Gelsenkirchen. . An Rhein-Herne-Kanal und Emscher liegt das Revier für die Internationale Gartenausstellung IGA 2027. Kernbereich wird der „Nordsternpark +“.

53 Kommunen, vier Kreise, weit über 100 Projekte, eine Idee: Die IGA Metropole Ruhr, die Internationale Gartenschau, soll 2027 ins Ruhrgebiet kommen. Gelsenkirchen will – neben Duisburg und Dortmund – einer der Exzellenz-Standorte der IGA werden. Was bedeutet: Hier werden Besucher mehr zu sehen bekommen als rundum. Und sie werden dafür Eintritt zahlen müssen – auch für das, was eine klassische Gartenschau ausmacht: blühende Landschaften, besondere Gärten, künstlerische Ambitionen, Beiprogramm.

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Der RVR, der Regionalverband Ruhr, und die Emschergenossenschaft hatten die IGA-Bewerbung angeschoben. 2016 kam der Zuschlag von der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft. Die zeitlichen Dimensionen greifen weit über eine Dekade – und sind dennoch eng. Findet zumindest Christoph Prinz. Die Abteilung Planung und Neubau bei Gelsendienste läuft unter seiner Regie. Doch nun zählt der 51 Jahre alte Landschaftsarchitekt auch zu den Vordenkern, der die IGA-Planung in die Stadt trägt. Zwei Schwerpunkte sind gesetzt: 1. Die „Blaue Mitte“ Gelsenkirchen mit Projekten, die wie eine Perlenschnur Emscher- und Kanallauf säumen. Was die Stadt bislang in Nord und Süd trennt und sie zur bipolaren Kommune macht, soll stärker als einheitlicher Raum wahrnehmbar werden, neue Verbindungswege inklusive. 2. Kernthema: Der Zukunftsgarten „Nordsternpark +“. Das + steht hier für ein deutliches „Mehr“ gegenüber dem Ist-Zustand aus BuGa-Zeiten, die der Stadt einen anziehenden Park auf alter Industriefläche bescherten.

Hausaufgaben erledigt

In der Stadt hat man die bisher anstehenden Hausaufgaben erledigt – und wartet. Auf die Finanzierungsmodalitäten, auf das Land, auf die planerischen Entscheidungen. „Wir müssen Bebauungspläne ändern, wir müssen Wettbewerbe und Gutachten in Auftrag geben. Insgesamt sind wir schon sehr spät dran.Aber ohne Finanzzusagen könen wir nichts machen. Der Leerlauf spielt uns nicht gerade in die Karten“, so Prinz.

Christoph Prinz, Leiter der Abteilung Planung/Neubau bei Gelsendienste, ist lokal mit der IGA-Planung beschäftigt.
Christoph Prinz, Leiter der Abteilung Planung/Neubau bei Gelsendienste, ist lokal mit der IGA-Planung beschäftigt. © Olaf Ziegler

170 Millionen Euro sollen zur Verfügung stehen. „Wenn es gut kommt“, sagt Prinz. Das Problem: Der Etat soll aus den vorhandenen Fördermitteln fließen. „Das ist der Streitpunkt zwischen den Kommunen und dem Land“, sagt Stadtsprecher Martin Schulmann und rechnet vor: „Allein eine normale Bundesgartenschau kostet schon 80 bis 100 Millionen Euro. Die IGA ist ein Dekadenprojekt, mit dem wir noch einmal große Räder drehen wollen. Das können die Kommunen nicht alleine durch Mittel-Umverteilung stemmen. Aber ein Zurück kann es nach den Landeszusagen auch nicht mehr geben.“

Postkarbone Landschaft neu gestalten

Auch Oberbürgermeister Frank Baranowski hatte bislang appelliert, nicht „mit einem Spargedanken in solch ein Projekt einzusteigen“, das aus Sicht der Planer für die Metropole Ruhr Strahlkraft wie das Kulturhauptstadtjahr und die Emscherkunst entwickeln könnte und im Revier an glanzvolle Zeiten der IBA, der Internationalen Bauausstellung Emscherpark anknüpft.

Die IGA-Planung greift auf vieles zurück, was vorhanden ist – um es zu erweitern, neu zu verbinden, inhaltlich neu aufzuladen und regional zu vernetzten. Ökologie oder neue Wege der Mobilität sind Prinz wichtig. Auch auf dem Wasser. „Die Blaue Achse von Kanal und Emscher muss weiter gedacht werden“, sagt Prinz. Wir prägen einen Bereich, der in Teilen schon entwickelt wurde, aber dazwischen sind noch viel ungenutzte Flächen.“

Nicht nur den Nordsternpark aufpimpen

Kernstück ist der Nordsternpark. „Jede Stadt braucht ein Vorzeigeprojekt. Es reicht aber nicht, wenn wir den Park aufpimpen“, findet Prinz. „Es bietet sich an, gewisse Inhalte neu zu besetzen“ und diese „postkarbone Landschaft zu entwickeln. Wenn wir dann noch schaffen, das ein oder andere Gewerbegebiet grün zu durchdringen, wäre das ein Highlight.“

Die Kostenfrage ist noch weitgehend offen

Für die IGA wird es gehörigen Abstimmungsbedarf geben. Allein schon bei der Besetzung einer zu gründenden Durchführungsgesellschaft, die weitgehend paritätisch gebildet werden sollte. „Kirchturmdenken“, steht für Christoph Prinz fest, „muss man an dieser Stelle ablegen. Das haut sonst nicht hin.“

Weitere offene Fragen: Vage bleibt bisher, wie der Umbau des Emscherlaufs nach der Inbetriebnahme des Abwasserkanals Emscher aussehen könnte, wo der kanalisierte Fluss aufgeweitet wird, wo und wie neuer Raum für Natur entstehen soll.

