Gladbeck. . Manche Gladbecker füttern die Kanadagänse, viele Spaziergänger wollen sie wegen ihres Drecks nicht sehen. Eine Jagd auf die Vögel ist möglich.
Die Spaziergängerin ist entzückt: Was hier in Wittringen zu ihren Füßen einhertrippelt, sieht aber auch zu niedlich aus. Putzmuntere weiche Wattebäuschchen auf zwei staksigen Beinchen. Die Tierchen erkunden im Gras und auf den Spazierwegen die Welt rund um das Wasserschloss Wittringen: Es ist der Nachwuchs der Kanadagänse.
Die Kritik lautet: „Die Vögel kacken alles voll!“
Noch finden etliche Ausflügler den Vogelnachwuchs hübsch – „wie süß“! Noch. Wie mag sich die Schwärmerei demnächst wandeln, wenn die Hinterlassenschaften der Vögel die Umgebung in Wittringen – und auch im Nordpark – verschmutzen? Denn alle Jahre wieder erregt die Diskussion über Kanadagänse und deren Kot die Gemüter. Es melden sich, auch jetzt, WAZ-Leser zu Wort, um ihrem Unmut Luft zu machen. Bernhard Schregel, Experte beim Zentralen Betriebshof Gladbeck (ZBG), weiß ebenfalls aus langjähriger Erfahrung: „Die puschelig-flauschigen Tiere mögen die Leute.“ Aber manche Gladbecker hätten sich auch jetzt schon wieder kritisch geäußert. „Wenn wir unterwegs sind, hören wir das Geschimpfe: Die Kanadagänse kacken alles voll.“
Experte Schregel: „Vielleicht sind es diesmal weniger“
Dabei sei die Lage, im Vergleich zu manchem Vorjahr, „entspannt“. Schregel meint: „An der Gänsefront ist es zurzeit relativ ruhig. Ich habe auch den Eindruck, dass es diesmal weniger Tiere sind als sonst.“ Vielleicht gebe es ja in diesem Jahr weniger gefiederte Großfamilien, zögen die umstrittenen Vögel statt der üblichen sechs, sieben oder gar acht Küken nur drei groß . . .
Eine Kanadagans frisst mehr als ein Kilo Nahrung
Gerd Tersluisen, Obmann für Öffentlichkeitsarbeit beim Hegering Gladbeck, rechnet vor: „Gänse benötigen täglich ein Drittel ihres Körpergewichtes an Nahrung. Bei etwa 4,5 Kilogramm Lebendgewicht (im Mittel), sind das mindestens 1,5 Kilo Nahrung, die täglich gefuttert werden müssen“ – und das komme nun mal zum Teil am anderen Ende des Vogels wieder heraus. Die Gelege haben nach Tersluisens Aussage oftmals neun bis zwölf Eier. Der Jäger sagt: „Wenn die Jungen heranwachsen, „sind schnell mal 100 Gänse im Bereich des Nordparks zu bewundern.“ Und in Gladbeck findet das Federvieh perfekte Brutbedingungen und einen gedeckten Tisch. Tersluisen hat beobachtet, dass einige Menschen auf die gefräßigen Tiere fliegen und sie, beispielsweise taschenweise mit Brotresten, füttern. Solche Tierfreunde – der Fachmann setzt das Wort in Gänsefüßchen – nehmen durch ihr Verhalten Einfluss auf die Population.
Eine Forderung lautet: „Die Vögel abschießen!“
Schregel kennt die Forderung all jener, denen nicht im Traum einfiele, Kanadagänsen Futter zu geben. Der ZBG-Mann: „Die Vögel sollen abgeschossen werden, bekommen wir zu hören.“ Der Jäger dazu: „Die Kanadagans ist jagdbar und wird von uns auch kräftig bejagt. Allerdings nur in der Zeit vom 16. Juli bis 31. Januar und auf den Feldern der Gladbecker Landwirtschaft.“ Eine Bejagung im Bereich der Teiche, zum Beispiel in Wittringen, sei einfach zu „gefährlich und verantwortungslos“. Er sagt mit Nachdruck: „Die Natur wir den Bestand nicht regulieren.“
Vorsicht: Tiere verteidigen ihren Nachwuchs
Jäger Gerd Tersluisen gibt Hinweise, wie sich Menschen gegenüber Gänsen mit Jungen verhalten sollten. Der Jäger erklärt: „Jeder Familienvater und jede Mutter würden ihr Kind bis aufs Blut verteidigen. So tun das alle wehrhaften Tiere in der Natur auch.“ Jogger, die zum Beispiel rund um das Wasserschloss Wittringen laufen, sollten nicht auf ihrem Recht bestehen, bestimmte Wege zu laufen, „wenn sie dort mitten durch eine Gänseschar rennen müssen“. Tersluisen sagt: „Ein Angriff der Gänseeltern ist zwingend zu erwarten. Das haben wir früher als Kinder wohl alle schmerzhaft lernen müssen.“
Menschen sollten Jungwild nicht anfassen
So sei in dieser Zeit mit Angriffen, beispielsweise auf Jogger, nicht nur durch die wehrhaften Gänse und Schwäne, sondern auch durch Bussarde oder Walzkäuze zu rechnen – „alle verteidigen nur ihre Jungen.“ Generell sollten Menschen auch Jungwild niemals anfassen. „Bei Frischlingen ist das besonders gefährlich“, warnt Fachmann Gerd Tersluisen.