Gladbeck. Mit dem Neubau des Heisenberg-Gymnasiums Gladbeck steht der Abriss des alten Gebäudes an. Gemischte Gefühle bei Lehrern, Schülern und Ehemaligen.

Es herrscht Aufbruchsstimmung im Heisenberg-Gymnasium in Gladbeck. Bauzäune werden aufgestellt, mit denen bald das alte Gebäude abgesperrt wird. Umzugswagen fahren Kartons vom alten ins neue Schulgebäude. Auf den Fluren und in den Räumen stehen massenhaft gepackte Kartons. Bilder werden abgehängt, Abstellräume durchforstet. Was kann weg? Was muss mit? Welche Erinnerungen bleiben an das alte Gebäude? Die WAZ hat einige Erinnerungen gesammelt.

Bereits seit einigen Wochen wird an der Schule aufgeräumt, entsorgt und verpackt. In beinahe 53 Jahren sammelt sich eine Menge an. Es riecht nach alten Akten und sieht ein bisschen aus wie ein gigantischer Wohnungsumzug. Doch hier zieht eine gesamte Schule um: Ab Montag ziehen die rund 630 Schüler des Heisenberg-Gymnasiums in den Neubau. Vom alten Bau geht es in das neue, moderne Gebäude gleich nebenan. Bürgermeisterin Bettina Weist und Vertreter von Hochtief trafen sich Donnerstag, um den Übergabevertrag zu unterzeichnen und die Schlüssel für das neue Schulgebäude zu übergeben.

Unzählige Kisten mussten für den Umzug gepackt werden.
Unzählige Kisten mussten für den Umzug gepackt werden. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Ab kommender Woche beginnt der Abriss des alten Schulgebäudes

Bereits ab kommender Woche wird das alte Gebäude für den Personenverkehr gesperrt und Rückbau sowie Abrissarbeiten beginnen. Was bedeutet dieser Umzug für all die Schülerinnen und Schüler, die auf das Heisenberg-Gymnasium gehen, all die Lehrerinnen und Lehrer? Wie empfinden Ehemalige, wenn sie wissen, dass „ihre“ alte Schule in Kürze abgerissen wird?

„Ich freue mich sehr auf die neue Schule und all die Annehmlichkeiten wie Mensa, Belüftung oder Beschattung. Was sicherlich keiner im neuen Gebäude vermissen wird: dank Heizung und Fenstern im Altbau war es meistens entweder zu heiß oder zu kalt. Außerdem wird es mehr Archivierungsplatz geben. Sowohl Alt- als auch Neubau haben keinen Keller, also benötigen wir extra Räume für die Archivierung von alten Dokumenten, Klausuren und Zeugnissen. Im alten Gebäude herrschte akute Raumnot. Sogar im Heizungsraum wurden Unterlagen gelagert. Auch die Laufwege zwischen den oberen Etagen von Ost- und Westtrakt waren umständlich, weil sie nicht miteinander verbunden waren. Der Neubau ist übersichtlicher und alles besser zu erreichen. Die Fenster sind auch so schallgeschützt, dass es von außen keine Lärmbelästigung mehr geben wird. Auch nicht von vorbeifahrenden Zügen, obwohl die neue Schule noch näher an den Gleisen steht.“ Peter Hogrebe, Schulleiter seit 2013

Peter Hogrebe ist seit 2013 Schulleiter des Heisenberg-Gymnasiums, hier beim Festakt zum Jubiläum 50 Jahre Heisenberg-Gymnasium im Jahr 2018.
Peter Hogrebe ist seit 2013 Schulleiter des Heisenberg-Gymnasiums, hier beim Festakt zum Jubiläum 50 Jahre Heisenberg-Gymnasium im Jahr 2018. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

„Ich habe mich in dem Gebäude immer sehr wohl gefühlt, da es einfach praktisch war und auch einen gewissen Charme hatte. Als aber klar wurde, dass das Gebäude nicht mehr lange existieren würde, hatte ich keine Skrupel, in der Oberstufe bei der analytischen Geometrie die Achsenebenen direkt mit dem Edding an der Wand, dem Boden und den Fenstern zu visualisieren, indem ich einfach ‘x2-x3-Ebene’ hinter die Tafel an die Wand schrieb. Die Schüler reagierten erst einmal erschrocken: man darf doch nicht einfach an die Wand schreiben.“ Sibylle Kucharski, Lehrerin seit 2006