Ungeklärt ist die Übernahme der Folgekosten. Bis Ende 2018 muss es dazu in den Stadträten einen politischen Beschluss zur Übernahme geben. „Wie hoch die dann später auch sein mögen“, so Prinz.

Bleibt die Frage aller Fragen: die nach den Gesamtkosten. Halbwegs seriös ist die derzeit nicht zu beantworten. Für Gelsenkirchen gibt es dennoch eine erste Übersicht – errechnet wurden 32,4 Millionen Euro, davon 19,2 Millionen Euro Investition für den Nordsternpark (Leitsystem, Schaugarten, Inszenierung der Bandbrücke und der Kohlenmischanlage) und rund 9 Millionen Euro für die Blaue Mitte/Hafen Hugo. Der mögliche kommunale Eigenanteil wird mit 9,9 Millionen Euro beziffert.

Die größten Baustellen im Überblick

© Helge Hoffmann

Der Nordsternpark ist Ergebnis der BuGa, der Bundesgartenschau 1997. Die gut 100 Hektar große ehemalige Industriefläche wandelte sich zum Landschaftspark und – während der Ausstellungszeit – in ein riesiges Feld für eine damals zeitgemäße Blumen- und Leistungsschau.

Nordsternpark +

Auch 2027 wird der Park, dann als „Nordsternpark +, zentrales IGA-Gelände. Die Kernideen:
1. Freilandblumenschau, Nationengärten, Vertikalbegrünung und Lichtinstallation für die Bandbrücke und den Kohlebunker.
2. Ergänzung der Südfläche unter ökologischen Aspekten, zu einem Aussichtsturm würden eine Lodge und weitere Holzstege passen.
3. Anbindung und bessere Öffnung der Schurenbachhalde, ebenso bessere Verknüpfung mit der geplanten Marina Essen sowie den Radwegen Lippe/Ruhr

Linnenbrinks Feld

Der Grünbereich im Dreieck von Raffinerie und Rhein-Herne-Kanal könnte Raum für einen ökologischen Schwerpunkt bieten – mitsamt der naturnahen Umgestaltung des Lanferbachs und der Aufweitung der Emscheraue an dieser Stelle.

Emscherinsel

Der „singende Berg“ ist monumentales Relikt der Emscherkunst.
Der „singende Berg“ ist monumentales Relikt der Emscherkunst. © Olaf Ziegler

Aus Kulturhauptstadtzeiten steht monumentale Emscherkunst am Rhein-Herne-Kanal nah der Schleuse: Der „singende Berg“ (Monument for a Forgotten Future) könnte eine künstlerische Erweiterung erfahren. An dieser Stelle wäre auch ein Emscherbalkon als Aussichtsplattform, die Aufwertung einer Dauerkleingartenanlage und ein Haltepunkt für ein Wassertaxi denkbar.

Hafen Hugo

Hier hatte die Emschergenossenschaft bereits ein riesiges Pumpwerk in den Untergrund gepflanzt und dazu (aufs Technikgebäude) eine Aussichtsplattform als Landmarke gesetzt. Es könnte der Anfang sein für weitere Freizeit- und Erholungsanlagen – mit einem Ballsportfeld, Skateanlage oder Parkoursfläche, Strandbar oder auch einem Kanal-Schwimmbad innerhalb der Hafenfläche. Auch dort könnte ein Wassertaxi halten.

Am Kugelgasbehälter

Der Kugelgasbehälter am Rhein-Herne-Kanal, ein Kunstwerk von Rolf Glasmeier.
Der Kugelgasbehälter am Rhein-Herne-Kanal, ein Kunstwerk von Rolf Glasmeier. © Hans Blossey

Naturnahe Erholungsflächen und eine Erweiterung des Emscherlaufs wären hier denkbar, auf der südlich des Kanals gelegen, ehemaligen Kohlereservefläche können sich die Planer eine „strukturreiche“ Haldenlandschaft mit Waldflächen, offene Landbereiche und Wasserflächen vorstellen – und ebenfalls weitere Emscherkunst.

Graf Bismarck und Zoom

Wohnen und Arbeiten am Wasser ist in Graf Bismarck bereits Realität. Hier könne ein Stadtquartier zwischen Wasser, Wald und Parks als Gartenstadt noch ein Stück weiter interpretiert werden. Auch die Zoom Erlebniswelt ist längst Bestandteil der heutigen Emscher-Achse. Sie soll auch in die IGA eingebunden werden.

Bahnbetriebswerk Bismarck

Das Bahnbetriebswerk ist ein spekatkulärer Ort - nicht nur für Lokfans.
Das Bahnbetriebswerk ist ein spekatkulärer Ort - nicht nur für Lokfans. © Olaf Fuhrmann

Als herausragendes Baudenkmal könnte das Betriebswerk in Bismarck, aktuell vor allem Tummelplatz ehrenamtlicher Akteure und der Bahnfreunde, zum Besucherbahnwerk ausgebaut werden, mit touristischem Angebot und Platz für Veranstaltungen.

Hafen Grimberg

Den herben Charme von Schrotthafen, Lagerfläche und teils abgewirtschafteter Industriezone strahlt der Hafen Grimberg aus. Die „Pirat“ als Fahrgastschiff hat hier ihren Anleger. Ein Wasserbalkon und auch die Verknüpfung mit den regionalen Radwegen Lippe/Ruhr stehen dort auf der Agenda – plus Haltepunkt für ein Wassertaxi.