Gladbeck. . Wildtiere sind mitten in Gladbeck in Nachbarschaft zum Menschen heimisch. Gerd Tersluisen vom Hegering erklärt das Verhalten von Hasen und Rehen.
In aller Herrgottsfrühe ist die Welt an diesem Fleckchen irgendwo in Gladbeck in Ordnung. Dabei befindet sich der Ausguck keineswegs in der Pampa, wo sich Fuchs und Has’ „Gute Nacht“ sagen. Nein! Mensch und Tier leben hier Acker an Gebüsch. Vom Hochsitz aus sind Spaziergänger samt Hund zu erkennen. Ein Traktor zieht seine Bahnen. Nebenan grasen in aller Seelenruhe Pferde. Der ideale Platz, um an der Seite von Gerd Tersluisen Rehe und Hasen zu beobachten.
Hasen flüchten ab in die Hecke!
Dabei sei es durchaus nicht selbstverständlich, Langohren in freier Wildbahn zu sehen, betont der Obmann für Öffentlichkeitsarbeit beim Hegering Gladbeck. Denn das war nicht immer so. Also von wegen: ein Wald-und-Wiesen-Tier, das sich in unseren Breiten nur so tummelt. Der Fachmann stellt fest: „Der Bestand an Hasen scheint sich erholt zu haben.“ Er habe dieser Tage „zehn Stück in diesem Bereich gesehen“, berichtet Tersluisen, „es werden hier wohl 20 Hasen sein.“ Und Argusaugen erspähen vier Exemplare. Sie hocken in einer Bodenkuhle: „Häschen in der Grube . . .“ Die Löffel spitzen aus dem hohen Grün hervor. „Sie sind auf Hochzeitsreise“, sagt der Experte mit einem Augenzwinkern.
Rehe und Bock ergreifen die Flucht
Als wenn die menschlichen Beobachter ihnen lästig wären, flitzen die Hasen ruckzuck in ein Gestrüpp. Tersluisen, der für gut 130 organisierte Jäger in Gladbeck spricht, erläutert: „Die Hecken sind so ziemlich das Wichtigste für Wild, gerade auf offenem Feld.“ Dort finden Hasen und Rehe Unterschlupf. „In der Vergangenheit sind mehr als 70 Prozent aller Hecken auf landwirtschaftlich genutzten Flächen beseitigt worden“, berichtet der Hegering-Obmann. Doch beispielsweise durch das „Greening-Programm“, das Prämien bereithält, werde unter anderem der Erhalt solchen Strauchwerks ins Auge gefasst.
Auf der Flucht leuchtet der Spiegel auf
Auch Rehe schätzen das „Wohnen im Grünen“. Aber jetzt gerade sind Ricken und Bock in diesem Revier zum Futtern „ausgegangen“: Sie äsen – bis sie irgendetwas beunruhigt. Haben sie etwa die menschlichen Zaungäste in luftiger Höhe spitzgekriegt? Der weiße Spiegel – Jägerlatein für die helle Färbung am Hinterteil – blitzt auf, die Tiere schlagen einen Bogen. Tersluisen erklärt: „Wenn Rehe einen Schrecken bekommen, stäuben sich die Haare.“ Der Spiegel leuchtet dann auf. „Der Popo ist so etwas wie eine Alarmanlage“, bringt‘s der 73-jährige Bauingenieur auf den Punkt. Er berichtet: „Der Bock, den wir hier stehen haben, ist fünf Jahre alt.“ Etwa „20 Stück Rehwild“ leben hier auf rund 600 Hektar Fläche.
Aufgepasst bei Wildwechsel!
Wenn das Rehwild um seine Einstände (Rückzugsflächen) kämpft, sollten Autofahrer besonders Obacht geben. Gerd Tersluisen erklärt: „Die alten Platzböcke vertreiben alle jungen Geschlechtsgenossen aus ihrem Einstand. Die Kerlchen stürmen, wie von Furien gehetzt, in den nächsten Einstand und erhalten auch dort eine Abfuhr des Chefs.“
Das führe zu unvorhersehbaren Straßenüberquerungen – vor allem in den frühen Morgen- und späten Abendstunden. Daher: Hinweisschilder auf Wildwechsel beachten und Fahrtempo senken.
Nach ihrer leichtläufig-flinken Flucht bleiben die scheuen Rehe erst einmal in einiger Entfernung auf einem Feld stehen – die Köpfe wachsam gereckt. Mucksmäuschen still ist es. Scharfe Menschenohren können gerade mal das leise Klirren der Pferdehalfter und das Abrupfen von Gras vernehmen. Kein Vogel – „Das ist seltsam“, findet Tersluisen, „sonst steht hier schon mal ein Graureiher vor einem Mäuseloch und wartet auf Beute.“ Der Fasan sei mittlerweile gänzlich von der Bildfläche verschwunden – denn: „Junge Fasane brauchen Insekten, und die gibt’s kaum noch.“
Rehwild mag keinen Wind und bleibt in Deckung
Moment, was war das? Ein Klopfen! Ach so, Tersluisens Teckel Quintus mit seiner Rute! Ob das Geräusch dem Rehwild unangenehm in die Lauscher gedrungen ist? Kaum vorstellbar – es muss etwas anderes sein, das die Tiere bewegt, in die Hecke zwischen zwei Feldflächen zu stürzen. Tersluisen: „Es ist sehr windig. Das mögen sie nicht.Da bleiben sie lieber windgeschützt.“ Gut verständlich: Wer mag das schon, wenn einem eisiger Wind um die Nase pfeift? Die Rehe jedenfalls lassen sich an diesem Morgen erst mal nicht mehr blicken.