Gladbeck. Mädchen an weiterführenden Schulen in Gladbeck sollen kostenlose Binden und Tampons erhalten. Dies soll für mehr Chancengleichheit sorgen.
Die Vergabe von kostenlosen Hygieneartikel an Schülerinnen der weiterführenden Gladbecker Schulen, sprich Menstruationsbinden und -Tampons, trifft auf breite Zustimmung der Lokalpolitik. Die Fraktion der Grünen hatte die entsprechende Ausstattung der Schulen im Sinne von Gleichberechtigung und Chancengleichheit beantragt. Eine Begründung, die im Einzelfall aber auch auf Ablehnung stieß.
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Gerade bei jüngeren Mädchen führe das oft überraschende und unregelmäßige Einsetzen der Periode, die immer noch ein weit verbreitetes Tabuthema und vielen peinlich sei, „zu einer Notsituation der Mädchen, die ohne Hygieneartikel dann nach Hause gehen müssen und Unterricht verpassen“, begründete Constanze Chudaska den Antrag der Grünen im Schulausschuss, der via Videokonferenz tagte. Im Sinne von Chancengleichheit und im Zuge der Gleichberechtigung sei es wichtig, „dass Mädchen sich entsprechend versorgen können und weiterführende Schulen und öffentliche Einrichtungen dauerhaft und kostenlos, zum Beispiel durch das Aufstellen von Hygiene-Automaten, mit Menstruationsartikeln ausgestattet werden“, so die Lehrerin an einem Berufskolleg weiter.
Die Stadtverwaltung unterstützt den grünen Antrag
Schuldezernent Rainer Weichelt unterstützte den Antrag, die Stadtverwaltung stehe diesem „sehr positiv gegenüber“, habe das Thema auch selbst im Fokus gehabt und dazu etwas erarbeitet. Eine Powerpoint-Präsentation zur „Periodenarmut“, die von Silke Döding vorgestellt wurde. Die Leiterin des Amtes für Bildung und Erziehung berichtete, Informationen eingeholt zu haben, wonach das Parlament in Schottland, als erstes Land der Welt, im November 2020 beschlossen habe, dass Damenhygieneartikel grundsätzlich kostenlos zur Verfügung gestellt werden müssen. Fraktionsübergreifend habe es dazu bereits auch in deutschen Städten wie Hamm oder Wiesbaden Anträge gegeben. Die Verwaltung schlage nun vor, den Austausch mit den Schulen und den Schülervertretungen (SV) zu suchen und ein Modellvorhaben zu entwickeln, „um es an zwei Schulstandorten zu erproben und darüber dann im Schulausschuss im September zu berichten“.
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Ratsherr Jens Bennarend von der SPD begrüßte den Antrag „ausdrücklich“. Er verwies auf ähnliche Anträge der SPD im Kreis Recklinghausen sowie im LWL. Bennarend plädierte dafür, nicht nur zwei weiterführende Schulen, „sondern alle direkt mit ins Boot zu holen“, und das Vorhaben zügig umzusetzen, „damit Mädchen sich nicht mehr notdürftig mit Toilettenpapier helfen müssen“. Jörg Baumeister von der CDU äußerte indes Skepsis, ob für das Thema überhaupt eine Notwendigkeit bestehe. Ihm sei es auch nicht ganz einleuchtend, wenn dabei im Sinne von Gleichberechtigung gesprochen werde. Auch über eine Tabuisierung könne man streiten, „da für Tampons im Fernseh-Vormittagsprogramm öffentlich geworben wird“. Er habe auch Zweifel, ob die Ausgabe über Automaten in den Schultoiletten verlässlich funktioniere, da von Einzelnen „vorsorglich ganz viele kostenlose Hygieneartikel mit nach Hause genommen werden“ könnten. Die CDU würde so befürworten, die Hygieneartikel über das Schulsekretariat zu verwalten, „wo die Mädchen sich aus einem aufgestellten Körbchen Binde oder Tampon herausnehmen können“.
Viele Mädchen empfinden ein ‘Hygiene-Körbchen’ im Sekretariat als schamverletzend
Gesamtschullehrer Jens Bennarend wisse aus Gesprächen, dass viele Mädchen den Gang ins Schulsekretariat „schon als schamverletzend empfinden“. Die Schülervertretungen mit einzubeziehen, was für ihre Schule gelten solle, sei ganz wichtig. Rüdiger Jurkosek sagte die „uneingeschränkte Unterstützung der Fraktion der Linken“ für den Grünen-Antrag zu. Wie die Schulen letztlich konkret ausgestattet werden, müsse man sehen. Sebastian Steinzen von der FDP meinte zu wissen, „dass die meisten Schulen bereits einen Zugriff auf Hygieneartikel über ihr Sekretariat ermöglichen“. Und wenn es dafür bereis ein Konzept gebe, „sollten die Schulen es beibehalten können“. Ratsherr Marcus Schützek sagte, dass die AfD-Fraktion dem Grünen-Antrag „sogar durchaus Positives abgewinnen“ könne. Ein möglicher Missbrauch beim Entnehmeverhalten sollte aber bedacht werden, so dass die AfD „zunächst eine Testphase“ favorisiere.
Schuldezernent Rainer Weichelt bedankte sich für die „im Grundsatz breite politische Zustimmung“, die man jetzt für die Gespräche mit allen Schulen zur praktischen Umsetzung mitnehme, „um dann im September vorzustellen, welche Lösung wir gefunden haben“.