Gelsenkirchen. Nein, Zuwanderer aus Südosteuropa stehen hier nicht Schlange. Aber ja: Wer die Adresse kennt, kommt ins Lalok Libre, wenn er Probleme hat. Mit deutschen Antragsformularen, mit Behörden, mit der Schule... Längst finden hier auch Sprachkurse statt.

Das Lalok Libre ist bunt, international, multikulturell – und längst viel mehr, als ausschließlich ein Verein zur Förderung der Kinder- und Jugendarbeit in Schalke. Wie groß der Bedarf an Unterstützung ganzer Familien ist, erlebt das Team um Venetia Harontzas tagtäglich. Immer mehr Probleme insbesondere rumänischer und bulgarischer Neubürger kommen im Treff an der Dresdener Straße auf den Tisch.

„Die Leute werden hierher geschickt. Geht ins Lalok, da wird euch geholfen“, beschreibt Venetia Harontzas die Situation. Die im übrigen nicht neu, seit dem 1. Januar und dem Inkrafttreten der Arbeitnehmerfreizügigkeit für die beiden südosteuropäischen Länder aber besonders akut geworden ist.

Arbeitsvertrag ja, Konto nein

Gleichwohl ist der spürbar gewachsene Bedarf gerade rumänischer und bulgarischer Familien nach Hilfe da. An erster Stelle unterstützt das Lalok-Team die Ratsuchenden beim Ausfüllen von Anträgen. Manchmal begleiteten Venetia Harontzas und Denise Klein, die hier ehrenamtlich mit anpackt, die Leute „zum Amt“.

Und es sind zum Teil hanebüchene Einzelschicksale, die im multikulturellen Treff ein Gesicht bekommen. Der bulgarische Familienvater etwa, der es endlich geschafft hat, eine sozialversicherungspflichtige Arbeit zu bekommen. Dessen Arbeitsaufnahme allerdings droht daran zu scheitern, dass er kein Konto bekommt. Weil er als „unzuverlässig“ gilt. Keine Bewegung auf seinem alten Konto – wegen Arbeitslosigkeit.

Das nächste Ziel: Schulen besuchen

Oder die junge Bulgarin aus der Roma-Hochburg Plovdiv, deren dreijährige Tochter an einem schweren Herzfehler leidet. Das Kind hat eine EU-Krankenversicherung, die allerdings schon in Bulgarien erklärt hatte, sie werde die lebensnotwendige Operation nicht zahlen. Im Lalok weiß man: „Hier werden keine Behandlungen von Krankheiten bezahlt, die schon im Herkunftsland diagnostiziert wurden.“ Harontzas und Klein versuchen zu helfen.

Das gilt auch für den rumänischen Schrotthändler, dessen Kleintransporter mit GE-Kennzeichen und amtlichem A in Hattingen beschlagnahmt wurde. Weil der Mann gebrauchte Küchengeräte einer Bekannten von A nach B fahren wollte. Und nun droht ihm ein Bußgeld von 500 Euro...

Venetia Harontzas und Denise Klein haben viel vor: Schulen besuchen, Angebote für Frauen und Männer entwickeln, aufklären, informieren... „Wir fangen im Keller an, uns nach oben vorzuarbeiten.“

Sprache wird groß geschrieben

Sprache wird im Handlungskonzept als Grundlage der Integration groß geschrieben. Das gilt auch im Lalok Libre, wo die spürbar gewachsene Vernetzung der städtischen Akteure übrigens viel Lob findet. Deutsch als Fremdsprache für Frauen sowie Englisch ab Klasse 5 für Kinder und Jugendliche stehen an der Dresdener Straße 87 montags auf dem Stundenplan. Betreut von externen Lehrkräften, was auch für alle anderen Kurse gilt.

Dienstags heißt das Unterrichtsfach für den Nachwuchs „Deutsch als Fremdsprache“, mittwochs sind im selben Fach wieder Frauen an der Reihe. Internationales Frauencafé am Vormittag, Intensivkurs Deutsch für junge Leute am Nachmittag: So sieht der Donnerstagsplan aus. Freitags gibt’s dann Englischstunden für Kinder mit und ohne sprachliche Vorkenntnisse. Überwiegend Rumänen nehmen übrigens am ersten Sprachkurs für Männer teil.