Gladbeck. In Gladbeck befreiten Fachmänner den Ehrenmalteich von Wasserlinsen, die sich stark verbreiteten. Ein Spezialboot kam zum Einsatz.

Alexander Ehlen geht auf Beutezug in Wittringen. Gemächlich zieht sein Bötchen Bahnen auf dem Teich am Ehrenmal. Doch was der 40-Jährige Mitarbeiter einer Spezialfirma aus Essen angelt, sind keine Fische. Sein Spezialfahrzeug schöpft Wasserlinsen ab. Sie bilden einen dichten grünen Teppich. Auf dem niedrigen Wasser gibt es stellenweise keine Stellen, an denen sich die so genannte „Entengrütze“ nicht ausgebreitet hat.

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Vier bis fünf Tonnen Wasserlinsen „grasen“ Ehlen und sein Kollege Florian Pintica in zwei Tagen ab. Der 34-Jährige harkt mit einer Forke zusammen, was der „Bötchen-Fahrer“ am Ufer ablädt: Außer Wasserlinsen finden sich in der nassen grün-braunen Masse mit dem brackigen Geruch Seerosenblätter und Hornkraut.

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Hier in Wittringen fischen die beiden Mitarbeiter des Unternehmens Vignold zwar das erste Mal, doch die Materie ist den Männern vertraut. Für die Emschergenossenschaft und den Lippeverband hat die Firma bereits Gewässer von Algen & Co. befreit. Landauf, landab, von Wuppertal bis Hannover, ob auf dem Baldeneysee in Essen oder eben in Gladbeck: Wasserpest und Algen vermehren sich vielerorts munter.

Gladbeck: Der Wasserstand in den Teichen sank infolge der Trockenheit

Sehr zum Leidwesen von Fachleuten wie Ralf Sonnenberg. Der Leiter des Fachbereichs Grünflächen- und Friedhofsunterhaltung beim Zentralen Betriebshof Gladbeck (ZBG) erklärt: „Der Grund für die starke Ausbreitung der Wasserlinse ist wieder einmal das veränderte Klima: „Kein Regen, Trockenheit. Die Wasserstände sinken seit Juni.“ Eine Folge: Die Fontäne im Ehrenmalteich wurde abgestellt. „Wir hatten für ihren Betrieb zu wenig Wasser“, sagt Sonnenberg. Das nächste Glied in der Kettenreaktion heißt denn auch: keine Durchlüftung im Teich. Das führte wiederum dazu, „dass die Wasserlinse sehr stark gewachsen ist“.

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Kaum hat Alexander Ehlen ein Fleckchen Wasserlinsen abgeschöpft, schließt sich die Lücke wieder.
Kaum hat Alexander Ehlen ein Fleckchen Wasserlinsen abgeschöpft, schließt sich die Lücke wieder. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Der ZBG-Experte erläutert: „Die Pflanze verbraucht viel Sauerstoff, darunter leiden die Fische.“ Was ganz klar nicht bedeuten soll, dass schwimmende Bewohner wie Rotaugen, Hechte, Karpfen und Moderlieschen am Ehrenmal ausgestorben sind: „Die gibt es hier immer noch.“

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Doch eine erhöhte Sättigung mit Sauerstoff tut ihnen gut, also rückte das Mähboot aus. Schließlich will Sonnenberg eine Situation wie vor wenigen Jahren am Quälingsteich vermeiden: Seinerzeit stank der Algenbelag zum Himmel.

Die Wasserlinsen-Ernte wird kompostiert

Normalerweise hat das Wasser im Teich am Ehrenmal eine Tiefe von 30 bis 40 Zentimetern. Aktuell, so Sonnenberg, dürften es 15 bis maximal 20 Zentimeter sein. Bei diesem Niedrigstand verwundert es nicht, dass Mähboot-Kapitän Ehlen bisweilen fast auf dem Trockenen steht, je mehr er sich dem Ufer nähert. Doch kein Problem: Das 55-PS-starke Modell, made in Schweden, ist ein Allrounder. Zu Wasser und zu Lande ist das Amphibienfahrzeug zu gebrauchen. Und nicht nur das, so Ehlen: „Statt der Gabel vorne am Boot können wir auch einen Baggerarm oder ein Mähwerk anbringen, dass auch unter Wasser einsetzbar ist.“

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Eine Nutzpflanze der Zukunft?

Die Wasserlinse ist als Entengrütze bekannt. Die winzige Pflanze macht sich auf der Oberfläche stehender oder langsam fließender Gewässer breit.

Keine Blütenpflanze wächst schneller als die Entengrütze, in der laut Grün-Fachmann Ralf Sonnenberg einige noch ungenutzte Kräfte schlummern. Wasserlinsen lassen sich schnell, günstig und unkompliziert so gut wie überall auf dem Erdball anbauen. Sie gedeihen auch auf Schmutz- und Brackwasser – und sind fähig, diese „Suppe“ zu reinigen.

Die Teichlinse – weltweit sind der Wissenschaft 37 Arten bekannt – hat einen hohen Nährstoffgehalt, liefert mehr Eiweiß als die Sojabohne. Entengrütze wäre unter anderem denkbar als Tierfutter oder Rohstoff für die Biogas-Produktion. Die Pflanze lässt sich einfacher ernten als andere Algenarten, die über ähnliche Inhalte verfügen: Man schöpft sie von der Wasseroberfläche – wie jetzt in Wittringen geschehen.

Es scheint eine wahre Sisyphos-Arbeit zu sein, die die beiden Wasserpfleger hier in Wittringen leisten. Kaum ist ein Fleckchen Entengrützen-frei, schließt sich die Lücke wieder. Ob dieser Job Spaß macht? „Ja“, sagt Alexander Ehlen – und die tiefe Überzeugung ist ihm anzumerken. Er lädt seine Fracht ab und tuckert wieder los in die Teichmitte.

Sonnenberg: „Rund 5000 Euro kostet uns diese Aktion.“ Die „Ernte“ der Spezialisten landet in der Kompostierung.