Gelsenkirchen. Wegen des Notbetriebs in den Schwimmbädern kann es in diesem Sommer am Rhein-Herne-Kanal voll werden. Die DLRG Gelsenkirchen warnt vor Gefahren.

Bereits vor einigen Wochen hat die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) NRW infolge der Corona-Pandemie vor einem Anstieg der Badeunfälle gewarnt. Auch die DLRG in Gelsenkirchen stimmt in diese Töne mit ein - das hat vor allem einen Grund.

„Die Hallenbäder in der Stadt sind für die Öffentlichkeit seit Monaten geschlossen. Die Freibäder haben nur eingeschränkt und unter Auflagen geöffnet. Es ist wahrscheinlich, dass dieses Jahr mehr Menschen auf die kostenlosen und frei zugänglichen Badestellen ausweichen“, betont Andreas Ortmann, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit bei der DLRG. Speziell bei heißem Sommerwetter - das in diesem Jahr noch auf sich warten lässt - werde es am Rhein-Herne-Kanal erfahrungsgemäß recht voll.

DLRG Gelsenkirchen musste in dieser Saison noch nicht ausrücken

Von der Einsatzzentrale im Stadthafen neben dem Unternehmen Müller’s Mühle bricht der rein ehrenamtliche Wasserrettungsdienst der DLRG mit den beiden Motor-Rettungsbooten Gelsenberg und Grimberg zu Notfällen auf dem Rhein-Herne-Kanal auf. In der bisherigen Saison seien sie aber - glücklicherweise - noch nicht im Einsatz gewesen, berichtet Ortmann. In den Sommermonaten sind die Helfer am Wochenende zwischen 10 und 18 Uhr auf dem über acht Kilometer langen Kanalabschnitt auf Gelsenkirchener Stadtgebiet in Bereitschaft - wegen Corona aber mit weniger Personal auf dem Wasser.

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„Ein Rettungsboot wird mit je einem Bootsführer und mindestens ein bis zwei Rettungsschwimmern besetzt. Die Zahl der regelmäßigen Teilnehmer am Wasserrettungsdienst beläuft sich auf ungefähr 20 Personen“, erläutert Ortmann. Um das Ansteckungsrisiko gering zu halten, habe man die Personalstärke reduzieren müssen. Die Einsatzfähigkeit sei dennoch gewährleistet. Trotzdem appelliert er an die Menschen, keine unnötigen Gefahren einzugehen. Das gilt nicht nur für das Schwimmen im Kanal.

Es gibt keine überwachten Freiwasser-Badestellen in Gelsenkirchen

„Uns sind auch Fälle bekannt, wo Leute im Berger See oder im Regenrückhaltebecken in Hassel gebadet haben“, sagt Ortmann. Das sei - anders als im Kanal - verboten und werde auch unterbunden: „Im Stadtgebiet gibt es keine offiziell zugelassenen oder gar bewachten Freiwasser-Badestellen. Im Rhein-Herne-Kanal wird Baden und Schwimmen lediglich geduldet.“ Mit Ausnahmen. Diese gelten für die Bereiche in der Nähe von Schleusen, Brücken und Hafenanlagen: „Hier ist Schwimmen ausdrücklich verboten ist.“

Die Anfänge der DLRG

Seit dem 15. Mai 1999 betreibt die DLRG am Stadthafen eine eigene Rettungswachstation, um die hauptamtlichen Kräfte der Berufsfeuerwehr bei Unfällen am und im Wasser zu unterstützen.

Der DLRG-Bezirk Gelsenkirchen, der sich in die Ortsgruppen Mitte, Buer und Horst aufteilt, hat 2000 Mitglieder und wurde am 7. Dezember 1952 in der Gaststätte Greß an der Rotthauser Straße gegründet.

Ortmann erzählt, langjährigen Statistiken der DLRG zeigen, dass mehr als 80 Prozent aller Todesfälle in Deutschland durch Ertrinken an unbewachten Binnengewässern, also Kanälen, Seen, Teichen und Flüssen, passieren. Besonders Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene seien dabei überproportional stark vertreten. Schwimmer im Rhein-Herne-Kanal müssten einige Dinge beachten.

Schiffe auf dem Rhein-Herne-Kanal erzeugen einen starken Sog

„Es gibt“, macht Ortmann deutlich, „eine Reihe von Gefahren. Frachtschiffe zum Beispiel haben eine große Wasserverdrängung und erzeugen dadurch einen starken Sog und Wellengang.“ Dazu kommt: „Ein Schwimmer, der in der Regel nur mit dem Kopf aus dem Wasser ragt, ist vom Führerstand eines Binnenschiffs aus nur schwer zu erkennen, zumal durch die Bauart der Schiffe ein großer Bereich vor dem Bug gar nicht einsehbar ist.“

Dieser tote Bereich könne bis zum Dreifachen der Schiffslänge und somit mehrere hundert Meter betragen. „Wer in diesen Bereich hineinschwimmt, begibt sich in akute Lebensgefahr“, findet Ortmann eindringliche Worte. Deshalb solle man beim Herannahen eines Schiffs sich sofort ans Ufer begeben und dort sicheren Halt suchen.

Es kann dauern bis Hilfe kommt

Zudem seien die Ufer des Kanals teilweise unzugänglich: „Man kann das Wasser nur an bestimmten Stellen betreten und verlassen. Wer in einem Bereich mit Spundwänden ins Wasser geht, muss eine Stelle finden und schwimmend erreichen, wo er es auch wieder verlassen kann.“ Die DLRG steht zwar für Notfälle parat - es gibt jedoch ein großes Aber.

„Falls überhaupt jemand eine Notsituation bemerkt, sind die Wege und Zeiten bis Hilfe eintrifft, viel länger als beispielsweise im Schwimmbad“, unterstreicht Ortmann. Da alleine schon das Schleusen sehr zeitraubend ist. Er kommt daher zu dem Schluss: „Für Nichtschwimmer oder unsichere Schwimmer ist der Kanal generell tabu.“