Regisseur Jens Dornheim aus Gladbeck feiert mit seinem freien Theater 15. Geburtstag. Eine Zeit voller Höhen und Tiefen. Ein Blick zurück.

15 Jahre voller Höhen und Tiefen, mit Rückschlägen, aber auch euphorischen Momenten. Wenn man nach so einer Zeit immer noch voll motiviert ans nächste Projekt denkt, ja, dann kann man doch nur sagen „alles richtig gemacht!“ Im Jahr 2004 hat Jens Dornheim, damals noch an der Uni, gemeinsam mit seinem besten Freund Gordon Stephan die freie Theatergruppe „glassbooth“ gegründet.

Jedes Jahr eine Produktion, fernab jeden Mainstreams, dafür mit „unbekannten, abgründigen, absurden oder schwarzhumorigen“ Stoffen nach literarischen Vorlagen, gerne mit Filmbezug. Das haben die beiden sich damals in die Hand versprochen. Gordon Stephan hat das Revier allerdings vor zehn Jahren Richtung Berlin verlassen. Dornheim hat weiter gemacht, bringt bis heute regelmäßig Stücke auf die Bühne, die seine Vorliebe für Schwarz-Humoriges und alles Filmische spiegeln.

Das Stück „The Man in the Glass Booth“ gab der Gruppe den Namen

Stolz blickt Jens Dornheim auf 15 Jahre „glassbooth“ zurück. Zum Jubiläum gibt es ein Buch und sogar einen Film.
Stolz blickt Jens Dornheim auf 15 Jahre „glassbooth“ zurück. Zum Jubiläum gibt es ein Buch und sogar einen Film. © Michael Korte

Das erste Stück „Der Mann im Glaskasten“, aufgeführt an der Uni Essen, begeisterte nicht nur das Publikum, es war auch namensgebend für das junge Theaterprojekt. Als Vorlage diente das Stück „The Man in the Glass Booth“ von Schauspieler und Autor Robert Shaw (1927-1978). Der begeisterte Dornheim als Schauspieler sowie als Schreiber – und wirkte auch noch in seinem absoluten Lieblingsfilm „Der Weiße Hai“ mit. Ein Umstand, der der freien Theatergruppe nicht nur einen merkwürdigen (und oft falsch geschriebenen) Namen einbrachte, sondern obendrein dazu geführt hat, dass Dornheim auch heute noch im Meer nur so weit hinausschwimmt, wie er den Grund sehen kann.

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Nach „Der Mann im Glaskasten“ folgte mit „Hautnah“ ein weiterer Publikumserfolg an der Uni. 2006 wollte „glassbooth“ im wirklichen Theaterleben an die Erfolge anknüpfen. Doch „Diese Geschichte von Ihnen“ (ein düsterer, psychologischer Krimi um einen Kinderschänder, der von einem Polizisten im Verhör erschlagen wird) erwies sich als Flop. Dornheim machte weiter, brachte auch in den Folgejahren Fantastisches und Abgründiges auf die Bühne. Bis dann 2012 mit „Satansbraten“ von Rainer Werner Fassbinder der absolute Tiefpunkt für das Theaterprojekt folgte. Schon bei den Proben, so Dornheim, kristallisierte sich heraus, dass das Ensemble sich nicht wirklich gut verstand. Bei der Premiere fiel das Stück dann durch. „Da habe ich zum ersten Mal echt ans Aufhören gedacht“, erinnert sich der Gladbecker.

Die Regie liegt ihm mehr als die Schauspielerei

Doch natürlich hat er weitergemacht. Denn 2012 war auch das Jahr, in dem Dornheim entdeckte, dass er viel lieber Regie führt als zu schauspielern. Außerdem lernte er mit Schauspieler Dominik Hertrich seinen neuen Theaterprojekt-Partner kennen. Bitterböses servierte er seinem Publikum bei den folgenden Aufführungen auch weiterhin, getreu seiner Ansicht: „Es gibt eine Komik im Schrecklichen.“

Jens Dornheim,  Dominik Hertrich und Danny-Tristan Bombosch bei einer Vorbesprechung zu „Judas“ in der Kirche St. Lamberti.
Jens Dornheim, Dominik Hertrich und Danny-Tristan Bombosch bei einer Vorbesprechung zu „Judas“ in der Kirche St. Lamberti. © Oliver Mengedoht

An die jüngeren „glassbooth“-Stücke muss man eigentlich gar nicht erinnern: „Luther“ von John Osborne wurde 2015 nicht nur bei der Premiere im Luther Forum vom Publikum bejubelt. Mit „Pontius Pilatus“ kehrte die Truppe 2017 ans Luther-Forum zurück. Und mit „Judas“ füllte der Regisseur Ostern 2018 die St. Lamberti-Kirche.

Zum Jubiläum von „glassbooth“ gibt es nun zum Ende des Jahres noch das klassische Drama „Der Weibsteufel“. Und so viel sei schon mal gesagt: Ans Aufhören denkt Jens Dornheim noch lange nicht. Der ewige Rhythmus des freien Theaters – Stück aussuchen, Fördergelder beantragen, Ensemble zusammenstellen, proben, ab auf die Bühne! – lässt ihn nicht mehr los: „Ich brenne noch immer und immer mehr für die Sache!“

„Container Love“ war das wohl schrägste Stück

Vieler böser als die TV-Version „Big Brother“. „Container Love“
Vieler böser als die TV-Version „Big Brother“. „Container Love“ © Gerhard Schypulla

Das Schrägste, was „glassbooth“ jemals aufgeführt hat, war ohne Zweifel „Container Love“ (2014) – „Big Brother“ auf der Bühne sozusagen. „Wir haben da echte Tabubrüche begangen, nicht so etwas Belangloses wie in der TV-Version“, sagt Dornheim. Dementsprechend gespalten hat das Publikum reagiert. Und den schönsten Verriss, so steht es sogar im druckfrischen „glassbooth“-Jubiläumsbuch „Dunkelheit und Licht“ zu lesen, gab es von Steffen Bender in der WAZ: „Der Fremdschämfaktor ist hoch und die Provokation schießt über das Erträgliche hinaus.“

Kurz darauf erhielt „Container Love“ einen Theaterpreis. Und weil’s so schön war, denkt Jens Dornheim ernsthaft darüber nach, sich 2019 an „Container Love 2“ zu wagen. Sollte es dazu kommen, steht jetzt schon fest: Die Kritik für die WAZ Gladbeck, die schreibt Steffen Bender. Als freier Journalist arbeitet er zwar schon länger nicht mehr. Aber dafür, hat er schon versprochen, haut er gern noch mal in die Tasten.