Gelsenkirchen. Die Imagewerte der Industrie im Bereich der IHK Nord-Westfalen haben sich seit 2011 leicht verbessert, doch der Bekanntheitsgrad der Betriebe bleibt gering – das gilt vor allem für Gelsenkirchen. Die Stadt schnitt am schlechtesten ab. Allerdings gibt es bereits Bestrebungen, das Image zu verbessern.
Die Industrie, die unbekannte Größe: Die IHK Nord Westfalen hat TNS Emnid zum zweiten Mal nach 2011 mit einer Umfrage zum Image der regionalen Industrie betraut. Damals gab es eine schwache Drei als Schulnote, diesmal eine 2,7. Gelsenkirchen kommt aktuell gerade mal auf ein Befriedigend, die schlechteste Bewertung in Nord Westfalen.
Der insgesamt leichte Image-Aufschwung hat einen Haken, denn beim Bekanntheitsfaktor herrscht Nachholbedarf: Nur 6 % der Befragten in der Region nennen beispielsweise Thyssen-Krupp als regionalen Arbeitgeber, nur noch 2 % einen weiteren Branchenriesen wie die BP-Gruppe. Werte, die dennoch zu Spitzenplätzen unter den Top-15 in Nord-Westfalen reichen. Ein wenig anders sieht es lokal aus: In Gelsenkirchen benennen 26 % Thyssen-Krupp, 18 % E.on und 14 % die BP-Gruppe. „Wenn man nicht bekannt ist, kann man eigentlich auch kein Image haben“, stellt Dr. Klaus-Dieter Juszak von der Marler Infracor GmbH dazu Mittwoch fest. Nach einer Zufallsstichprobe wurden für die Umfrage 1500 Interviews ausgewertet — sie lieferten ein repräsentatives Ergebnis, findet Juszak.
1500 Interviews für die Umfrage ausgewertet
Zuvor hatte er die Umfrage-Auswertung einem illustren Publikum an ungewöhnlicher Stelle präsentiert: Gäste aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Schule waren Gast bei der Voigt & Schweitzer GmbH. In der Produktionshalle der international tätigen Großverzinkerei im Schalker Hafen trafen sie sich beim Industriekonvent, einem Arbeitskongress von fast 350 Unternehmen der Region, die zur nord-westfälischen Akzeptanzoffensive zusammengefunden haben.
Wo sonst Trailerchassis für Lkw feuerverzinkt werden, wurde die Produktion extra umgetaktet, um der Industrie-Initiative (Motto: „Gemeinsam.Zukunft.Leben.“) ein besonderes Forum zu bieten. Dass Voigt & Schweitzer gleichzeitig 125-jähriges Firmenjubiläum feiert, passte perfekt. „Als Traditionsunternehmen fühlen wir uns einer nachhaltigen Zukunft verpflichtet. Deshalb engagieren wir uns mit zahlreichen Unternehmen in der Akzeptanzoffensive“, so der geschäftsführende Gesellschafter Lars Baumgürtel. Ziel sei es, „die Industrie und ihre Arbeitswelt zeitgemäß, modern und realistisch einer breiten Gesellschaft zu zeigen“. Mit Aktionen rund um die Standorte der Industriebetriebe soll die Akzeptanz optimiert werden.
Auch in Gelsenkirchen tut das Not, denn auch wenn das Revier mit der Industrie groß geworden ist, stören sich die Menschen zunehmend an Industriebetrieben in ihrer Nachbarschaft. Lärm, Verkehr oder Gerüche werden überwiegend negativ wahrgenommen, oft mit Allgemeinplätzen, die dennoch Reaktionen erforderlich machten.
Zur Selbstdarstellung gehört auch ein besserer Netz-Auftritt
Voigt & Schweitzer hat beispielsweise eine Plakatkampagne mit dem Motiv „Freunde fürs Leben“ gestartet, Sport-Events, Schulkooperationen oder lokale Industrietage stehen bei anderen Firmen auf der Agenda. „Es ist eindrucksvoll, wie sich die Initiative ausbreitet und an Tiefe und Kraft gewinnt“, lobt Dr. Benedikt Hüffer, Präsident der IHK Nord Westfalen. Auch Vorbildfunktion hat die Offensive bereits. Im Raum Köln haben sich, ebenfalls koordiniert von der IHK, seit Herbst 2013 über 100 Firmen zusammen geschlossen.
Zur Selbstdarstellung gehört auch ein besserer Netz-Auftritt. Die Nachwuchsrekrutierung für Firmen ist ein Top-Thema, dabei helfen soll der Industrie-Atlas, der die Präsenz der Industrie im Netz steigert. Das Angebot auf Basis von Google Maps präsentiert erstmals über 300 produzierende und in der Initiative engagierte Unternehmen der Region auf einer Plattform.
Für Oberbürgermeister Frank Baranowski steht fest: „Eine Industrie, die die Anliegen von Beschäftigten, Kunden, von Anwohnern und Gemeinwesen wahrnimmt, muss sich keine Sorgen um Akzeptanz machen.“