Gelsenkirchen. Der US-amerikanische Weltstar Cheryl Studer gastiert vier Tage lang am Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen. Hier gibt die Sopranistin zwei Ensemble-Mitgliedern Tipps für den musikalischen Feinschliff. Das Besondere: Das Publikum darf beim Meisterkurs Mäuschen spielen.

Sie witzelt, sie frotzelt, sie lacht laut und lächelt leise. Und, ja, sie singt auch mal ein paar Töne: Cheryl Studer, prominenter US-amerikanischer Opernstar, einst zu Hause in den großen Opernhäusern der Welt, fühlt sich auch auf kleiner Bühne sichtlich wohl. Das Publikum hängt an den Lippen des sehr präsenten Weltstars. Noch wachsamer aber lauschen die zwei Meisterschüler, Sopranistin Dorin Rahardja und Bariton Piotr Prochera aus dem Ensemble des Musiktheaters, jedem launigen Wort der berühmten Gesangslehrerin.

Hartes Ringen um jeden Ton

Mäuschen spielen beim Unterricht in einer Sänger-Meisterschmiede: Das ist schon ein ungewöhnliches, ein spannendes Angebot, das viele Musikfreunde gerne wahrnahmen. Möglich machte den Meisterkurs am MiR das finanzielle Engagement der Sparkasse Gelsenkirchen. Alle kostenlosen Karten fürs Publikum waren im Nu vergeben.

Der Unterrichtssaal mit seiner nüchternen Probenbühne hinter den dem Publikum sonst verschlossenen Kulissen des Opernhauses – ein optisch wenig inspirierender Ort. Hier wird hart gearbeitet. Wie viel Spaß das Studium der Stimme tatsächlich machen kann, wie anstrengend es aber auch ist, das dokumentiert der Meisterkurs ganz wunderbar. Die Zuhörer sind nah dran, sie schwitzen mit.

Meisterkurs und Abschlusskonzert

Der letzte öffentliche Meisterkurs geht am heutigen Donnerstag ab 10 Uhr über die Bühne des Musiktheaters. Karten hierfür sind bereits vergeben.

Mit Glück gibt es aber noch Restkarten für das Abschlusskonzert am Samstag, 8. März, um 19.30 Uhr im Kleinen Haus. Es singen Dorin Rahardja und Piotr Prochera, es moderieren Cheryl Studer und Juliane Schunke. Info: 4097-200.

Die 58-jährige Primadonna links am Schreibpult, in der Mitte der Flügel, den Jannis Tsanakaliotis brillant und aufmerksam spielt, davor die Notenpulte für die beiden jungen Sänger. Der Bariton beginnt, singt einmal komplett das Lied von Gustav Mahler „Ich bin der Welt abhanden gekommen“. Der Bleistift der Diva fährt derweil übers Papier. Sie lobt viel, aber sie kritisiert auch viel. Immer nett, freundlich, konstruktiv: „Schön, sehr schön, und es ist fast unverschämt, dass ich das noch etwas anders möchte.“ Jede Phrase wird wiederholt, immer wieder, jeder spürt den harten Kampf, das intensive Ringen um den richtigen Ton.

„Der Sänger ist ein Mensch und keine Maschine“

Dorin Rahardja singt anspruchsvolle Lieder von Gabriel Fauré, und Frau Professor lobt und lockt und lehrt. „In der Höhe klingt der Atem zu hektisch.“ Ob der Einsatz der Zunge, des Kiefers, der Bauchmuskeln, der Oberschenkel, alles kommt unter die Lupe.

Die Bilanz von Cheryl Studer am Ende des ersten Meisterkurs-Tages: „Zwei sehr talentierte Sänger. Wenn sie nur 70 Prozent von dem umsetzen, was sie im Kurs lernen, ist das ein voller Erfolg.“ Denn 100 Prozent seien immer nur ein Ziel, das man aber nie erreiche. „Der Sänger ist ein Mensch und keine Maschine,“ sagt die sehr menschliche Diva.