Gelsenkirchen. . Die Orchestermusiker der Neuen Philharmonie Westfalen haben im Frühjahr höhere Gehaltstarife durchgesetzt. Die drei Trägerkommunen der NPW müssen allein 2014 rund 1,5 Millionen Euro zusätzlich bereit stellen. Doch Gelsenkirchen, Recklinghausen und der Kreis Unna haben das Geld einfach nicht.
Auch wenn der Kulturausschuss die Anfragen der Grünen zu den Mehrausgaben in Zusammenhang mit den Tarifverhandlungen der Neuen Philharmonie Westfalen am Mittwoch für „nicht dringlich“ erklärte und abschmetterte (die NPW gehört allerdings auch nicht unmittelbar zum Geschäftsbereich dieses Ausschusses), so ist die Zukunft des Landesorchesters doch ein Thema, was Stadt und Öffentlichkeit unter den Nägeln brennt.
In der kommenden Woche soll es diverse informelle Gespräche in Vorbereitung auf den lange geplanten „Runden Tisch“ zur Klärung geben. Zu einem dieser Vorgespräche hat NRW-Kulturstaatssekretär Bernd Neudorf nach WAZ-Informationen Vertreter der NPW-Träger, des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe und der Bezirksregierung eingeladen. Dabei soll ein konkreter Termin für den Runden Tisch festgelegt werden. An diesem soll nach Lösungswegen gesucht werden, wie die im Frühjahr dieses Jahres durchgesetzte Tariferhöhung des Orchesters finanziell zu stemmen ist, ohne die Zukunft des Orchesters zu gefährden.
Vier Jahre lang keine Gehaltserhöhung
Zum Hintergrund: Die Orchestermusiker der NPW hatten aufgrund einer lange andauernden Tarifauseinandersetzung vier Jahre lang keine Gehaltserhöhung erhalten und hatten im Mai dieses Jahres durchgesetzt, dass ihre Gehälter an die Tarife im Öffentlichen Dienst angepasst werden. Die Umsetzung dieser Gehaltsforderungen und entsprechender Nachzahlungen bedeutet für die Arbeitgeber jedoch allein für 2014 einen finanziellen Mehraufwand von rund 1,5 Millionen Euro.
Weil es jedoch keinen Topf für Rücklagen in dieser Höhe gibt, sehen sich die Trägerkommunen nicht in der Lage, den vollen Betrag aufzubringen, um den Haushalt der Neuen Philharmonie abzusichern. Und auch das Land NRW kann aufgrund der seit Juli verhängten Haushaltssperre nicht mit einer Extrazahlung einspringen. Die Stadt Gelsenkirchen könnte laut Kulturdezernent Manfred Beck im laufenden Jahr 500 000 Euro für die geforderten Nachzahlungen bereitstellen.
Der Wille ist da, allein das Geld fehlt (noch)
Laut WAZ-Informationen haben sich auch die anderen beiden Trägerkommunen bereit erklärt, ihren Beitrag zu leisten. Das wären für Recklinghausen (bei 33 Prozent Trägeranteil) rund 330 000 Euro und für den Landkreis Unna (16,6 Prozent) rund 165 000 Euro. Die benötigte Summe zur Tariferhöhung für alle 123,5 Musikerstellen der NPW wäre damit allerdings noch nicht erreicht. Und, so Michael Makiolla, Landrat des Kreises Unna und Vorsitzender des NPW-Trägervereins: „Dass wir bereit sind, die Summe zur Verfügung zustellen, bedeutet noch nicht, dass wir auch einen politischen Beschluss für die Bereitstellung erreichen.“
Man kann beide Seiten ja verstehen: Die Musiker der Neuen Philharmonie Westfalen, die nicht weniger verdienen wollen als ihre Kollegen in anderen Städten, nur weil sie zufällig nicht in einer finanzstarken Region arbeiten. Es gibt aber eben auch die andere Seite, die Trägerkommunen, die für die hervorragende musikalische Arbeit gerne mehr bezahlen würden, dies aber finanziell nicht stemmen können.
Der oft zitierte Runde Tisch muss jetzt schnell umgesetzt werden. Denn sollte die NPW durch die Lohnnachzahlungen finanziell so sehr ins Straucheln geraten, dass sie nicht mehr zu retten ist, dann müsste sie Konkurs anmelden. Gelsenkirchen würden nur noch die 32 Musiker bleiben, die als Mitglieder des Philharmonischen Orchesters 1997 zur Neuen Philharmonie wechselten und ihre alten Vertragsbedingungen behielten. 32 Musiker sind allerdings viel zu wenig, um ein Opernhaus zu bespielen. Hier ist also nicht nur die NPW, sondern letztendlich auch das MiR in Gefahr. Gelsenkirchen hat mehr zu verlieren als die anderen Trägerstädte.