Gladbeck. Corona setzt auch dem Rasen im Stadion in Gladbeck zu. Denn: Engerlinge machen sich breit. Totalschaden würde mehr als 100.000 Euro kosten.
Auf den ersten Blick scheint die Welt im Gladbecker Stadion, nahe der B 224, in Ordnung. Doch der Eindruck täuscht, denn unter der Spielfläche lauert im Boden eine tierische Gefahr. Die Wurzel allen Übels: Corona. Wenn der Zentrale Betriebshof Gladbeck (ZBG) das Problem „Engerling“ nicht in den Griff bekommt, droht ein Totalschaden der Rasenfläche, der die Stadt teuer zu stehen kommen könnte. Von mehr als 100.000 Euro gehen Fachleute im schlimmsten Fall aus.
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Die Pandemie hat die Käferlarven geradezu beflügelt – zum Leidwesen von Klaus-Dieter Bugdoll. Der Leiter des städtischen Amtes für Integration und Sport sagt: „Corona war der Grund, dass wir im Stadion keinen Spielbetrieb hatten. Hier war nichts los.“ Für die Engerlinge in der Erde geradezu ein Paradies auf 8000 Quadratmetern. Keine Füße, die über den Rasen liefen – also genügend Ruhe und Zeit, sich ausgiebig zu vermehren, stellt Peter Konzels, Leiter des Sachgebiets Grünflächenunterhaltung beim ZBG, fest.
Gladbeck: Die Käferlarven hatten Ruhe, sich ausgiebig zu vermehren
Und das setzt eine Kettenreaktion in Gang, die Sporttreibende schmerzhaft zu spüren bekommen können.„Engerlinge ernähren sich von den frischen Graswurzeln“, erläutert ZBG-Grünexperte Ralf Sonnenberg. Und wo sich die dicken Maden gütlich tun, seien auch Rabenvögel, Tauben und andere hungrige Schnäbel nicht weit entfernt: „Sie picken sich die Eiweißbomben aus dem Boden.“ Die Folge der beiderseitigen Fressorgie: braune, kaputte Flecken auf dem Spielfeld. Anderenorts wirken Stellen regelrecht wie umgepflügt.
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Nicht nur mit Blick auf die Optik ein Problem, wie Bugdoll berichtet: „Bei den entstandenen Löchern besteht Verletzungsgefahr.“ Ein Beispiel: Jemand tritt im Lauf in eines der Löcher und knickt um.
In manchen Jahren musste Rasen im Stadion nachgepflanzt werden
Konzels und Bugdoll entsinnen sich, dass in manchen Jahren schon mal Rasen nachgepflanzt werden musste. Und selbst wenn Klee an den zerstörten Stellen nachwachse, ist er nicht das erwünschte Grün. Diese Pflanzen sind laut Experten rutschiger als Gras – also wiederum ein Risiko für den Menschen, der die Spielfläche nutze.
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Was tun? Mit Chemie-Keulen wollte der ZBG nicht in den Kampf gegen Engerlinge ziehen. Sonnenberg: „Die Kollegen Thomas Schlagböhmer und Andreas Erwig kennen sich gut mit Pflanzenschädlingen aus und haben sich informiert.“ Beim Graben nach Lösungsansätzen stießen die Betriebshof-Mitarbeiter auf Nematoden. Ralf Sonnenberg erklärt: „Diese Fadenwürmer vermehren sich in den Maden.“ Für die Käferlarven bedeutet das den Tod. Vögel, die es ja auch auf andere Würmer und Insekten absehen, ziehen ab. Sie suchen sich ein anderes „Büfett“, denn wenn „sie keine Fressgeräusche im Boden wahrnehmen, ist ein Gebiet für sie uninteressant“.
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Tipp für den Privatgebrauch
Als Engerling bezeichnen Fachleute Larven, die sich später zum Gartenlaub-, Juni-, Rosen- oder Nashornkäfer entwickeln. Grün-Experte Ralf Sonnenberg: „Die gelben Maden überdauern zwei bis vier Jahre im Boden.“
Nematoden können auch auf privatem Grund und Boden Engerlingen den Garaus machen, stehen die Fadenwürmer doch in jedem Baumarkt und Gartencenter zum Verkauf. Sie werden in verschiedener Form, beispielsweise als Gel oder pulverisiert angeboten. Die Produkte werden mit Wasser aufgelöst.
ZBG-Mitarbeiter drehen also auf der Spielfläche in einem Fahrzeug ihre Runden und verteilen mit einer Gießbrause in Wasser aufgelöste winzige Fadenwürmer. Ein Mann sprüht, einer rührt im Fass. Konzels: „Die Nematoden müssen in Bewegung bleiben.“ Er erzählt: „Wir haben sie vorher als Gel im Kühlschrank aufbewahrt.“ Es handele sich um Organismen, die lange überdauern, ergänzt Sonnenberg.
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Etwa 2000 Liter der lebenden Lösung dürften für das Areal ausreichen, schätzen die Experten. Ralf Sonnenberg beziffert die Kosten der Nematoden-Aktion mit 2000 Euro. Also kein Vergleich dazu, wenn man der Natur im Stadion ihren Lauf zu ließe.