Ehemaliger Schüler: „Trotz aller Mängel wird das Gebäude irgendwie fehlen.“

„Ode an das ‘Alte Heisenberg’: Erst grau in grau, dann schwedengelb kamst du daher, im Schatten der Europabrücken- den Nordpark im Rücken. In dir war stets Leben, buntes Treiben, Vielfalt und Beben – während die Züge rollten daneben. Zugige Hallen, Türen die knallen, Fenster die zogen – bestimmt nicht gelogen, und doch: ein Ort der Freude – Geborgenheit und Wärme!Gerüche verbinden, Putzmittel stinken, wacklige Wände, auch schon mal Brände…Und jetzt? Ende!!!! Ich wünsche dem Neubau alles Gute und freue mich auf die erste Besichtigung!“ Nicole Hilgers, Abitur 1989

„Ich werde den alten Bau schon ein bisschen vermissen. Besonders den Osttrakt. Ich weiß gar nicht, was ich unterhaltsamer fand: das Loch in der Wand hinter der Heizung in meinem alten Klassenraum, die ca. zehn Zentimeter eindrückbare Wand oder die einfachverglasten Schiebefenster, die so gut abgedichtet waren, dass der Raum gut durchlüftet war. Trotz aller Mängel wird das Gebäude irgendwie fehlen.“ Christopher Gentges, Abitur 2012

„Ich habe keine Wehmut, das alte Gebäude war immer etwas provisorisch. Ich freue mich, dass meine Schule neue Räume bekommt und sich entwickeln kann. Der Neubau ist sicher ein stattliches Gebäude und wird in seiner Funktion für den Unterrichtsbetrieb besser sein als damals. Allein beim Einzug in die Schule 1968 bestanden doch allerlei Mängel im Schulgebäude. Vor allem die Verkehrswege zwischen Ost- und Westflügel waren unpraktisch, weil man nicht von jeder Etage bis in den anderen Trakt gelangen konnte.“ Herbert Sokolowski, Schulleiter bis 1992

Ein Bild der fertiggestellten Schule – mit Blick über den Parkplatz – aus dem Jahr 1969.
Ein Bild der fertiggestellten Schule – mit Blick über den Parkplatz – aus dem Jahr 1969. © Heisenberg

„Was ich definitiv vermissen werde, ist mein Klassenraum, der Mathe-Fachraum. Dessen Wände wurden in den 90er Jahren von einem Kunstkurs ganz toll gestaltet. Ansonsten erinnere ich mich beim Heisenberg-Gymnasium immer an den Prozess der Digitalisierung, den wir auch in den 90er Jahren begonnen haben, indem wir den Kolleginnen und Kollegen das Schreibprogramm Open Office erklärt haben. Und mit dem Neubau erreicht die Digitalisierung ja eine ganz neue Dimension.“ Klaus Püthe, Lehrer seit 1990

„Das alte Gebäude Heisenberg – eine Verbindung von modernem Auftritt in Form der neuen Chemieräume und Antike – alte Physikräume und Ost- und Westtrakt. Immer wieder erinnere ich mich daran, dass wir im ältesten aller Physikräume saßen. Unser Lehrer Herr Kenter warnte noch vor dem Alter der Sitzmöglichkeiten, als bereits der erste von uns eine Etage tiefer saß. Dennoch: insgesamt hat man sich immer extrem wohl am Heisenberg gefühlt und alle Verantwortlichen haben aus den Gegebenheiten das Beste gemacht. Ich freue mich auf einen Besuch der neuen Räumlichkeiten, sobald das wieder möglich ist. Schade übrigens, dass es dieses Jahr keine Mottowoche gibt. Sonst hätten sich die Abiturienten womöglich selbst um den Abriss kümmern können...“ Steffen Wirgs, Abitur 2015

Ehemalige Schulleiterin erinnert sich an viele tolle kreative Ideen, die durch Lehrer und Schüler entstanden sind

