Gladbeck. Christa und Manfred Bogedain aus Gladbeck waren schwer an Covid-19 erkrankt. Wie sie 14 Wochen Krankenhaus überstanden und es ihnen heute geht.

Sie hatten sich all die Wochen und Monate so sehr in Acht genommen – aber schließlich schlug das Coronavirus doch zu. Und wie. Christa und Manfred Bogedain, die sich gleichzeitig infizierten, erlebten eine wochenlange Tortur, kämpften auf der Intensivstation des St.-Barbara-Hospitals in Gladbeck viele Tage ums Überleben. „Es war die Hölle, bis heute finde ich keine anderen Worte“, erinnert sich der 76-Jährige. Nur langsam tastete sich das Ehepaar Schritt für Schritt, aber gemeinsam zurück ins Leben, seit knapp vier Wochen sind die beiden wieder zuhause in ihrer Wohnung an der Rentforter Straße – nach knapp 14 Wochen Krankenhausaufenthalt.

„Wir sind noch einmal davon gekommen“, sagt Christa Bogedain mit großer Demut, aber auch in großer Dankbarkeit für die Hilfe, die sie erfuhren. Noch gehen der 68-Jährigen die schlimmen Wochen nicht ganz aus dem Kopf, aber sie blickt nach vorn, hat sich inzwischen körperlich soweit erholt, dass sie und ihr Mann wieder ihren Alltag daheim bewerkstelligen – und über die dramatischen Erlebnisse reden können.

Mit Corona auf der Intensivstation – eine kräftezehrende Tortur

Manfred Bogedain, nach Überwindung de schlimmsten Krankenphase, während der Erholungsphase in der Geriatrie im Josefshospital Horst. „Anfangs konnte nicht mal auf der Bettkante hin und her rutschen.“
Manfred Bogedain, nach Überwindung de schlimmsten Krankenphase, während der Erholungsphase in der Geriatrie im Josefshospital Horst. „Anfangs konnte nicht mal auf der Bettkante hin und her rutschen.“ © Bogedain

Es war der 22. November, als das Ehepaar per Rettungswagen als Coronapatienten ins Krankenhaus kam. Fünf Tage vorher war die Infizierung bei einem Test aufgefallen, ohne große Symptome der Corona-Infizierung verblieb das Ehepaar zunächst in häuslicher Quarantäne. Manfred Bogedain, ehemaliger und langjähriger WAZ-Redakteur und seit vielen Jahren ehrenamtlicher „Macher“ der Verkehrsvereins-Zeitschrift „Gladbeck, unsere Stadt“, war mit Luftnot daheim zusammengebrochen, kam sofort auf die Intensivstation, seine Frau Christa einige Tage später, nachdem sie zunächst auf der Isolierstation lag.

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Zwei Tage war der 76-Jährige kaum bei Bewusstsein, war auch verwirrt, musste – wie er später erfuhr – sogar fixiert werden. Erst als das Bewusstsein wieder richtig zurück kam, nahm er wahr, dass er über eine Mund-Nasen-Maske mit Sauerstoff versorgt wurde – am Ende zwei Wochen lang, 23 Stunden am Tag. „Das war eine sehr anstrengende, kräftezehrende Prozedur, kaum durchzuhalten“, denkt Manfred Bogedain zurück. Die ganze Situation auf der Intensiv ging ihm nahe, war bedrückend. Auch manchmal ansehen zu müssen, dass jede Hilfe nicht reicht. Sein Bettnachbar, auch ein Covid-Patient, schaffte es nicht. „Ich war immer wieder nahe daran, aufzugeben.“ Es drohte die Intubation, „da habe ich richtig Bammel vor gehabt.“ Die Gedanken an seine Familie, der Kontakt zu Kindern und Enkel über Telefon und Tablet, gaben ihm Mut, um durchzuhalten.

Beide überlebten die Covid-19-Erkrankung wie durch ein Wunder

Können inzwischen auch wieder lachen: Das Ehepaar Christa und Manfred Bogedain nach überstandener Corona-Infizierung.
Können inzwischen auch wieder lachen: Das Ehepaar Christa und Manfred Bogedain nach überstandener Corona-Infizierung. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Wie schlecht es um ihn stand, erfuhr er Tage später von einem der behandelnden Ärzte. „Herr Bogedain, Sie haben den Jackpot geknackt“, zog der Mediziner einen Vergleich heran, wie groß sein Glück war, mit dem Leben davon gekommen zu sein. Gleichzeitig quälten ihn große Sorgen um seine Frau – sie lag zwei Türen weiter auf der Intensiv. Bei ihr hatte sich die Situation innerhalb kürzester Zeit so verschlechtert, dass sie ins künstliche Koma versetzt und intubiert wurde. Als ihr nach zwei Wochen der Tubus entfernt wird, war die Tortur noch nicht vorbei: in ihrem Bauchraum fanden die Ärzte Blutungen als Folge der Covid-Behandlung, wieder Lebensgefahr. Es folgte eine OP und erneut künstliches Koma.

