Essen. . Das Land will kein zusätzliches Geld für die IGA ausgeben, der Regionalverband verlangt mehr. Die Zeit drängt, ein Spitzentreffen ist in Sicht.
Im zähen Ringen um die Finanzierung der für 2027 geplanten Internationalen Gartenschau (IGA) im Ruhrgebiet zeichnet sich eine baldige Entscheidung ab. Am 3. Juli soll es zu einem Spitzentreffen zwischen NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach, Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (beide CDU) und der Geschäftsführung der Bundesgartenschau-Gesellschaft (DBG) kommen. Ein Kabinettsbeschluss wird noch vor der Sommerpause erwartet.
Die DBG lockerte am Donnerstag zugleich den Termindruck auf Land und Region. Ursprünglich galt der 30. Juni als letztes Datum zur Beurkundung der IGA-Verträge. Dieser Termin sei gekippt, sagte eine DBG-Sprecherin gestern auf Anfrage. Man hoffe aber auf „eine Entscheidung möglichst noch im Sommer“.
Ministerin bekennt sich zum Großprojekt
Auch Ina Scharrenbach bekannte sich gestern zu dem Großprojekt. „Es
wird eine IGA im Ruhrgebiet geben“, versicherte die Ministerin im Kommunalausschuss des Landtages. Offen bleibt indes nach wie vor, wie die auf 150 bis 200 Millionen Euro taxierten Kosten verteilt werden. Scharrenbach bekräftigte ihre Bedenken. Noch immer gebe es keine belastbare Abschätzung der Folgekosten. Die Kommunen müssten ein klares Bekenntnis zu ihren Eigenanteilen abgeben.
Für eine IGA im Ruhrgebiet könne es keine zusätzlichen Landesmittel geben, die Finanzierung müsse aus den bereits vorhandenen 80 Millionen Euro schweren Förderprogrammen fließen, betonte Scharrenbach. Der Regionalverband Ruhr (RVR) als zuständige Planungsbehörde beharrt dagegen darauf, dass zusätzliche Mittel notwendig seien.
Dortmund koppelt sich notfalls ab
In der Landesregierung wird indes hinter vorgehaltener Hand gefragt, ob der RVR überhaupt geeignet sei, die IGA zu organisieren. In Düsseldorf kursieren Vorschläge, den Verband bei der IGA-Organisation komplett außen vor zu lassen. Die Städte könnten eine eigene IGA-Gesellschaft gründen, heißt es. Die Kulturhauptstadt 2010 wurde zum Beispiel von einer GmbH gestemmt, in der der RVR nur mit am Tisch saß, aber nicht die Federführung hatte.
Die Stadt Dortmund kündigte unterdessen an, ihre IGA-Planung „so oder so“ umzusetzen. „Wir wollen die IGA“, sagte Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD). Den fünf Kilometer langen Zukunftsgarten „Emscher nordwärts“ werde Dortmund aber auch verwirklichen, wenn die IGA nicht komme.
Stadt will Erfolg des Phoenixsees ausbauen
Mit der raschen Umwandlung alter Industriebrachen zu Prestige-Projekten des Strukturwandels kennt man sich in Dortmund aus. Gerade einmal neun Jahre dauerte es vom ersten Planbeschluss bis zur gefeierten Flutung des Phoenixsees auf einem früheren Stahlwerksgelände im Stadtteil Hörde. 700 Wohneinheiten und 1000 neue Arbeitsplätze entstanden bisher am Ufer des künstlichen Gewässers — ein völlig neues Stadtquartier.
Jetzt will die Stadt den Erfolg des Phoenixsees auch weiter westlich ausrollen. Das derzeit von stiller Industrieromantik und mancherlei Gehölz umflorte Gelände des vor zwei Jahren untergegangenen Stahlherstellers Hoesch Spundwand (HSP) soll zum „Zukunftsgarten“ der für 2027 geplanten Internationalen Gartenausstellung (IGA) Ruhr werden.
Historische Straßenbahnlinie ist in Planung
Dafür soll das 45 Hektar große Areal in bis dato nicht gerade bester Stadtlage mittels eines Grünzuges entlang der Emscher mit dem weiter nördlich gelegenen Industriedenkmal Kokerei Hansa und der Halde Deusenberg zu einem zusammenhängenden Bereich verbunden werden. Wohnen und Arbeiten am Wasser ist auf der teilweise vom Essener Immobilienentwickler Thelen erworbenen Fläche ebenso geplant wie eine Emscher-Promenade und ein Hotel hinter denkmalgeschützter Hoesch-Fassade. Auch eine historische Straßenbahnlinie könnte das weitläufige und bis zu fünf Kilometer lange Gelände erschließen.
Bislang setzte die Stadt darauf, dass das „Emscher nordwärts“ getaufte Projekt einer von drei zentralen IGA-Standorten wird. Zwei weitere „Zukunftsgärten“ sind für Gelsenkirchen und Duisburg vorgesehen. Doch weil die Pläne zur großen Gartenschau derzeit nicht recht wachsen und gedeihen wollen, prescht Dortmund jetzt mit einem nachgebesserten Konzept vor. Natürlich wolle man, „dass die IGA stattfindet“, sagte Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) jetzt beim Rundgang über das alte HSP-Gelände.
50 Millionen Euro soll „Emscher nordwärts“ die öffentliche Hand insgesamt kosten – einschließlich eingebuchter 17 Millionen IGA-Fördermittel. Notfalls aber werde Dortmund „Emscher nordwärts“ auch alleine – sprich ohne IGA-Geld – stemmen, in leicht abgespeckter Form. 33 Millionen Euro will sich Sierau von der Dortmunder Politik dafür bewilligen lassen. Die Planungen seien weit vorangeschritten. 2019 sollen die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie vorliegen. Bis 2027 könne ein Großteil der Projekte realisiert sein. „Das wir das können, zeigt der Phoenixsee“, so Sierau.
Remmel kritisiert Laschet
Für die Landesregierung steht indes immer noch nicht fest, ob die Pläne für die IGA 2027 auf einem wirtschaftlich soliden Fundament stehen. Das NRW-Kommunalministerium wartet weiter auf eine Erklärung des Regionalverbandes Ruhr (RVR), aus der klar hervorgeht, dass die Revierkommunen die Folgekosten einer IGA aus ihren eigenen Haushalten stemmen können. An der Belastbarkeit dieser finanziell angeschlagenen Städte wird gezweifelt, einige von ihnen sind auf die Unterstützung des Stärkungspakts Stadtfinanzen angewiesen.
Ex-NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne), heute Mitglied im Kommunalausschuss des Landtages, kritisiert dagegen das Land. Bei der IGA sei immer „noch kein Fleisch am Knochen“, sagte Remmel dieser Zeitung. Und das, obwohl Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) die Gartenschau gerade erst im Politischen Forum Ruhr als wichtiges regionales Projekt gepriesen habe. Remmel: „Schwarz-Gelb lässt die Revierstädte am langen Arm verhungern. Das ist ein Schwarzer-Peter-Spiel auf Kosten der Kommunen und der ganzen Region.“