Gelsenkirchen. Die Neue Philharmonie Westfalen muss sich von Stephan Popp, Geschäftsführender Intendant des Landesorchesters, verabschieden. Insgesamt zwölf Jahre war Popp in Recklinghausen tätig. Nun will er sich selbstständig machen - als internationaler Berater im Bereich Theater und Orchester.
Zwölf Jahre lang gab Stephan Popp bei der Neuen Philharmonie Westfalen den Takt an. Allerdings nicht am Notenpult, sondern als Herr der Banknoten. Als Geschäftsführender Intendant des Landesorchesters mit Sitz in Recklinghausen hatte Popp die wirtschaftlichen, die personellen, aber auch einen Teil der künstlerischen Fäden fest in Händen. Am gestrigen Donnerstag absolvierte der Intendant seinen letzten Arbeitstag und ging entspannt von Bord.
Im Gespräch mit der WAZ blickt der 51-jährige Recklinghäuser zurück auf ein Dutzend spannender, aufregender Jahre an der Spitze des größten Landesorchesters in einer Zeit großer struktureller Umbrüche. Es war eine Ära, in denen Misstöne über die schwierige Finanzsituation nicht selten den Wohlklang der Konzerte noch übertönten.
An der Spitze eines Riesenorchesters
Kaum einer kennt das Innenleben dieses aus Gelsenkirchener und Recklinghäuser Orchester fusionierten Musikapparates besser als Stephan Popp. Der studierte Schlagzeuger, Paukist und Betriebswirt arbeitete ab 1987 drei Jahre lang als Chefdisponent beim damaligen Westfälischen Sinfonieorchester in Recklinghausen, wechselte dann zur Württembergischen Philharmonie in Reutlingen.
Als Intendant kam er 2002 zurück ins Ruhrgebiet an die Spitze eines Riesenorchesters mit 150 Musikern und Mitarbeitern: „Ich wollte neue Dinge entwickeln und das Orchester über die Grenzen der Trägerstädte Gelsenkirchen, Recklinghausen und dem Kreis Unna hinaus bekannt machen.“ Was ihm durch zahlreiche Gastspiele, oft mit weltberühmten Solisten, auch tatsächlich gelang.
Einspielergebnisse des Landesorchesters gesteigert
„Dabei hatte GMD Johannes Wildner schon ausgezeichnete Vorarbeit geleistet“, erinnert sich Popp. Mit seiner „Aida“ in der Arena zum Beispiel. „Danach haben wir zusammen schnell die ,Carmen’ folgen lassen. Wir waren ein gutes Gespann.“ Fortsetzung folgte mit GMD Förster, „der sehr am Klang gefeilt und geschliffen hat“. Man sei vernetzt in einer Region, die leicht zu erobern sei: „Man findet hier schnell und unkompliziert Mitstreiter, das schätze ich sehr.“
Der Manager steigerte die Einspielergebnisse des Landesorchesters enorm, sorgte kontinuierlich für mehr Stabilität und Anerkennung. Zudem gelang ihm die Integration von Musikerkollegen der damals in die Insolvenz gegangenen Philharmonia Hungarica.
"Ich gehe mit einem guten Gefühl für die Zukunft"
Der Intendant feilte mit an einer üppigen Ausweitung des Repertoires und der Einspielungen. Die Gelder aber waren zu Beginn ein Problem und sind es jetzt noch immer. Popp bedauert: „Das Orchester hat kein finanzielles Polster.“
„Zwölf Jahre sind eine lange Zeit für einen Intendanten“, sagt Stephan Popp und beschloss für sich selbst den Wechsel. „Ich gehe mit einem guten Gefühl für die Zukunft des Orchesters, aber auch mit der Hoffnung, dass die Philharmonie in dieser Größe erhalten bleibt. Und dass die Musiker angemessen bezahlt werden.“
Der scheidende Intendant wird sich im Herbst in der Landeshauptstadt selbstständig machen als internationaler Berater im Bereich Theater und Orchester. Er besitzt ein tragfähiges Netzwerk und lebt inzwischen mit seiner Familie in Düsseldorf. Zu den Höhepunkten mit der Neuen Philharmonie zählt Popp weniger die Auftritte mit Stars wie Anna Netrebko: „Oft hat mich einfach das Orchester mit seinen Konzerten überrascht, die Leistung Einzelner umgehauen, da bleibt vieles in Erinnerung.“ Bedauert hat er das Aus für einen Konzertsaal im Hans-Sachs-Haus, gequält hat ihn manche Finanzsorge: „Am Ende aber überwiegen die Höhen bei weitem die Täler.“