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Christa Bogedain selbst weiß von der Zeit nichts. „Meine erste Erinnerung ist die aus dem Aufwachraum, ich konnte kaum schlucken, bekam etwas zu trinken und sie boten mir etwas Götterspeise an – die war so lecker.“ Erst da erfuhr sie, wie schlecht es um sie stand. Dass sie überlebte, so erfuhr sie später, wurde „als ein kleines Wunder“ gewertet. Erst am 19. Dezember kam sie zu ihrem Mann auf die Isolierstation, der zwei Wochen auf der Intensivstation gelegen hatte.

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Ehepaar appelliert, die Corona-Regeln ernst zu nehmen

Erst dort sahen sie sich wieder und hatten das Glück, gemeinsam in einem Zimmer untergebracht zu sein. „Wir waren beide derart schlapp und hinfällig, wir konnten nicht mal auf der Bettkante hin und her rutschen“, erinnert sich Manfred Bogedain. „Man glaubt nicht, in welch kurzer Zeit man Muskulatur verliert.“ Christa Bogedain: „Es fehlte einem dermaßen die Kraft.“ Nur in ganz kleinen Schritten begann die Genesung. „Selbst ein Stück Frikadelle auf dem Teller abzuschneiden, war Arbeit.“ Ganz langsam, zunächst mit Gehwagen, dann mit Rollator, gelangen Gehversuche. In der Geriatrie im Josefs-Hospital Horst, in das sie im Januar wechselten, erreichten sie durch gezielte Therapien weitere Fortschritte, schließlich am 11. Februar die Rückkehr nach Hause.

52 Stufen bis zur Wohnung

Christa Bogedain hat sich inzwischen soweit erholt, dass sie es schafft, die vier Etagen (52 Stufen) zu ihrer Wohnung zu bewältigen. Nächste Woche will sie das erste Mal mit Rollator und Hilfe „vor die Tür“. Manfred Bogedain, bei dem die Covid-Erkrankung wegen einer schweren Vorerkrankung tiefere Spuren hinterlassen hat, muss noch ständig mit Sauerstoff versorgt werden und ist auf eine Gehhilfe angewiesen. Er konnte bislang noch nicht die Wohnung verlassen – die 52 Stufen kann er noch nicht bewältigen.

Das Ehepaar – beide sind vor ihrer Krankenhaus-Entlassung dreimal negativ auf das Coronavirus getestet worden – weiß bis heute nicht, wo oder von wem sie sich im November infiziert haben. Die wenigen Kontakte (Pflegedienst, Familie) wurden sofort getestet – ohne Befund. Und: Beide waren wegen des Lockdowns auch so gut wie gar nicht aus dem Haus gewesen.

Nach und nach verblassen bei beiden die größten Schrecken. Beide wollen mit ihrer Krankengeschichte klar machen, welch Risiko jedem Einzelnen durch Corona droht – deshalb auch der Schritt in die Öffentlichkeit. „Diese Erkrankung ist tückisch, gefährlich, niemand braucht sie.“ Sie appellieren, die Corona-Regeln einzuhalten, sich bei Kontakten zurückzuhalten, sich testen, sich impfen zu lassen.

„Corona-Zweiflern gönne ich einen Tag auf der Intensivstation“

„Wir können nicht begreifen, dass es immer noch Menschen gibt, die das Virus kleinreden, gar in Abrede stellen und Proteste organisieren. Ich wünsche niemandem etwa Schlechtes. Aber allen Zweiflern gönne ich einen einzigen Tag auf einer Corona-Intensivstation“, so der 76-Jährige, der gemeinsam mit seiner Frau Ärzten, Pflegekräften und Therapeuten dankt, „die hoch motiviert waren und niemals Ablehnung oder Anzeichen von Unmut zeigten. Sie leisten Knochenarbeit an der Grenze der Belastbarkeit.“

Jetzt blicken sie nach vorn – auf endlich engere Kontakte zur Familie, die sie so lange vermissten. „Wir freuen uns so darauf, vor allem bald wieder unsere vier Enkel in den Arm nehmen und drücken zu können!“