Gelsenkirchen. Teilweise vernichtende Urteile fällt Dieter Grundmann, Porträtfotograf im Ruhestand, über die Bilder der Kandidaten für die anstehenden Wahlen. Die Lichtführung findet der Fachmann durch die Bank bei allen Parteien schlecht. Nur wenige Portäts sprächen den Betrachter an.

Nein, so richtig vom Hocker haut Dieter Grundmann keins der Plakate, die er auf der Bochumer Straße und der Bahnhofstraße sieht. 40 Jahre lang war der Erler selbstständiger Porträtfotograf, hatte ein Studio an der Cranger Straße. Die WAZ ließ den 72-Jährigen einen prüfenden Blick auf die Konterfeis am Wegesrand werfen. Nicht alle Parteien konnten dabei „angetroffen“ werden.

Besonders übel erwischt es Ingrid Wüllscheidt, die für die Grünen als OB-Kandidatin ins Rennen geht. „Als hätte der Enkel gesagt: ,Oma, ich knips dich mal im Park.’“ Viel zu hell sei dieser „Amateurschuss“ geraten, so das vernichtende Urteil des Profis. Wenigstens in der Nachbearbeitung am Computer hätte man die Helligkeit doch regulieren können. Die Partei habe hier wohl sparen wollen, glaubt Grundmann. Er kann dem Grünen-Plakat aber auch Positives abgewinnen: Eine „nette Ausstrahlung“ habe Ingrid Wüllscheidt. Hilft alles nichts – Schulnote 5.

Werner Wöll hat tote Augen

Als gar „laienhaft“ bezeichnet Grundmann die Fotografien von Werner Wöll (CDU). Bei ihm habe man die Lichtpunkte in den Augen wegretuschiert, deshalb wirke es jetzt so „als habe er tote Augen“. Der Gesichtsausdruck des OB-Kandidaten sei verbissen und wirke, als habe er gar keine Lust auf den Fototermin gehabt. „Herr Wöll ist total schlecht damit beraten. Er wirkt auf dem Plakat wie ein Rentner, der abtreten will.“ Grundmann gibt eine „gnädige“ 4.

Auch Osman Duran – der Vorsitzende des Integrationsrats tritt für WIN (Wähler Initiative NRW) als Ratskandidat an, schneidet schlecht beim Fachmann ab. Auch er wirke auf dem Plakat illusions- und motivationslos. „Der will im Grunde gar nicht, so sieht das aus. Er ist einfach schlecht angesprochen worden vom Fotografen“, mutmaßt Grundmann. Wegen mangelnder Ausstrahlung: eine 4, die schon „geschmeichelt“ ist.

Schlechte Lichtführung bei allen Plakaten

Was Werner Wöll fehlt, hat Iris Räther zu viel. Die OB-Kandidatin der UBP (Unabhängige-Bürger-Partei) ist mit zwei Lichtpunkten in jedem Auge abgelichtet. Dieter Grundmann: „Der Blick wirkt schizophren. Da hat ein Amateur zugeschlagen. Er hatte zwar Photoshop, wusste aber nicht damit umzugehen.“ Mit nur einem Lichtpunkt pro Auge würde der Blick von Iris Räther, die anscheinend ein „netter Typ“ sei, zielgerichtet wirken. So langt es nur für eine 4.

Mit der Lichtführung ist Dieter Grundmann bei jedem Plakat unzufrieden - „zu flach“. Das ziehe sich durch alle Parteien. Ob er sich vorstellen könne, dass das heutzutage einfach so gemacht werde in der Branche? Nein, das sei eine Spielregel, die für immer gelte, ist sich der Fachmann sicher. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das heute modern ist.“

Die Gewinner: SPD und WIN

Regelrecht ins Schwärmen gerät Grundmann über das Plakat von OB Frank Baranowski (SPD): „sehr persönliche Blickzuwendung, sehr ansprechend“, „von Charisma und Ausstrahlung her geht es nicht besser“. Aber auch hier bemängelt der Porträtfotograf a.D. die Lichtführung. Eine gleichmäßige Beleuchtung von links und rechts, das führe zu „flaumig-flatschigen“ Bildern, ohne markante Gesichtszüge. Es reicht bei Baranowski aber für eine 2 minus.

Kommunalwahlen 2014Ähnliches gelte für das WIN-Plakat von OB-Kandidat Mehmet Cirik: „Es zeigt einen Mann, der freundlich und offen in die Kamera guckt“ und zeuge deshalb von „persönlicher Authentizität“. Mit einer weniger flachen Beleuchtung hätte man noch mehr „charismatische Qualität“ erzielen können, deshalb gibt es für Cirik auch eine 2 minus.

Immerhin für eine 3 minus reicht es für Eva Rickel, die für die FDP für die Europawahl antritt: „Selbstbewusst, souverän, schöner Blick, Lichtpunkt gesetzt, Haare schön drapiert, gute Körperhaltung.“