Gladbeck. Der Gladbecker Georg Liebich hat Kontakt zu Freunden in Israel und Tel Aviv. In Telefonaten berichten sie von ihrer Angst vor Raketen-Angriffen.
Er spürt am Telefon förmlich die Angst seiner engen Freunde vor den Raketen-Angriffen: Gedenkstättenfahrer und Israel-Kenner Georg Liebich aus Gladbeck blickt angesichts des sich verschärfenden Konflikts zwischen Israel und Palästinensern besorgt nach Tel Aviv und Jerusalem, wo er die Menschen, die er bei seinen zahlreichen Aufenthalten in Israel kennen- und schätzengelernt hat, aufgewühlt aus der Ferne erlebt. „Das macht schon beklommen, was ich da zu hören bekomme“, berichtet der 62-Jährige der WAZ.
Eine seiner engesten Kontaktpersonen ist Uriel Kashi, der in den vergangenen Jahren stets der Guide in Israel für Liebichs Reisegruppen aus Gladbeck war. „Er lebt mit seiner Familie in Jerusalem, wo der Konflikt entbrannte, sich die Lage seinen Berichten zur Folge derzeit aber wieder etwas beruhigt hat. Seine Kinder konnten sogar normal zur Schule gehen“, erzählt Georg Liebich von dem Gespräch. Die Konfliktregion sei jetzt mehr die Region nördlich des Gaza-Streifens an der Küste entlang. Die Situation in Tel Aviv sei sehr schlimm, habe Kashi berichtet. Dort seien trotz der Abfangbemühungen des israelischen Militärs „sehr viele Raketen eingeschlagen“.
Zwei Tote bei Raketenbeschuss durch die Hamas in Holon nahe Tel Aviv
In Holon, südlich von Tel Aviv, telefonierte Liebich mit der 95-jährigen Batsheva Dagan, die als Holocaust-Zeitzeugin oft Gespräche mit seinen Reisegruppen geführt hat. Sie habe von großer Angst und Sorge berichtet, dass sich die Raketenangriffe aufs ganze Land ausweiten könnten und es zum Krieg kommen könnte. Auch die ebenfalls in Holon lebende Holocaust-Überlebende Herta Goldmann (92) und ihre Familie konnte Liebich erreichen. Sie berichteten von zwei Toten nach Raketenangriffen in Holon.
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Sie lebten in Angst und Schrecken, gingen nachts nicht ins Bett, weil sie immer wieder Sirenen-Alarm befürchten und in einem solchen Fall schnell reagieren müssten. „Dann laufen sie sofort in den Hausflur, die in Israel verstärkt gebaut sind, dort ist man auf jeden Fall erstmal sicherer als in den Wohnungen“, weiß der Israel-Kenner. Die Wege in Schutzräume seien länger. Die Familie lebe in einer völlig angespannten Situation, habe er gespürt. Herta Goldmann werde offenbar von traumatischen Erinnerungen an die Zeit von früher gequält.
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Gedenkstättenfahrer Liebich will im Oktober wieder nach Israel
In der Nähe von Ben Gurion lebt Batya Hanner (85), eine Enkelin von Ida und Max Kaufmann, Holocaust-Opfer aus Gladbeck, nach denen das Haus Horster Straße (ihr einstiges Zuhause) benannt ist. Hanner erzählte Liebich, dass es ständig Alarm gebe und sehr viele Raketeneinschläge zu beobachten und zu spüren seien. „Sie fühlt sich an schlimme Zeiten erinnert und hofft, dass dieser Konflikt bald vorbei ist. Es sei zur Zeit ein Leben mit der Angst, was nur sehr schwer auszuhalten sei.“
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Liebich, der am Freitag spontan an der Solidaritäts-Mahnwache vor der Gelsenkichener Synagoge teilnehmen wollte, sagte, er telefoniere und maile regelmäßig mit Holocaust-Opfern und Zeitzeugen, die er bei seinen Israelreisen kennengelernt habe. Er hoffe, dass der derzeitige scharfe Konflikt schnell beigelegt werde. „Das Schlimmste, dass passieren könnte, wäre ein Einmarsch von israelischen Bodentruppen im Gazastreifen – das würde Krieg bedeuten.“ Für Oktober hat Liebich eine weitere Israelreise mit Jugendlichen geplant. „Wir müssen abwarten und hoffen, dass der Konflikt bald beendet ist. Die Erfahrungen zeigen, dass sich die Lage auch schnell wieder beruhigen kann.“