Gladbeck. Wildwechsel an Wäldern und Feldern ist gerade in der Dämmerung auch in Gladbeck eine Gefahr. Jäger und Polizei warnen vor Ausweichmanövern.
Morgens wird es später hell, abends früher dunkel. Regen behindert zudem die Sicht, auch mal Nebel. Das ist genau die gefährliche Situation, in der es kracht zwischen Autos und Wildtieren. Gerd Tersluisen vom Hegering Gladbeck: „Auch hier bei uns gibt es einige Strecken, auf denen besondere Aufmerksamkeit geboten ist, gerade in der Dämmerung.“ Polizeisprecherin Ramona Hörst bestätigt: Wildunfälle können überall passieren, „wo Waldstücke oder Felder an Straßen grenzen“.
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Und da gibt es in Gladbeck – man mag es kaum glauben – einige. Die Hornstraße und die Hegestraße sind solche Wildwechsel-Stellen, ebenso die Frentroper Straße zwischen Maschinenhalle und Stadtgrenze. „Außerdem der Bereich des Bahnübergangs an der Bottroper Straße und das Gebiet in Richtung Scholven“, zählt Tersluisen auf.
Die Zahl der Fälle sei steigend, stellt er fest. „Im Jahr 2018 wurden den Autoversicherern 275.000 Wildunfälle gemeldet, das ist ein Plus von 11.000 im Vergleich zum Vorjahr“, so der Obmann für Öffentlichkeitsarbeit im Hegering Gladbeck. Die Zahl heruntergebrochen bedeutet: Durchschnittlich kollidieren bundesweit Tag für Tag 750 Wildtiere mit Autos – so viele wie nie zuvor.#
Im Kreisgebiet Recklinghausen gibt es zahlenmäßig große Unterschiede
Dagegen nehmen sich die Zahlen für Gladbeck gering aus. „Bis Ende Mai waren drei Wildunfälle gemeldet“, sagt Ramona Hörst aus dem Polizeipräsidium Recklinghausen. Im Jahr 2018 waren es laut Statistik fünf Wildunfälle, sechs wurden für 2017 registriert. Im Zuständigkeitsbereich der Behörde gebe es „immense Unterschiede“, stellt Hörst heraus. Sie berichtet: „Im ländlichen Raum, beispielsweise in Haltern und Dorsten, haben wir pro Jahr jeweils mehr als 180 Wildunfälle. In Herten ist es eine Zahl im mittleren zweistelligen Bereich.“
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Selbst wenn sich die Fallzahlen in Grenzen halten, weist Gerd Tersluisen auf die Gefahr für Leben und Schaden am Fahrzeug an. Mit durchschnittlich gut 2700 Euro schlägt statistisch ein Wildunfall für die Versicherer zu Buche, so der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Insgesamt sei der wirtschaftliche Schaden um rund 62 Millionen Euro auf 744 Millionen Euro geklettert.
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„Man geht davon aus, dass Raserei ein Grund für den Anstieg ist“, meint Jäger Tersluisen. Er legt Autofahrern deswegen dringend ans Herz, das rot gerahmte Dreieck mit dem springenden Bock ernst zu nehmen: „Sie stehen an den Stellen nicht aus Jux und Dollerei. Die Schilder warnen vor Wildwechsel.“ Die Menschen am Steuer oder auf Zweirädern sollten an diesen Stellen also darauf gefasst sein, dass Tiere die Straße queren. Deshalb: bremsbereit fahren!
Wie verhalte ich mich im Ernstfall?
Wer einen Wildunfall hat, sollte den Ort des Geschehens absichern und die Polizei informieren, unterstreicht Gerd Tersluisen. Der Fachmann vom Hegering Gladbeck erklärt: „Sie stellt eine Unfallbescheinigung aus, die man unbedingt zur Vorlage bei seiner Versicherung benötigt.“ Nur so werde der Schaden reguliert.
Auf gar keinen Fall, so warnt Tersluisen, dürften Unfallfahrer das totgefahrene Tiere einpacken und mitnehmen: „Das ist Diebstahl und Wilderei.“ Verunfalltes Wild dürfe weder in der eigenen Küche verarbeitet, noch als Nahrungsmittel verkauft werden, stellt der Jäger dar.
Ebenfalls tabu: ein angefahrenes Tier anfassen, ins Auto laden und zu einem Tierarzt bringen. „Die Polizei rufen. Sie kennt den Revierinhaber, der zur Jagd berechtigt ist, und nimmt Kontakt zu ihm auf“, umreißt Tersluisen das Prozedere. Der Jäger sei es, der im Ernstfall das verletzte Wild von seinem Leid erlöse.
Sollte eine Situation trotzdem auf einen Zusammenstoß zulaufen, empfiehlt Ramona Hörst: „So stark wie möglich bremsen und das Licht abblenden.“ Um das Wild zu erschrecken, sollten Fahrer auf die Hupe drücken.
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Die Polizeisprecherin und der Jäger raten dringend davon ab, irgendwelche riskante Ausweichmanöver zu versuchen. Zu groß sei die Gefahr, das Lenkrad zu verreißen und sich (verletzt) an einem Hindernis oder in einem Graben wieder zu finden. Tersluisen führt einen weiteren Aspekt an: „Wenn man für ein Tier einen Schlenker macht und vor einen Baum fährt, muss damit rechnen, dass die Versicherung diese Aktion als unverhältnismäßig einstuft und nicht zahlt.“ Die Kollision sei also im Ernstfall das kleinere Übel.
„Hauptsächlich haben wir in Gladbeck Rehe, Hasen und Füchse. Aber auch schon Hirsche hatten wir hier“, sagt Tersluisen. Rehwild könne bis zu 28 Kilo wiegen, ein Wildschwein gar um die 130 Kilo.