Gladbeck. Im Wittringer Wald in Gladbeck müssen tote Buchen aus Sicherheitsgründen so schnell wie möglich entfernt werden. Und das ist erst der Anfang...

Spaziergänger müssen draußen bleiben! Bauzäune versperren den Zugang zum Bereich des Wittringer Waldes in der Nähe von Bauer Wilms. Tonnenschwere Äste drohen von toten Buchen herabzustürzen und Menschen zu erschlagen. „Eine Fällung ist aus Sicherheitsgründen diskussionslos“, sagt Ralf Sonnenberg, Grün-Experte beim Zentralen Betriebshof Gladbeck (ZBG). Und das Aus von 50 abgestorbenen Buchen als Sofortmaßnahme ist erst der Anfang. Förster Markus Herber: „Alle Buchen im Wittringer Wald sind tot oder krank.“ Bereits jetzt ist den beiden Fachmännern klar: „Diese Ecke hier wird schon zu Weihnachten nicht mehr so aussehen wie im Frühjahr.“

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Noch vor einigen Monaten war die Welt im Wittringer Wald (einigermaßen) in Ordnung. Und jetzt? Besteht Lebensgefahr in dem Geflecht von Wegen, die ersten Buchen werden voraussichtlich im November gefällt werden. Das Erschreckende sei die Geschwindigkeit, mit der sich das Buchensterben entwickle, so Sonnenberg. Er sagt mit Nachdruck: „Ich kann es nicht mehr verantworten, dass Menschen hier entlanggehen.“

Gladbeck: Ein Aufenthalt an dieser Stelle im Wittringer Wald ist zu gefährlich

Ein Aufenthalt unter dem arg löchrigen Blätterdach ist einfach zu gefährlich. Deswegen gelten die Sperrungen ab sofort und bis mindestens Ende des Jahres – vorerst. Denn Fällungen werden auch danach unumgänglich sein, kündigen Herber, Leiter des zuständigen Forstbetriebsbezirks Bottrop, und sein ZBG-Kollege an. Der jetzige Prozess werde sich über Jahre ziehen.

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Das natürliche „Schatzkästlein“ Gladbecks verliert grüne Juwelen – und das in bislang nicht zu beziffernder Zahl. Da brechen in einem ersten Schritt mindestens 50 Buchen aus der Krone. Bei dieser ersten Aktion könnten aber auch 80 Bäume der Axt zum Opfer fallen, räumen Sonnenberg und Herber ein. Im kommenden Frühjahr werden der Förster und der ZBG-Experte erneut den Zustand des Wittringer Waldes inspizieren. Doch sie geben sich keinerlei Illusionen hin: Bekrabbeln werden sich die todkranken Schützlinge nicht mehr – da brauchen Baum-Fans auch nicht auf eine Wunderheilung zu hoffen. Und ein Aufpäppeln ist ebenfalls unrealistisch. Bei diesen Schäden...

Der Klimawandel, so ließe es sich vereinfacht auf den Punkt bringen, hat den Buchen das Ende gebracht. 140 bis 150, ja sogar 200 Jahre haben die bis zu 50 Meter hohen Riesen mit einem Durchmesser von bis zu zwei Metern hier gestanden – dann kamen Trockenheit und Hitze über Jahre hinweg.

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Da ein gestresster Baum ein schwacher und anfälliger ist, kommt eine Kettenreaktion in Gang, „weil der Kreislauf nicht mehr funktioniert“. Sonnenberg erklärt: „Die Buchen bekommen Sonnenbrand.“ Weil sie eine dünne Rinde haben, schwindet das Holz, es bilden sich Risse, Schädlinge wie der Kleine Buchenborkenkäfer und der Zunderschwamm haben eine Angriffsfläche und zersetzen den Baum, so dass er instabil wird – gerade bei den zu erwartenden Stürmen eine immense Gefahr – und schließlich stirbt.

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Einige Buchen bäumen sich noch einmal auf, produzieren Bucheckern. Sonnenberg erläutert: „Die Bäume spüren, dass sie sterben und nicht mehr viel Zeit zur Vermehrung haben. Es sind ja Lebewesen.“

Der Baumbestand in Wittringen

Einen Großteil des Baumbestandes im Wittringer Wald machen Eichen und Buchen mit fast 50 Prozent aus, so Förster Markus Herber. Aber auch Erle und Ahorn seien stark vertreten. „Eichen bereiten uns im Moment keine Probleme“, sagt ZBG-Fachmann Ralf Sonnenberg. Und auch Erlen und Ahornbäume machen keine Scherereien.

Die gefällten Buchen taugten im besten Falle noch als Brennholz. Sonnenberg: „Doch der Wittringer Wald ist ja kein klassischer Nutzwald, der Ertrag bringen soll, sondern dient der Erholung.“

Wie es mit Ersatzpflanzungen in den Wittringer Bereichen, in denen Buchen von der Bildfläche verschwinden, ausschaut, können die Fachleute zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend beantworten. Denkbar wären beispielsweise Trauben- und Eberkirsche, vielleicht auch Eiche oder Ahorn.

Rote Kreuze kennzeichnen, für welche Buchen das Schicksal bereits besiegelt ist. Aber auch der Laie erkennt mit bloßem Auge: Diese Bäume sind nicht mehr zu retten.

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Dürre Äste ragen gen Himmel, vereinzelt scheint sich ein Blättchen im Herbstwind an ein mageres Zweiglein zu klammern, weht verloren im Wind. Doch auch ohne den Blick in die Höhe schweifen zu lassen, ist das Ausmaß des Waldschadens unübersehbar. Auf Schritt und Tritt liegt Totholz, mal eher eine Ansammlung trockenen Laubs an sprödem Geäst, mal aber auch größere Kaliber. Wie ein schätzungsweise 15 Meter langer Ast mit etwa 90 Zentimetern Umfang, der deutlich sichtbar aus etwa zehn Metern abgebrochen ist. Ungefähr 1,2 Tonnen dürfte das Holzstück auf die Waage bringen, schätzen die Fachmänner. Sonnenberg: „Da liegt ein Kleinwagen.“

Nicht auszudenken, wenn dieser Ast auf einen Menschen niedergegangen wäre. Deswegen sollten Ausflügler tunlichst den Warnhinweis an den Absperrungen beherzigen: „Weg gesperrt – Gefahr durch Astbruch“.