Gelsenkirchen. DGB-Regionsgeschäftsführer Josef Hülsdünker kritisiert die CDU Gelsenkirchen. Er verweist darauf, dass der Vorschlag, Stadtoberhaupt und Wirtschaftsförderung gemeinsam bei der Akquisition von Arbeitsplätzen und Unternehmen ins Boot zu holen, schon längst realisiert wurde.
Zum WAZ-Artikel „CDU will absolute Mehrheit der SPD brechen“ vom 22. Mai nimmt der DGB-Regionsgeschäftsführer Emscher Lippe, Josef Hülsdünker, Stellung.
Die Idee der CDU, Stadtoberhaupt und Wirtschaftsförderung als Jobmotor für die Akquisition von Arbeitsplätzen und Unternehmen zu nutzen, ist auch aus Sicht der Gewerkschaften der richtige Weg, um in Gelsenkirchen einen sozialverträglichen Strukturwandel voranzutreiben. Allerdings wird dieser Weg bereits seit vielen Jahren beschritten – und zwar in enger Zusammenarbeit der Stadt mit den Gewerkschaften, den Unternehmen, Wirtschaftskammern und Arbeitgeberverbänden sowie den umliegenden Kommunen. Neben Unternehmensansiedlungen wie beispielsweise Primark ging es aber immer auch um die Bestandssicherung, etwa der Verbundindustrie im Norden der Stadt (BP, EON, Rigips etc.) und beispielsweise den Erhalt von Metall- und Elektrobetrieben. Es ist der Stadtspitze trotz aller Schwierigkeiten gelungen, Gelsenkirchen als wichtigstes industrielles Zentrum des nördlichen Ruhrgebietes zu festigen. Der Erfolg der städtischen Wirtschaftspolitik lässt sich an der Wertschöpfung je Erwerbstätigen in der Stadt ablesen: Sie liegt in Gelsenkirchen deutlich über dem Landesdurchschnitt.
Spezialisten ziehen weitere Beschäftige nach Gelsenkirchen
Mit dem vor einiger Zeit von der Stadt, den Betriebsräten und den Industrieunternehmen in Hassel und Scholven aufgenommenen Gesprächsfaden zur Zukunftssicherung der Verbundwirtschaft gibt es auch für die CDU die Möglichkeit, sich industriepolitisch kundig zu machen und den mit der NRW-Landesregierung eingeschlagenen Weg der Standortentwicklung und Beschäftigungssicherung mitzugehen. Ziel ist der Erhalt und der Ausbau bestehender Wertschöpfungsketten mit guter, tarifierter Arbeit. CDU-Generalsekretär Tauber hat gerade auf dem DGB-Bundeskongress diese arbeits- und lohnpolitische Linie der Gewerkschaften ausdrücklich unterstützt und sich von Niedriglohnstrategien, wie sie bei Werner Wöll anklingen, deutlich abgesetzt.
Bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zählt in Gelsenkirchen bekanntlich jeder Arbeitsplatz. Deshalb ist die von der CDU vorgetragene Behauptung, Jobs für Spezialisten würden die Probleme am Arbeitsmarkt nicht lösen, zumindest aus gewerkschaftlicher Sicht unverständlich und falsch. Gerade hochqualifizierte Arbeitsplätze haben weitere Beschäftigung „im Gepäck“. So „folgen“ den Ingenieuren beispielsweise häufig Beschäftigte als Techniker, Hausmeister und Reinigungskraft. Gelsenkirchen braucht deshalb vor allem hochwertige Arbeitsplätze für gut ausgebildete Menschen, zum Beispiel in mittelständischen Betrieben, die Dienstleistungen im industrienahen Bereich oder in der Gesundheitswirtschaft nach sich ziehen. Das liegt im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Gute Jobs, gesunde Jobs, fair bezahlte Jobs. Nur damit kann ein nachhaltiger Beschäftigungsaufbau in der Stadt gelingen – und genau darauf zielt die städtische Wirtschaftspolitik mit voller Unterstützung der Gewerkschaften ab.
Emscher-Lippe-Agentur ist ein großer Erfolg
Der Ruf nach Ansiedlungen von Ikea und anderen Einzelhandelsriesen löst indes Erstaunen aus: Zumindest beim DGB ist bekannt, das gerade Ikea die Ruhrgebietsstädte danach abtastet, wer die meisten Vergünstigungen an diesen Multi ausschüttet. Zudem will Ikea Presseberichten zufolge in der Nachbarstadt Essen innerhalb der nächsten drei bis vier Jahre einen sehr großen neuen Markt errichten. Das an einem weiteren Standort in unmittelbarer Nähe überhaupt noch Interesse besteht, ist zu bezweifeln. Der DGB hält es für sinnvoller, anstelle des unwägbaren „Bewerbens“ von Ikea das von Stadt, Gewerkschaften und Wirtschaftskammern entwickelte Konzept „Strategische Fachkräftesicherung“ zu verwirklichen. Hier allerdings könnte die CDU mit dazu beitragen, dass noch mehr Unternehmen ihren zukünftigen Fachkräftebedarf mit Hilfe des NRW-Landesprogramms (50% Ko-Finanzierung der Vorhaben) sichern. Was die Unternehmenspolitik von Ikea betrifft, sollte sich keine Partei aus rein wahlkampftaktischen Gründen aus dem Fenster lehnen.
Ein großer wirtschaftspolitischer Erfolg der Stadt steht demgegenüber schon jetzt steht fest: Mit Hilfe des Landes NRW ist es Gelsenkirchen gelungen, alle Emscher-Lippe-Städte in eine neue Emscher-Lippe-Agentur einzubinden – mit Sitz in Gelsenkirchen. Mit Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski an der Spitze ist es der Region gelungen, die Landesregierung sowie die vielen regionalen Partner für ein finanzielles und inhaltliches Engagement in einer neuen regionalen Wirtschaftsförderung zu gewinnen. Statt dies alles aus der Ferne zu kritisieren, sollte sich die CDU für mehr Unterstützung aus Berlin für den sozialverträglichen Umbau der Stadt und der Region einsetzen. Schließlich gehen in Marl und Bottrop bis 2018 mehr als 10.000 Arbeitsplätze verloren, viele mit Gelsenkirchener Arbeitnehmern besetzt.
Demokratische Parteien sollen gewählt werden
Wir als Gewerkschaften spielen bei der Kommunalwahl am kommenden Sonntag keine aktive Rolle, außer dass wir dazu aufrufen, demokratische Parteien zu wählen. Allerdings sind wir überzeugt, dass es zur Fairness in der politischen Auseinandersetzung gehört, dass nicht alles in Bausch und Bogen schlecht geredet wird. Denn an den Projekten beteiligt sind nicht nur die politischen Parteien, sondern ganz viele andere Partner und gesellschaftliche Akteure, die bereits mit Hochdruck an der Bewältigung des sozialverträglichen Strukturwandels arbeiten.