Gelsenkirchen. In Gelsenkirchen gibt es nach einer Statistik des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr weniger Zugverspätungen als an anderen Ruhrgebiets-Bahnhöfen. Vor allem der Wettbewerb unter den Bahnunternehmen macht es möglich. In Zukunft soll der Nahverkehr grundsätzlich Vorfahrt haben.
Wenn der Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR) mit Sitz an der Augustastraße in Gelsenkirchen seine Jahresbilanz vorlegt, kann einem vor lauter Zahlen ganz schwindelig werden. Deshalb eine positive Nachricht vorweg: Die VRR-Züge, die den Gelsenkirchener Hauptbahnhof tagtäglich passieren, sind im Schnitt sehr viel pünktlicher als andere Nahverkehrszüge. Dabei profitieren die Fahrgäste hier vor allem davon, dass die in Gelsenkirchen eingesetzten Linien entweder als „Wettbewerbslinie“ der Deutschen Bahn verkehren oder von Privatbahnen bedient werden.
„Die Qualität auf den im Wettbewerb vergebenen Linien ist meist besser als bei den nicht im Wettbewerb vergebenen Linien“, heißt es etwa im „Qualitätsbericht Schienenpersonennahverkehr 2013“, den der VRR erstellt hat.
So musste man beim DB-Regionalexpress 2 mit einer durchschnittlichen Verspätung von 2,4 Minuten rechnen, der von der „eurobahn“ betriebene Regionalexpress 3 hingegen, der von Gelsenkirchen aus beispielsweise den Düsseldorfer Flughafen anfährt, kam im Schnitt nur 1,4 Minuten zu spät. Und die von „Abellio Rail“ betriebene Regionalbahn 46 nach Bochum hatte im Jahresdurchschnitt sogar nur eine halbe Minute Verspätung.
RRX erst 2018 auf der Schiene
VRR-Vorstandssprecher Martin Husmann möchte sich für eine Vorfahrtsregelung der Nahverkehrszüge stark machen. „Es erschließt sich mir nicht, dass die große Zahl der Fahrgäste in Nahverkehrszügen warten soll, weil ein verspäteter Fernzug Vorfahrt hat. Das muss man ernsthaft diskutieren, da das Kundenaufkommen im Nahverkehr ja deutlich höher ist“, so Husmann. Der VRR konnte die Zahl der Fahrten 2013 um 0,6 Prozent auf 1,146 Milliarden Fahrten steigern und verkaufte dabei Tickets für 1,121 Mrd. Euro. Ein Pfund, mit dem man wuchern kann: Spätestens mit der Einführung des Rhein Ruhr Express RRX, der Ende 2018 auf die Schiene gebracht werden soll, müsse die Vorfahrt überdacht werden. „Die Ausschreibung für die neuen Züge, die derzeit läuft, ist so angelegt, dass diese so gebaut werden sollen, dass sie innerhalb kürzester Zeit auf eine Geschwindigkeit von 160 km/h beschleunigen können. Dann sollten sie nicht mehr von Fernverkehrszügen ausgebremst werden dürfen.“
Vier Zugbauer (Siemens, Bombardier, Alstrom+Skoda und Stadler) haben sich bislang auf die Ausschreibungen für den RRX beworben, am 11. März endet die Bewerbungsfrist. „Bis Ostern soll es eine Entscheidung geben, auch darüber, welches Eisenbahnverkehrsunternehmen den RRX übernimmt“, so Husmann.
Der neue Mann an der Spitze des VRR, José Luis Castrillo, kommt aus der Telekommunikationsbranche und will die Vertriebswege des VRR stärker digitalisieren: „Künftig muss es möglich sein, wenn man auf dem Smartphone eine Verbindung aufruft, auch gleich das entsprechende elektronische Ticket zu buchen“, so Castrillo.
2015 soll es auch eine neue VRR-Tarifstruktur geben, so will es die Politik. Aber: „Ob diese Tarifstruktur wirklich Anfang 2015 kommt, können wir erst Mitte dieses Jahres sagen“, sagt Martin Husmann.