) ein Viertel der Fahrzeit eingespart werden, beim SB 49 (Recklinghausen – Gelsenkirchen-Buer) immerhin zehn Prozent. Investitionskosten (barrierefreier Ausbau mehrerer Haltestellen inklusive): 1,62 Millionen Euro. Auch für diese Projekte gibt es beim VRR Fördermittel.

Die „Antriebswende“ ist ebenfalls eingeläutet. Planmäßig sollen ab 2023 fünf Wasserstoffbusse auf den Straßen des Kreises Recklinghausen rollen. Die europaweiten Ausschreibungen laufen. Eine Entscheidung soll Ende des Monats fallen, kündigt Geschäftsführer Schmidt an. Insgesamt wird die Vestische rund 10,5 Mio. Euro in die Wasserstoff-Technologie investieren. Für Busse und Infrastruktur erwartet das Unternehmen dabei öffentliche Fördermittel von bis zu 90 Prozent. Bis 2030 soll die Wasserstoff-Flotte auf 60 Fahrzeuge wachsen. Getankt wird direkt auf dem Betriebsgelände in Herten, wo bis 2023 eine Wasserstofftankstelle errichtet werden soll.

Auf einigen Linien sind Taktverdichtungen geplant

Rettungsschirm für den Nahverkehr

Die Gesellschafter der Vestischen (Kreis RE, Bottrop, Gelsenkirchen) sind bislang schadlos durch die Corona-Zeit gekommen. Dank der Millionen aus dem staatlichen Rettungsschirm ist das von den Kommunen abzudeckende Defizit im Jahr 2020 nicht gestiegen (27,6 Mio. Euro).

Auch 2021 soll der Rettungsschirm für den Nahverkehr aufgespannt werden. Spannend werde es dann allerdings ab 2022, sagt Geschäftsführer Martin Schmidt.

Der SB 25 (Dorsten – Marl – Recklinghausen) fährt bereits seit Jahresanfang im 15-Minuten-Takt. Taktverdichtungen soll es im Zuge der Verkehrswende bis 2023 auch auf anderen (Schnellbus-)Linien geben. Die Ausweitung des Fahrplans – das Angebot steigt um 2,57 Millionen Kilometer (14 Prozent) – wird mit Kosten in Höhe von 7,2 Mio. Euro veranschlagt. Mehreinnahmen durch zusätzliche Fahrgäste sind da bereits eingerechnet.

Doch die Fahrgast-Prognosen sind aktuell mit großen Fragezeichen verbunden. Im Corona-Jahr 2020 ist die Zahl der Kunden von 60 Millionen (2019) auf 45,9 Millionen eingebrochen. Auch im ersten Halbjahr 2021 wurden im Monatsdurchschnitt erst 60 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreicht. Die Vestische setzt darauf, dass es keine Lockdowns mehr gibt und bei den Fahrgastzahlen bis zum Ende des Jahres noch einiges an Boden gut gemacht werden kann.