Eine schwierige Geschichte, das alte Heisenberg. Man sagt ja, das Schulgebäude sei wie ‘der dritte Pädagoge’. Und man findet erst einmal nicht viel Gutes daran: energetisch ist es eine Katastrophe, der Aufbau unübersichtlich. Ich habe mich in meiner Anfangszeit oft in der Schule verlaufen. Allerdings hat mal ein ehemaliger Schüler gesagt, dass ihm genau diese Weitläufigkeit der Schule gefallen habe, dass das Offenheit symbolisiert. Und das passt wiederum gut zu unserem Schulgeist und auch der weiten Schulumgebung, der Nähe zur Natur. Trotz der miserablen Außenhülle, oder gerade deswegen, sind innerhalb viele tolle kreative Ideen durch unsere Lehrer und Schüler entstanden. Ich freue mich, dass es endlich ein neues Gebäude gibt, das dem Anspruch an eine gute und zeitgemäße Schule entspricht.“ Heidrun Schütte-Ständeke, Schulleiterin von 1992 bis 2013

„Das alte Heisenberg hat viele Nebenräume und Hinterzimmer. Ich erinnere mich daran, dass unser Kunstlehrer uns häufig eine Aufgabe gab, und dann bis zur Pause im Nebenraum verschwand. Irgendwann fanden wir heraus, dass er dort Kaffee trank und Schach spielte. Mit Erlaubnis unseres Klassenlehrers haben wir dann in einer Kunststunde auch nicht gearbeitet, sondern Schachbretter und Kaffeetassen vor uns hingestellt. Seine Reaktion – herrlich.“ Mario Tobies, Abitur 2005

„Es fehlt ein Stück meiner eigenen Geschichte“

„Ich bin schon ein bisschen traurig, dass die alte Schule abgerissen wird. Damit fehlt ein Stück meiner eigenen Geschichte. Ich kam in der 10. Klasse vom Ratsgymnasium auf das Heisenberg-Gymnasium. Was mir in Erinnerung bleiben wird, sind die Schülerversammlungen in der Pausenhalle und unser Aufbau der Cafeteria. Was es zum Beispiel am Rats nicht gab, waren die höhengestaffelten Hörsäle in den Physik- und Biologieräumen – oder auch einen großen Pausenhof mit viel Platz. Einfach schade, dass es keine Abrissparty mehr gibt. Aber immerhin haben wir ja vor zweieinhalb Jahren das tolle Schuljubiläum hier feiern können.“ Kirsten Kretauer, Abitur 1993

Eine richtige Heisenberg-Familie: Charlotte sowie die Eltern Kirsten Kretauer und Thomas Becks, haben alle das Gymnasium besucht, Sohn Peter Kretauer wird dort wohl 2023 sein Abitur machen.
Eine richtige Heisenberg-Familie: Charlotte sowie die Eltern Kirsten Kretauer und Thomas Becks, haben alle das Gymnasium besucht, Sohn Peter Kretauer wird dort wohl 2023 sein Abitur machen. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

„Ich freu mich auf die neue Schule und die neue Technik. Eigentlich warte ich schon die ganze Zeit, seit ich auf dem Heisenberg-Gymnasium bin, auf den Neubau.“ Peter Kretauer, Schüler, Abitur planmäßig 2023

„Wehmütig bin ich nicht. Ich finde es nicht schade, dass die alte Schule abgerissen wird. Die neue steht ja direkt dahinter. Schade wäre nur, wenn der Geist der Schule verloren geht. Dass Schüler dazu ermuntert werden, ihre eigene Meinung zu bilden und zu äußern, diese Offenheit am Heisenberg-Gymnasium, das habe ich immer sehr geschätzt.“ Thomas Becks, Abitur 1987

„Ich finds ein bisschen schade, dass das alte Heisenberg abgerissen wird. Die Schule war immer bunt und einladend, das hat mir schon damals bei meinem Tag der offenen Tür gefallen. Ich fühlte mich direkt wohl. In dem alten Schulgebäude haben wir einmal eine Klausur geschrieben und es regnete, als eine Mitschülerin sich bemerkbar machte und sagte: ‘Es regnet auf meine Klausur.’ Die Fenster waren auch einfach undicht.“ Charlotte Kretauer, Abitur 2018