Gladbeck. Vor allem Betriebe, die im Kundendienstbereich tätig sind, berichten von Auftragsrückgängen. Chefs haben Sorge vor Infektionen der Mitarbeiter.

Die Corona-Krise erreicht das Gladbecker Handwerk - auch wenn die Auswirkungen noch unterschiedlich sind. Vor allem die Betriebe, die im Kundendienstbereich arbeiten, spüren Zurückhaltungen der Kunden, es gibt auch bereits Stornierungen. Erste Firmen melden Kurzarbeit an. Sorge bereitet allen eine mögliche Ansteckungsgefahr für die eigenen Mitarbeiterteams - und damit eine drohende Schließung des Betriebs.

Elektromeister Jörg Schwalvenberg berichtet "von Einschnitten in allen Bereichen, Aufträge gehen radpide zurück". 22 Mitarbeiter beschäftigt seine Firma an der Möllerstraße. "Vorsichtshalber habe ich Kurzarbeit angemeldet, man weiß ja nicht, wie sich das in den nächsten zehn Tagen entwickelt." Angst um die Firma, die seit mehr als 50 Jahren besteht, mache er sich nicht, "wir sind gut strukturiert". Aber die Mitarbeiter müssten beschäftigt werden. "Im Moment sind sie das, weil wir Auftragsrücknahmen von Privatkunden durch Arbeiten an einer Schule, die wegen der Schulschließungen vorgezogen wurden, übernehmen konnten."

Nach Hamsterkäufen entspannt sich in der Bäckerei Zimmermann die Lage

"Das trifft auch uns, die Kurve geht nach unten", kommentiert Frank Steinbock, der mit seiner Ellinghorster Heizungs- und Sanitärfirma vorwiegend im Kundendienst unterwegs ist, die Auswirkungen der Corona-Krise. "Etliche Kunden haben uns schon abgesagt, die Ungewissheit ist groß", so der Firmenchef, der 15 Mitarbeiter beschäftigt. Im Moment arbeite man noch Überhänge ab, "und Heizungsausfälle gehen immer, darauf kann ja keiner verzichten". Kurzarbeit sei daher noch kein Thema. Um die Angst auf Ansteckung bei den Mitarbeitern zu minimieren, arbeite man in festen Teams, die sich möglichst nicht begegnen.

Die Bäckerei Zimmermann in Butendorf (13 Mitarbeiter) spürt nach Hamsterkäufen und einem Umsatzplus bis zum vergangenen Samstag in dieser Woche eher eine Zurückhaltung der Kunden. "Die Lage hat sich entspannt." Noch keine Einschränkungen gebe es in der Backstube, so Thorsten Zimmermann. Noch werde alles gebacken. Allerdings finde der Verkauf unter Vorsichtsmaßnahmen statt: Nur zwei Kunden dürften, bei 1,5 bis 2 Metern Abstand, gleichzeitig in den Verkaufsraum, das Personal werde durch eine Plexiglasscheibe auf der Verkaufstheke geschützt.

Für Dachdecker Schucht ist Kurzarbeit kein Thema

Keine Stornierungen meldet Dachdeckermeister Erich Schucht in Stadtmitte. "Wir sind auch ganz flexibel, was unsere Arbeitseinsätze anbelangt." Kurzarbeit sei für den Sieben-Mann-Betrieb kein Thema. Bei Heizungsbauer Ingo Dellnitz in Brauck halten sich Stornierungen und Neuaufträge die Waage. "Es ist schon ruhiger geworden, aber es gibt auch etliche, die jetzt zu Hause sind und uns spontan beauftragen." Für ihn ist wichtig, dass sich sein neunköpfiges Team schützt, wenn Kundenbesuche anstehen. "Wir haben 500 Atemmasken bestellt und erhalten."

Malermeister Frank Sienert, der auch Obermeister der Gladbecker Malerinnung mit zehn Betrieben ist, hat wegen der Corona-Krise noch nicht weniger zu tun. Was aber daran liege, dass er mit seinem kleinen Betrieb in Rentfort vor allem in Neubauten tätig ist. "Aber auch dort müssen die Mitarbeiter Abstände einhalten, dürfen nicht mehrere Gewerke gleichzeitig im Rohbau sein." Angst habe er vor Infizierungen. Möglicherweise könne er dann aber auf Aushilfen über eine Zeitarbeitsfirma zurückgreifen. "Aber im Notfall stützen sich sicher Betriebe der Innung gegenseitig."

Elektromeister Ludger Tautz: "Wir möchten heil heraus kommen"

Bei Malermeister Dennis Tietz aus Butendorf ist "der eine oder andere Privatkunde" abgesprungen, sein achtköpfiger Betrieb habe aber noch genug zu tun, da er hauptsächlich gewerbliche Kunden habe, "und da läuft es weiter". Wichtig ist ihm, "die Jungs nicht in Gefahr zu bringen": Sein Team fährt nur mit Masken, Handschuhen und Desinfektionsmitteln raus.

Auch der Elektrobetrieb von Ludger Tautz in Renfort hat bislang "keinerlei Einbußen, wir arbeiten noch voll". Auch er ist aber mit seinen zehn Beschäftigten vor allem auf größeren Baustellen tätig. Im kleineren Kundendienstbereich sei es "ruhiger geworden". Seine "Zweier-Teams" will Tautz aus Infektionsschutzgründen nicht mehr mischen. "Es ist eine schwierige Situation für alle, wir möchten nur heil daraus kommen."

>>> FDP: Stadt soll schnell und unbürokratisch helfen

Die FDP Gladbeck sorgt sich um die Folgen der Corona-Krise. „Wir müssen verstärkt darauf achten, dass Betriebe, Selbstständige, Freiberufler und Künstler nicht in die Pleite abdriften", so FDP-Chef Michael Tack. Er regt an, dass die Wirtschaftsförderung der Stadt per Newsletter über alle Maßnahmen der Bundes- und Landesregierung zur Sicherstellung der Liquidität informiert, inklusive der Ansprechpartner und Anlaufstellen.

Die Stadt müsse schnell und unbürokratisch "alles in ihrer Macht Stehende tun", um die wirtschaftlichen Folgen der Krise zu verringern, fordert Tack. Er schlägt die "sofortige zinsfreie Stundung offener kommunaler Steuern" für alle Bürger vor. Nach der Krise sollten Gebühren für die Straßennutzung durch den Einzelhandel und die Gastronomie ausgesetzt werden. Als Hilfe für das Handwerk sollten schnellere Genehmigungen für Nutzungsänderungen und Bauanträge erfolgen.