Gladbeck. . Mit den Kanadagänsen kommt zum Leidwesen von Spaziergängern auch der Kot der gefiederten Vielfresser auf den Wegen um Schloss Wittringen.

Die Besucherin der Wittringer Grünanlage ist auf die geflügelten Bewohner, die sich alle Jahre wieder in Wittringen rund um den Schlossteich niederlassen, überhaupt nicht gut zu sprechen. „Eine echte Plage sind diese Viecher“, schimpft sie laut, „von diesen Kanadagänsen gibt es viel zu viele.“ Dabei sind’s nicht die Vögel an sich, über die sich Spaziergänger wie diese Frau echauffieren. Die Hinterlassenschaften der Tiere auf den Wegen stellen immer wieder ein Hindernis dar. Da gerät ein Bummel rund um das Wasser eher zum Insel-Hopping: von einem kotfreien Fleckchen zum nächsten, um ja nicht in die Vogelhaufen zu treten.

Kiloweise Grünzeug

Die Parkvögel fliegen über den Winter in den Süden. Kehren sie in unsere Gefilde zurück, lassen sie sich zu Dutzenden in Grünanlagen nieder. Zum Leidwesen vieler Erholungssuchender. Von spinatgrün bis fast schwarz – der Fußweg ist übersät vom Gänsedreck. Was in so einen großen Vogel reinkommt – nämlich kiloweise Grünzeug – muss schließlich auch wieder raus.

Viele Junge zu beobachten

Brigitte Köhler kennt die Beschwerden aus der Bevölkerung schon. In diesem Jahr, so meint die Sprecherin des Zentralen Betriebshofs Gladbeck (ZBG) beobachtet zu haben, könnten es weniger dieser gefiederten Vielfresser sein als in den Vorjahren sein. Doch wer am Wasserschloss Wittringen spazieren geht, sieht Kanadagänse, einige beringt, in größeren Gruppen auf dem Teich; gut 20 weitere rupfen nahe der Holzbrücke zum Museum am Ufer Grashalme. Ein Besucher weist den Weg zu den Vogelfamilien mit Nachwuchs. Der Mann hat seine Freude an den flauschigen Küken, die sich – bewacht von Gänsemüttern – auf dem Rasen tummeln.

Die flauschigen Küken entzücken so manchen Spaziergänger am Wittringer Schlossteich. Da wird dann auch schon mal das Handy für ein Foto gezückt.
Die flauschigen Küken entzücken so manchen Spaziergänger am Wittringer Schlossteich. Da wird dann auch schon mal das Handy für ein Foto gezückt. © Lutz von Staegmann

„Es gibt viele Junge in diesem Jahr“, stellt Christian Siedlaczek fest. So niedlich der Gänse-Nachwuchs auch aussehen mag, der Tierpfleger der benachbarten Vogelinsel gibt Naturfreunden den guten Rat, sich vor zu nahem Kontakt zu hüten: „Die Großen verteidigen die Küken und beißen!“

Rabiat sind Kanadagänse nicht nur, wenn sie ihren Kinderschar beschützen. „Es kommt zu Kämpfen um Reviere“, so Michael Korn vom Naturschutzbund (Nabu). Da seien Kanadagänse nicht zimperlich. Dass Reviere gewechselt werden, sei also keine Ausnahme. Der Experte sagt: „Wenn es in Wittringen bessere Brutplätze gibt als im Nordpark, ziehen die Kanadagänse eben hierher.“ Doch so gut die Vogeleltern auch aufpassen – nicht jedes Küken wird zur ausgewachsenen Kanadagans. Michael Korn sagt: „Wenn sich die Vögel vermehren und sind verwandtschaftlich eng verbunden, treten oft Genschäden und Krankheiten auf.“

Hintergrund

In den Jahren 2016 und 2017 trieben verendete Wasservögel auf dem Schlossteich, beim Gros der toten Tiere handelte es sich um Kanadagänse.

Als Ursache standen im Raum: Vergiftung, eine ansteckende Krankheit, Blaualgen, Fremdeinwirkung. Doch trotz der Analysen der Untersuchungsbehörden in Recklinghausen, Münster, Berlin, Hamburg und München konnte der Grund des Vogelsterbens nicht geklärt werden.

„Der Eingriff in die Natur ist nicht unsere Aufgabe. Das tun wir nicht“, sagt Brigitte Köhler. Aber der ZBG hätte durchaus einen Weg, den Bestand zu beeinflussen. Weil sich Fressfeinde im hohen Gras verstecken könnten, meiden Kanadagänse solche Flächen. Also wäre es doch eine Lösung, einfach kein Grün zu mähen. Dann würden die Tiere andere Ziele ansteuern. Doch, so die Auskunft des ZBG: Dann würden sich die Bürger über ungepflegte Anlagen beschweren.

Jagdbares Wild

Oder gibt es doch noch eine andere Lösung, der vielfach ungeliebten Gänse-Gäste in Gladbeck Herr zu werden? Der Nabu-Mann sagt: „Diese Vögel gehören zum jagdbaren Wild.“ Was nicht heißt, dass Kanadagänse einfach aufs Korn genommen und abgeschossen werden dürfen. Der Fachmann stellt klar: „Schießen darf nur jemand mit einem Jagdschein und einer Sondergenehmigung.“